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Social-Media-Manie Ice Bucket-Challenge: Für einen guten Zweck oder zur eigenen PR?

Eine Unmenge von Clips in den sozialen Medien zeigt aktuell, wie man sich oder einem Anderen einen Kübel mit Eiswasser über den Kopf schüttet. Diese öffentliche Aktion ist ein Beitrag für die Forschung zur Bekämpfung der Krankheit ALS.

Lässt man als Zuseher das Motiv des „Schock-Schüttens“ auf sich einwirken, dann erinnert sich der eine oder die andere an ein literarisches Bild, dass das Leben wie das Wasser analog zur Challenge an einem herunter tropft, eine tiefgehende Metapher, die im Zusammenhang mit der Social-media-Aktion einiges an Interpretationsspielraum eröffnet.

Die Bedeutung von „Flashmobs“ und anderen mehr oder weniger phantasiereichen „Spontanaktionen“ im Netz ist eine Mischung von sozial erwünschtem Imitationsverhalten und unreflektierten Selbstdarstellungs-Reflexen, denen dann ein Post-hoc-Sinn oder ein sozialer Zweck attribuiert wird. All die an eine Massenpsychose erinnernden Aktionen im Netz sind sicher ein Output der Kreativen, denen in diversen Agenturen mangels an Wirkung der klassischen Werbemittel die Zügel locker gelassen werden und wurden. Ob gerade im konkreten Fall der „Ice bucket challenge“ die Pferde in der Weise davon galoppieren, sodass Manchen nicht nur die Eiswürfel auf den Kopf fallen?

Man könnte den aktuellen Wettbewerb als sinn- oder hirnlos bewerten oder aber die Challenge in den Dienst einer guten Sache stellen, zu der man aus humanitären Gründen steht. Wie kommt es zu solchen Kettenreaktionen masochistisch anmutender Reflexe von weiter empfohlenen „Kaltduschern", die bei näherer Betrachtung den Eindruck erwecken, dass sie gleichzeitig geehrt und genervt sind? Auffallend ist, dass sich hierzulande überproportional mehr Männer als Frauen an dieser Aktion beteiligen. Das Ausbreitungsmedium dieser Aktionen sind Facebook und andere soziale Medien. Das Phänomen, welches eine Kettenreaktion der hohlen Art auslöst, ist noch wenig erforscht, kann aber einfach mit dem narzisstischen Trieb der Selbstdarstellung erklärt werden, der die Option des gesteigerten Selbstwertes in einer multimedialen Massengesellschaft zu kompensieren verspricht.

Die hohen Zugriffszahlen skurriler Clips auf YouTube geben jedermann und jeder Frau die mediale Bühne, seine Marotten öffentlich zu hegen und zu pflegen. Ein nicht erkanntes Phänomen zur Massenverblödung einer Mediengesellschaft als eine Variante des Missbrauchs der neuen Medien ist als vorschnelle Diagnose sicher zu weit gegriffen. Wie weit kommen dabei archaische Reflexe einer vereinsamten Zivilgesellschaft zum Ausdruck, die sich als Paradoxon in der von Paul Watzlawick beschriebenen Double bind Kommunikations-Konstruktion manifestieren.

Wie sagt so schön der Philosoph und Forscher der neuen Medien Marshall McLuhan:
„Das Medium ist die Botschaft!“ Diese These trifft punktgenau auf die „Ice bucket challenge“ zu.

Dr. Franz Witzeling, Psychotherapeut und Soziologe.

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