Bildung baut auf

Bildung besteht aus lebendigen Erkenntnisbausteinen und ist kein monolithischer bürokratischer Block. Bildung ist Lebensmittel und besteht nicht aus leerem Lehrstoff, der eins zu eins wieder gegeben werden soll. Bildung ist kein Status, den man sich durch das Durchlaufen von staatlichen Bildungsinstitutionen erwerben kann. Bildung ist ein permanenter Prozess, wobei man selbstbestimmt jene Bildungsinhalte auswählt, die einen ansprechen und damit in erster Linie die Persönlichkeitsbildung fördert.

Neugier und Vertrauen auf die Echtheit der Quellen des Wissens, das mit Bildung assoziiert ist, bringen Selbstsicherheit, Motivation sowie vor allem die Akzeptanz in einem Bildungsklima, das zu nachhaltigen Erkenntnissen führt. Der bekannte und genauso sinnentleerte Spruch „nicht für Schule, für das Leben lernen wir“, verdeutlicht die Orientierungslosigkeit, wenn man versucht, Bildung einseitig mit der Schulbildung zu assoziieren.

Bildung passiert, oder wie es in Englisch heißt: „education happens“. Bildung ist ein integrierter Teil des Lebens und die Grundlage für das kulturelle Überleben in einem langfristigen evolutionären Prozess, der die Menschheit als Zivilisation in seiner kollektiven Natur auswies. Bildung ist ein intelligenter Vernetzungsprozess, wo Erkenntnisse durch das Bewusstwerden der Zusammenhänge von Phänomenen und Fakten zu neuen Inhalten ungekannter Bildungsräume führt. Die sozialen Netzwerke in Form der sozialen Medien zeigen vor, wie sich Bildung in profaner Form entwickelt und welche Bandbreite Bildung in der heutigen Lebenspraxis hat.

These, Antithese und Synthese sind die philosophischen Schritte, die im Rahmen eines klassischen Bildungsbegriffes zu Erkenntnissen führen. Im Zeitalter der durch die neuen Medien bestimmten Kommunikation sind Emotion (Motivation), Vision (Vorstellungskraft) und Idee (Information) die Parameter eines neuen Bildungsentwurfs, der mehr offen lässt als er eingrenzt und ausschließt.

Mit der neuen Kulturtechnik, repräsentiert und operationalisiert durch die innovativen Gerätschaften, die inzwischen bereits unter der Jugend Kult sind, eröffnen sich nach dem Prinzip der Fuzzylogik neue Bildungswertwelten. Eine bisher unbeachtete Form eines „Clash of Civilizations” in Sachen Bildungswelten ist inzwischen Wirklichkeit. Institutionelle Bildungen, wie sie durch unser Schulsystem repräsentiert werden, und die durch die Gebrauchskultur der neuen Medien geprägte Bildung durch Informationsprozesse existieren in Form von Parallelwelten nebeneinander.

Koexistenz oder Konkurrenz, das ist die Frage, die in Form von fundierter Grundlagenforschung zu wenig beachtet wird. Der Zug in eine neue Ära selbstorganisierter und selbstbestimmter Bildung ist im weltweit vernetzten Kommunikationszeitalter schon längst in eine neue Bildungszukunft unterwegs. Vielleicht springen auch noch diejenigen auf, die sich heute noch um des Kaisers Bart, sprich Bildungsreformen, streiten und denken im Sinne einer neuen Bildungswirklichkeit um. Bildung baut auf, so der Titel des vorliegenden Beitrags, das kann nur geschehen, wenn lernen mit Lust und nicht mit Frust verbunden ist.

Dr. Franz Witzeling: Psychologe und Soziologe

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