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Buchrezension: Austrian Investing zwischen Inflation und Deflation

Die nicht enden wollende Schulden-, Währungs- und Finanzkrise und der vollständige Bankrott der Mainstream-Ökonomie bereiten den Boden für eine Renaissance der „Österreichischen Schule der Volkswirtschaftslehre“. Von ihr wird von immer mehr Menschen erwartet, Erklärungen für die aktuellen Verwerfungen zu liefern und mögliche Auswege zu beschreiben.

Fragen eines erfolgreichen Anlegerverhaltens in Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit ist das vorliegende Buch gewidmet, dessen Autoren auf dem Boden der „Österreichischen Schule“ stehen. Die Zusammenarbeit des brillanten Wirtschaftsphilosophen Rahim Taghizadegan, Gründer des Wiener Instituts für Wertwirtschaft, mit zwei Investmentprofis, Ronald Stöferle und Mark Valek, die als Fondsmanager bei der Liechtensteinischen Anlage- und Vermögensverwaltung Incrementum tätig sind, ist auf der ganzen Linie gelungen.

In einem ausführlichen ersten Teil werden unter anderem die wesentlichen Teile des Ideengebäudes der Österreichischen Schule, das herrschende Geldsystem und dessen Geschichte, sowie die Entstehung von Konjunkturzyklen beschrieben. Auch auf die Phänomene Inflation und Deflation wird ausführlich eingegangen, wobei auf die Erläuterung der Bedeutungsänderung der beiden Begriffe nicht vergessen wird, die einer Verschleierung der monetären Entwicklung Vorschub leistet. Dass aufgrund „monetärer Tektonik“, die durch gegenläufige Tendenzen der Geldpolitik der Zentralbanken einerseits und der Geschäftsbanken andererseits entsteht, der Grat immer schmaler wird, auf dem das herrschende Schuldgeldsystem seine Pyramiden baut, wird in einer auch für Laien verständlichen Weise dargestellt.

Nach einer Beschreibung der herrschenden „finanziellen Repression“, die man kurz und bündig als Sparerenteignung bezeichnen könnte, werden die weiteren, uns möglicherweise schon recht bald ins Haus stehenden Szenarien wie Hyperinflation, Hyperdeflation, Stagflation und die Einführung von Zwangsabgaben erläutert.

Danach widmen sich die Autoren Fragen der Anlagephilosophie, die aus „österreichischer“ Sicht beantwortet werden. Detailliert wird auf die Moral des Sparens an sich und dessen technische Formen eingegangen. Am Ende dieses Abschnitts steht die Empfehlung eines „philosophischen Portfolios“.

Im letzten Teil geht es, nach der Vorstellung eines in der Vergangenheit sehr ertragreichen „permanenten Portfolios“ um die Aufzählung verschiedener Anlageinstrumente und deren Beurteilung hinsichtlich ihrer Tauglichkeit für den privaten Anleger. Die „österreichischen“ Empfehlungen erscheinen konservativ: Hoher Barmittelanteil, hoher Prozentsatz von Edelmetallen, Beteiligungen nur an „sicheren“ (d.h. eigenkapitalstarken, mit hoher Wertschöpfungskapazität ausgestatteten) Unternehmen, Verzicht auf rein spekulative Anlagen sowie der Grundsatz Schuldenabbau vor Investition.

Wer Patenrezepte mit Gewinngarantie erwartet, wird von dem Buch enttäuscht sein. Dafür muss man sich schon an jene Marktschreier und Investmentgurus wenden, die entsprechende Versprechungen abgeben. Dafür wird indes eine profunde Analyse des Status quo und des Weges, der dahin geführt hat, geboten und der Blick auf die Grundsätze nachhaltigen Wirtschaftens und des Vermögensaufbaus gerichtet.

Die Österreichische Schule ist stark in der qualitativen Analyse. Sie kann sehr genau beschreiben, in welche Richtung sich eine Ökonomie unter bestimmten Rahmenbedingungen entwickeln wird. Sie kann jedoch auf Grund der Vielzahl der Variablen und der Menge der Akteure, die ja täglich wechselnde Präferenzen haben, keine quantitative Prognose abgeben. Sie kann also zum Beispiel nicht sagen, zu welchem Zeitpunkt ein monetär entfachter Boom zu Ende gehen und in welchem Maße die darauf folgende Rezession sich auf konkrete Investitionen auswirken wird.

Die Lektüre des Buches bietet dem an einem langfristigen finanziellen Engagement interessierten Anleger jedenfalls einen Gewinn. Die tiefgehende Darstellung der für jede Anlage entscheidenden Grundlagen unseres Wirtschaftssystems lenkt den Blick auf die für einen langfristig denkenden Investor entscheidenden Überlegungen. An „schnellem Geld“ interessierte Zeitgenossen dagegen sollten sich nicht mit der Lektüre dieses Buches aufhalten, sondern eher den Besuch des nächstgelegenen (Finanz-)Casinos ins Auge fassen. Für die Urlaubszeit – in einer Phase großer wirtschaftlicher Unsicherheit – gibt es keinen interessanteren Lesestoff!

Österreichische Schule für Anleger
Rahim Taghizadegan, Ronald Stöferle und Mark Valek
Finanzbuchverlag 2014
347 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-89879-856-3
€ 24,99,-

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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