Anarcho-Pizzeria: Das wahre Dilemma der Polizei

Betrachtet man den derzeitigen Eiertanz rund um die Räumung der Anarcho-Pizzeria in Wien-Leopoldstadt, so fallen einem drei Dinge auf:

Zum Ersten, dass es offensichtlich kaum noch Journalisten in Wien gibt, die sich ernsthaft mit Kriminal-, Polizei- oder Prozess-Berichterstattung auseinandersetzen (dürfen). Wie könnte es sonst etwa passieren, dass in Berichten über Hausbesetzungen in Wien der vergammelte Autonomen-Stützpunkt EKH („Ernst Kirchweger Haus“, Wielandgasse 2-4, Wien 10) allen Ernstes als „Kulturzentrum“ bezeichnet wird? Die gleichen Journalisten, die so etwas schreiben, beschweren sich dann noch, dass Polizeipräsident Gerhard Pürstl nicht mit ihnen redet.

Das ist in etwa so, als würde jemand den Wiener Gürtelstrich als Massen-Eheanbahnungsinstitut bezeichnen und Kardinal Schönborn zur Trauungszeremonie einladen. Der dürfte dazu wohl auch nicht erreichbar sein.

Bereits im Februar las man in einer Zeitung angesichts der bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen durch Linke/Autonome rund um den Akademikerball von „lediglich ein paar eingeworfenen Scheiben“, über die man sich über Gebühr aufrege. Wenig später kam man doch nicht darum herum, den tatsächlichen Sachschaden der Gewaltorgie zu vermelden: rund 500.000 Euro. Müssen ein paar teure Scheiben gewesen sein.

Angesichts solch medialer Inkompetenz ist es kein Wunder, wenn reihum von unfähiger, planloser, gewaltbereiter Polizei berichtet wird. Wer den anderen nicht kennt, nicht versteht, kann ihn nicht begreifen, beschreiben sowieso nicht. Schon gar nicht, wenn es politisch korrekt verboten ist (siehe Punkt drei). Tatsache ist, dass die Wiener Polizei sich spätestens seit den berüchtigten linken „Donnerstags-Demos“ gegen die (demokratisch gewählte) blau-schwarze Regierung unter Wolfgang Schüssel im Jahr 2000 mit zunehmend offener linker Gewalt auf der Straße auseinandersetzen muss.

Was direkt zu Punkt zwei der Misere führt: Besagte linke Gewalt passiert nicht etwa „spontan“, wie gerne behauptet wird, sondern ist generalstabsmäßig geplant – man denke nur an die Busweise heran gekarrten Demo-Touristen aus dem Ausland beim Akademikerball. Drahtzieher dabei ist der so genannte „Schwarze Block“, der sich – ähnlich wie die Partisanen im Zweiten Weltkrieg – zwischen „normalen“ Demonstranten (damals waren es Dorfbewohner) versteckt, um erst im richtigen Moment zuzuschlagen.

Natürlich vermummt, und natürlich gleich wieder todesmutig in der Menge untergetaucht. Da fliegen Pflastersteine, Molotow-Cocktails, Rauchgranaten, werden herausgerissene Verkehrszeichen als Rammböcke benutzt, Müllbehälter oder Autos angezündet, Geschäftsauslagen zerstört, ja sogar Polizeiinspektionen verwüstet. Und natürlich Polizisten verletzt und die Schädigung Unbeteiligter in Kauf genommen. Richtig schön Anarcho-Blutbad. „Unseren Hass könnt ihr haben“, lautete ja die Parole der Akademikerball-Demonstranten. Mit Gewalt und Hass gegen Andersdenkende. Klare Botschaft.

Die Polizei sah sich angesichts einer solchen Vehemenz von Gewaltbereitschaft vielfach überfordert. Es ist eine Seite, frierende Opernball-Demonstranten mit Tretgittern von der Truppe und der Oper entfernt zu halten oder sich plötzlich gegen Attacken wehren zu müssen, die beim kleinsten Fehler lebensbedrohlich ausgehen können – ein Pflasterstein am Kopf etwa. Oder eine Rauchgranate ins Gesicht. Genau darauf war die Polizei im bisher weitgehend gewaltfreien Wien nicht wirklich vorbereitet und wirkte daher teils ein wenig kopflos. Und genau das war auch der Grund, warum die Beamten bei der Räumung der „Pizzeria“ nun auf Nummer sicher gehen wollten. Niemand wusste wirklich, wie viele Punks im zur Festung samt Fallen ausgebauten Haus tatsächlich saßen, niemand wusste, mit welchen Waffen und welcher Gewaltbereitschaft diese die Polizei erwarteten – und niemand wusste vor allem, was der „Schwarze Block“ nicht an spontaner Unterstützung von außen aufbieten würde.

Und genau da, bei Punkt drei, schließt sich das Dilemma der Polizei. Denn das tatsächliche Zentrum des durchaus als kriminell anzusehenden „Schwarzen Blocks“ und der organisierten linken Gewalt, das bereits erwähnte EKH in Wien-Favoriten, ist nämlich trotz massiver Verdachtslagen absolut tabu. Dabei würde eine Hausdurchsuchung hier garantiert manch interessante Dinge ans Tageslicht bringen. Das geschieht allerdings nicht.

Die ehemalige Schule der Stadt Wien, 1990 von Linken, Punks, Drogenabhängigen und Obdachlosen besetzt, wurde nämlich vor rund sechs Jahren von der Stadt Wien aus dem Besitz eines angeblich der rechten Szene nahe stehenden Sicherheitsunternehmers gekauft (kolportierter Kaufpreis: eine Million Euro), knapp bevor dieser den linken Mob delogieren ließ. Als Käufer und nunmehriger Betreiber des „Kulturzentrums“ fungiert der FSW (Fonds Soziales Wien), der wiederum dem Wiener Gesundheits- und Sozial-Ressort von Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) untersteht.

Wie gemütlich es im EKH zugeht, zeigte die Tatsache, dass sich zwischenzeitlich sogar die Punks von ihren allzu linksradikalen Genossen lossagten und daraufhin die – ebenfalls vom FSW um Wiener Steuergeld finanzierte (und ebenfalls rund eine Million plus laufende Betriebskosten teure) – „Pankahyttn“ in der Johnstraße im 15. Bezirk geschenkt bekamen. Teile und herrsche.

Im Klartext heißt das, die Stadt Wien leistet sich legale „Pankahyttn“, ein legales „Autonomenzentrum“ EKH (beides natürlich nicht autonom von öffentlichen Zuwendungen) – und eine Polizei, die nun zwischen „legalen“ und illegalen linken Gewalttätern sowie deren Unterkünften und Protagonisten unterscheiden soll.

Polizeipräsident Pürstl und seine Mitarbeiter auf der Straße sind wahrlich nicht zu beneiden.

Werner Grotte ist 52, langjähriger Redakteur bei Kurier, ORF, Wiener Zeitung u.a., Buchautor.

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