Die Mär vom kriminellen Ausländer

Es ist alles nur Einbildung, ein Klischee, das Ergebnis jahrelanger Hetze durch rechte Populisten, eine Verschwörung der Ausländerfeinde. Jugendliche mit Migrationshintergrund sind gar nicht krimineller als ihre autochthonen Altersgenossen, jubelt der Spiegel: „Die Mär vom kriminellen Ausländer“. Der Spiegel bezieht sich auf ein „Gutachten“ des Kriminalwissenschaftlers Christian Walburg. Er hat das 18 Seiten dünne Papier mit Titel „Migration und Jugenddelinquenz – Mythen und Zusammenhänge“ im Auftrag des „Mediendienstes Integration“ erstellt. Walburg hat zu diesem Zweck verschiedene und ganz nach seinem Gusto ausgewählte Studien analysiert.

Conclusio: Jugendliche mit Migrationshintergrund sind nicht überdurchschnittlich kriminell. Das ist nur ein Mythos, ein Klischee und eine böse Verleumdung xenophober Rechtspopulisten. Doch schon beim Lesen des Spiegel-Artikels kommen an dieser Aussage erste Zweifel auf. „Größere Aussagekraft als die Zahlen aus der Polizeistatistik haben Walburg zufolge repräsentative Befragungsstudien“, schreibt das Sturmgeschütz der Demokratie. Was nicht passt, wird passend gemacht. Wie kommt Walburg zu diesem seltsamen Schluss? In seinem Gutachten führt er nicht minder seltsame Gründe an, warum offiziellen Kriminalstatistiken nicht zu trauen ist.

So bilden diese Statistiken nur das „Hellfeld der Kriminalität“ ab. Ja sicher, was sonst? Walburg unterstellt damit indirekt, dass die Dunkelziffer bei autochthonen Jugendlichen höher ist als bei jenen mit Migrationshintergrund. Eine völlig aus der Luft gegriffene Behauptung. Außerdem würden „junge Ausländer vermehrt in ohnehin kriminalitätsbelasteten Ballungsräumen leben“. Mag schon sein, das erklärt vielleicht die höhere Kriminalitätsrate, reduziert sie aber nicht.

Walburg führt auch den ein oder anderen berechtigten Kritikpunkt an, wie zum Beispiel, dass die Statistiken auch Ausländer mit einbeziehen, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben und andererseits viele Jugendliche mit Migrationshintergrund die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.

In Berlin gibt es allerdings eine Statistik zu Gewaltdelikten von Jugendlichen, die sehr wohl nach Herkunft und Migrationshintergrund differenziert. Ergebnis: Autochthone sind weit weniger kriminell als Jugendliche mit Migrationshintergrund und ausländische Jugendliche. Nachzulesen in Walburgs Voodoo-Gutachten.

Der gute Mann macht es sich sehr leicht. Er zieht die offiziellen und harten Zahlen vor allem aus ideologischen Gründen in Zweifel und benutzt deshalb „Befragungen“ unter Betroffenen. Doch auch die vermitteln bei näherer Betrachtung ein anderes Bild, als es Walburg und der Spiegel zu vermitteln versuchen. Im Gutachten heißt es etwa: „Doch die meisten deutschen Befragungsstudien wie auch Untersuchungen aus anderen europäischen Ländern bestätigen höhere Gewaltrisiken bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund.“ Gewaltrisiken, ein schöner Euphemismus für kopftretende Jugendbanden. Die Dinge nur nicht beim Namen nennen.

Auch die jüngste Befragung aus Deutschland belegt dies eindrücklich. Demnach haben 11,5 Prozent der autochthonen Jugendlichen mindestens ein Gewaltdelikt in den vergangenen zwölf Monaten begangen. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund sahen die Zahlen nach Herkunft so aus: Albaner 22 Prozent, Türken 20 Prozent und Araber 19 Prozent. So etwas nennt man gemeinhin einen signifikanten Unterschied!

Zahlen hin oder her, alles Klischee, alles Vorurteile, Ausländerkriminalität ist eine Mär. Und schuld daran sind neben den bösen Rechtspopulisten und der deutschen Gesellschaft vor allem die – Bingo! – Medien mit ihrer verzerrten und einseitigen Berichterstattung. Eine mehr als skurrile Behauptung, angesichts der politisch korrekten Linientreue der deutschen Mainstream-Presse, die mittlerweile systematisch die Herkunft der Täter verschweigt (so ferne es keine Autochthonen sind).

Dieses ganze Gutachten ist plump und manipulativ, es liefert einfach jene Ergebnisse, die die politisch korrekten Machthaber brauchen, damit ihr wackeliges potemkinsches Multikultidorf nicht völlig in sich zusammenbricht. Zumindest etwas mehr Mühe hätte sich Herr Walburg schon geben können. Viel ärgerlicher aber ist, dass der Spiegel dieses lächerliche Papier völlig unkritisch abdruckt. Selbst nordkoreanische Propaganda hat mehr Raffinesse. Man muss schon ziemlich verzweifelt sein, um auf solch windige Pseudogutachten zurückzugreifen, nur damit man sich sein eigenes politisches und journalistisches Versagen nicht eingestehen muss.

Hier die Links zum Spiegelartikel und zum Gutachten.

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Kürzlich sind seine neuen Bücher „Die Feinde der Freiheit“ und „Das Phänomen Conchita Wurst: Ein Hype und seine politischen Dimensionen“ erschienen.

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