Die katholische Christenheit feiert weltweit das Hochfest Fronleichnam, das der Heiligen Eucharistie gewidmet ist. Christen machen sich die Realpräsenz des Herrn im Kommunion-Sakrament bewusst und danken dem Auferstandenen für die immerwährende Gegenwart seines Leibes in der geweihten Hostie.
Seit dem 13. Jahrhundert trägt die Kirche den Jubel über die sich im Brot manifestierende Gemeinschaft mit Gott hinaus in die Welt: Im Rahmen feierlicher Prozessionen verlässt die Monstranz mit dem Allerheiligsten das Gotteshaus und lässt die profane Welt an der Erhabenheit des Erlösungswerkes teilhaben.
Wie in allen Ländern, so hat sich auch in Österreich eine spezifische Tradition der Fronleichnamsfeierlichkeiten etabliert. Diese ist in der Bevölkerung seit Jahrhunderten zutiefst verwurzelt und wird seit jeher als Gelegenheit der gleichermaßen fröhlichen wie stolzen Identifikation mit dem eigenen Glauben in der Öffentlichkeit begriffen. Dementsprechend manifestiert sich in den traditionellen Fronleichnamsprozessionen die Teilhabe der Christen an allen Segmenten des öffentlichen und zivilen Lebens unserer Gesellschaft – heute würde man sagen „die Buntheit und Vielfalt des sozialen Zusammenlebens“. Im Prozessionszug formieren sich, neben der Geistlichkeit, Familien mit Kindern aller Altersklassen, Musikkapellen, Chöre, Traditionsverbände, farbentragende Studenten, Vertreter der Berufsstände, Seniorengruppen, Repräsentanten des politischen Lebens und der Kultur usw.
Der Schreiber dieser Zeilen hatte die Freude, an einer großartigen Fronleichnamsprozession im Wiener achten Bezirk teilnehmen zu dürfen. Zum ersten Mal verbanden sich heuer die Gläubigen der Pfarren Breitenfeld, Alservorstadt und Maria Treu zu einem eindrucksvollen Zug. Liturgische Würde, organisatorisches Engagement zahlreicher Gläubiger und ausgelassene Festtagsstimmung verbanden sich harmonisch. Der Prozessionszug endete nach mehr als drei Stunden in der hochbarocken Piaristen-Kirche, in deren Innenhof im Anschluss bei Schweinskotelett, Würstel und Bier noch stundenlang standesgemäß christliche Gemeinschaft gepflegt wurde. Tausende Feiern wie diese wurden zu Fronleichnam im ganzen Land veranstaltet. Die wohl größte und prominenteste unter Leitung von Christoph Kardinal Schönborn in der Wiener Innenstadt, wo rund zehntausend Christen mitfeierten.
Hunderttausende, möglicherweise sogar mehr, haben an diesem Tag ihrem gelebten Christentum Ausdruck verliehen. Und damit zu verstehen gegeben, dass sie sich für die Anliegen der Kirche und den Erhalt eines christlich geprägten Österreich einsetzen. Ein berichtenswertes Ereignis? Man sollte wohl meinen: eindeutig ja!
Wie ist der österreichische Staatsfunk ORF damit umgegangen? In „Wien heute“, nach ausladenden Berichten über Erdogans Propaganda-Auftritt in der Bundeshauptstadt, über Verkehrsunfälle, den fünfzigjsten Todestag Hans Mosers und einer minutenlangen Collage über die Inthronisation des neuen spanischen Königs Felipe (was hat das eigentlich in der Lokalberichterstattung zu suchen?) eine sekundenkurze Sequenz zum Innenstadt-Festzug als minimalistische Pflichtübung. Und in der „Zeit im Bild“ um 19.30 Uhr – nicht eine auch noch so kleine Erwähnung des christlichen Festtags und seiner zahlreichen wirklichkeitsprägenden Ereignisse. Erwähnt sei nebenbei, dass auch Printmedien wie der „Kurier“ das Fronleichnamsfest mit keinem Halbsatz würdigten.
Angesichts der rot-grün-atheistisch ausgerichteten Zusammensetzung der Mitarbeiterschaft des ORF und in Kenntnis der üblichen Gestaltung der Religionssendungen dieses Senders, die erkennbarerweise überwiegend der Forcierung „kirchenkritischer“ Randgruppen und der Schön-Darstellung und Förderung aller möglicher fremder Kulte in Österreich verpflichtet sind, ist dies gewiss keine Überraschung.
In Anbetracht der Tatsache jedoch, dass die Christen dieses Landes mit ihren Zwangsbeiträgen im beträchtlichen Umfang zum Erhalt der Ideologie-Orgel ORF beitragen, sollte man trotzdem nicht zur Tagesordnung übergehen. Demnächst werden wir wieder – wie jedes Jahr – mit überbordenden ORF-Berichten über den islamischen Ramadan und die beeindruckenden Demutsgesten hochrangiger Politiker zum Fastenbrechen mit Muslimen überladen werden.
Das sollte angesichts wachsender und immer schlimmer werdender Christenverfolgung in islamischen Ländern – vom Sudan über den Irak (die Hölle ist ihr „Zuhause“) bis zur Türkei – nicht reflexionslos hingenommen werden. Denn nach der Bedrohung und Beschimpfung christlicher Teilnehmer des „Marsches für die Familie“ am 14. Juni durch aggressive Anarchos der LGBT-Szene ist das Totschweigen christlicher Alltags- und Festereignisse durch den ORF der zweite systematische Versuch der Marginalisierung von Christen innerhalb kürzester Zeit.
Es ist völlig klar und sollte nicht bagatellisiert werden, dass die zielgerichtete Entfernung des Christentums aus dem öffentlichen Raum die Vorstufe einer Entwicklung ist, die als definitive Christenverfolgung ihre Hochblüte erfährt. Werden wir nicht immer dazu aufgefordert, den Anfängen zu wehren?
Mag. Christian Zeitz begreift sich als evangelikaler Katholik und ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte Politische Ökonomie.