Waffen töten – so der Tenor der Medien, wenn wieder einmal ein blutiges Gewaltverbrechen unter Einsatz einer Feuerwaffe verübt wird. Her mit einer Verschärfung des Waffengesetzes! Dass bei derlei traurigen Anlässen mehrheitlich illegal beschaffte Waffen im Spiel sind (woran das schärfste Waffengesetz nichts ändern könnte), wird selten thematisiert. Die hohe Politik – bis hin zur UNO – nimmt dankbar die ihr von Fernsehen und Presse zugespielte Steilvorlage an. Denn ihr Kampf gegen die „Proliferation von Kleinwaffen“ leiste ja einen unverzichtbaren Beitrag zur Sicherheit. Die bestechende Logik: Keine Waffen, keine Opfer.
Dass sich mit dem beharrlichen Kampf gegen Waffen in den Händen von Privatpersonen die (All)Macht des Staates weiter ausdehnt, wird als Kollateralnutzen verbucht. Daher konzentriert sich alles Sinnen und Trachten der in so rührender Weise um unser aller Sicherheit besorgten Damen und Herren Journalisten und Politiker ausschließlich auf Pistolen und Flinten in den Händen naturgemäß brandgefährlicher Privatpersonen. Waffen von Staatsdienern irritieren dagegen keinen von ihnen. Denn diese dienen ja ausschließlich und unwidersprochen der Friedenssicherung oder -stiftung und werden niemals missbraucht. Opfer staatlicher Gewalt existieren in der Welt der Politschranzen – aller historischen Evidenz zum Trotz – nicht.
Die Lichtgestalt des modernen Amerika, Barack Obama, der niemals ohne den Schutz dutzender schwer bewaffneter Büttel vors gemeine Volk tritt, ist ebenso für eine Beschränkung des Zugangs Privater zu Feuerwaffen, wie die Nomenklatura der EUdSSR – in Sicherheitsfragen in Gestalt von Cecilia Malmström, der Innenkommissarin (was für ein wunderbarer Amtstitel für eine gestandene Liberale). Wenn heute vom Waffenrecht die Rede ist, dann nur in Verbindung mit der Forderung nach seiner Verschärfung. Für die freie Entscheidung freier Bürger, ob sie Waffen besitzen wollen oder nicht, ist kein Platz, denn die Sicherheit des Kollektivs geht vor.
Ein von den Apologeten der Bürgerentwaffnung immer wieder ins Treffen geführtes Argument lautet: Jede Waffe war einmal legal. Daher kann die Verbreitung illegaler Waffen nur durch ein Verbot des Legalwaffenbesitzes und -handels unterbunden werden. Irgendwann, so die zugrunde liegende Annahme, wird eine Legalwaffe gestohlen, verloren, oder ihr rechtmäßiger Besitzer gibt sie illegal an nichtberechtigte Dritte weiter. Also: Hat erst gar keiner eine Waffe, kann auch keine mehr gestohlen oder verloren werden und in die Hände böser Buben gelangen. Das leuchtet ein. Hat aber mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Woher die vielen illegalen Waffen kommen, die in der überwältigenden Zahl der Fälle von Schusswaffenkriminalität zum Einsatz kommen, schicken sich unsere Staatenlenker eben an, beispielhaft vorzuführen: Aus Staatsarsenalen!
Natürlich ist wenig dagegen einzuwenden, wenn einer von religiös motivierten Verbrechern verfolgten Minderheit geholfen wird. Und da schwer bewaffnete Fanatiker nur jene Sprache zu verstehen pflegen, die von (möglichst großkalibrigen) Kanonen gesprochen wird, erscheinen Waffenlieferungen an die potentiellen Opfer als Mittel der Wahl. Westliche Staaten (nicht etwa ruchlose, nur an ihrem Profit orientierte Waffenhändler!) werden daher demnächst Waffen in eine höchst unübersichtliche Region im Nahen Osten liefern, in der bestimmte Volksgruppen brutal verfolgt werden und im Übrigen totales Chaos herrscht. Frau Kommissarin Malmström wird dagegen ebenso wenig Bedenken erheben, wie nationalstaatliche Politiker oder die erprobten Nichtsnutze der UNO.
Allerdings sollte sich niemand der Illusion hingeben, dass diese Waffen für alle Zeit an dem Ort verbleiben werden, wo man sie aus den Lastmaschinen laden wird. Es darf daran erinnert werden, dass alle in Europa je aktiven Terrororganisationen – von der IRA bis zu den Brigate rosse und von der RAF bis zur ETA – mit militärischen Waffen, bevorzugt sowjetrussischer Provenienz, ausgerüstet waren. Selbstverständlich trifft dasselbe auch auf die Tatwerkzeuge unpolitischer Gangster zu. Auch die pflegen keine legal gekauften Jagd- und Sportgewehre einzusetzen, deren Erwerb und Besitz rechtstreuen Privatpersonen gerade noch, wenn auch knirschenden Zahnes, zugebilligt wird. Diese Waffen gelangen vielmehr aus staatlichen Arsenalen zu ihren blutrünstigen Verwendern.
Die nur kurz zurückliegende Aufregung um ein Photo eines Hamas-Kämpfers, der ein österreichisches Scharfschützengewehr im Arm hält, passt perfekt ins Bild: Die darauf abgebildete Steyr-Waffe im Kaliber .50 BMG (auf der ein Zielfernrohr eines deutschen Herstellers prangt, der auch die US-Armee beliefert) ist eine Kriegswaffe, deren Besitz Privatpersonen in Österreich strikt verboten ist. Woher also – wenn nicht mittelbar oder unmittelbar aus den Händen eines kreuzbraven Beamten – sollte der Hamas-Killer das Ding haben?
Fazit: Die von der hohen Politik bei ihrem Kampf für mehr Sicherheit durch Bürgerentwaffnung an den Tag gelegte Verlogenheit ist unmöglich zu überbieten. Sie selbst sorgt nämlich durch Waffengeschäfte mit dubiosen Abnehmern oder durch Geschenke an Truppen, die sich jeder Kontrolle entziehen, für eine zuverlässige, niemals abreißende Versorgung von Kriminellen in aller Welt mit Schießzeug aller Art – Panzer- und Luftabwehrraketen inklusive. Der angebliche Kampf gegen die „Kleinwaffenproliferation“ ist eine für schlichte Gemüter inszenierte Charade…
Das ist allerdings nur die eine Seite des falschen Fuffzigers. Die andere: Rechtstreue Bürger verfügen gewöhnlich nicht über jene Kontakte, die dafür nötig sind, um in den Besitz von Kriegswaffen zu gelangen. Solche Verbindungen unterhält erfahrungsgemäß nur lichtscheues Gesindel – etwa jenes Zuschnitts, dessen sich auch internationale Drogenhändler erfreuen. Somit steht der von seiner eigenen Regierung entwaffnete und damit wehrlose Bürger mit etwas Pech eines Tages bis an die Zähne bewaffneten Verbrechern gegenüber. Auf die Hilfe der Polizei braucht er nicht zu hoffen, denn wenn er sie einmal wirklich braucht, glänzt sie verlässlich durch Abwesenheit. Die Polizei ist – wenn überhaupt für irgendetwas – dann allenfalls zum Ablichten von Leichen und zum Sichern von Spuren zu gebrauchen.
Dass jede Bürokratie – auch lang nach dem Wegfall ihrer Geschäftsgrundlage – zum unaufhörlichen Wachstum neigt, ist keine neue Erkenntnis. Moderne Staatsbürokratien, die heute mächtiger, anmaßender und übergriffiger sind, als die unter einem absolut regierenden „Sonnenkönig“ es je waren, machen da keine Ausnahme. Die Hybris der Obertanen führt zur gnadenlosen Zwangsbeglückung der vermeintlich ewig unmündigen Bürger – und am Ende zur Überschreitung aller Grenzen. Das faktische Verbot der Notwehr, worauf die rigorose Entwaffnung von Privatpersonen letztlich hinausläuft, ist die wohl allerletzte Grenze…
Deutsche Waffen gegen den Terror:
http://www.br.de/nachrichten/waffenlieferung-irak-diskussion-100.html und
http://www.dw.de/deutsche-waffen-für-den-irak/a-17865469
Hamas & Steyr: http://www.washingtonpost.com/news/checkpoint/wp/2014/08/04/hamass-homemade-sniper-rifle-is-anything-but-expert-says/
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.