Islamische Republik Österreich!?

Trotz der voranschreitenden Säkularisierung und der Probleme junger Menschen mit den Lehren der Religionen wird der Anteil religiöser Menschen an der Gesamtbevölkerung voraussichtlich nicht dramatisch sinken. Das liegt daran, dass religiöse Familien deutlich mehr Kinder haben und viele die Einstellungen aus ihrem Elternhaus für den Rest ihres Lebens mitnehmen.

Es kehrt zwar immer wieder ein gewisser Anteil der Kinder der Religion ihrer Eltern den Rücken. Dennoch ist es möglich, vergleichsweise verlässliche demografische Prognosen über die Religionszugehörigkeit zu machen – sie ist eine relativ stabile Eigenschaft.

Hohe Kinderzahlen sind für patriarchalische Gesellschaften mit traditionellen Normen, wie es sie auch im Europa des 19. Jahrhunderts gegeben hat, typisch. Neben weniger gebildeten Gesellschaften neigen auch Menschen mit hoher Religiosität dazu, mehr Kinder zu haben. Religiöse Menschen sind im Durchschnitt mehr an sozialen Kontakten und Gemeinschaft interessiert, was sich auch in höheren Geburtenraten niederschlägt. Dieser Faktor spielt bei Muslimen eine größere Rolle als bei anderen Gruppen. Sie lehnen darüber hinaus meist Empfängnisverhütung ab. Wenn man in der folgenden Generation erhebt, wie viele keine empfängnisverhütenden Mittel nehmen, so ist es immer noch mehr als die Hälfte.

Die Ausbreitung des Islam in Europa vollzog sich in drei voneinander unabhängigen Phasen, die jeweils verschiedene Regionen Europas betrafen. Während der beiden ersten wurde der Islam vor allem durch Eroberungen verbreitet und ebenso wieder zurückgedrängt. Die dritte vollzieht sich in Form von Zuwanderung und hält bis heute an.

Arabischen Angaben zufolge sollen zusammen mit der ungarischen Landnahme wolgabulgarische und baschkirische Muslime bereits im 10. Jahrhundert ins Burgenland gekommen sein. Im 11. und 12. Jahrhundert siedelte Ungarn dann im Burgenland als Grenzwächter des Gyepüsystems auch Petschenegen an, unter denen sich eine muslimische Minderheit befand. Heute allerdings ist das Burgenland jenes Bundesland mit dem geringsten Bevölkerungsanteil an Muslimen.

Erste Muslime erreichten das übrige Österreich ab 1476. Türkische und bosnische Akinci kamen damals nicht als Kaufleute, Siedler, Arbeitskräfte oder Flüchtlinge ins Land, sondern überfielen und plünderten als Vorhut der osmanischen Truppen auch nach einer osmanischen Niederlage bei Villach 1492 (Maximilian gegen Mihaloglu) fast jährlich Ober- und Niederösterreich, die Steiermark, Kärnten und Krain. Gegen die türkischen Osmanen verbündeten sich die Habsburger zeitweise auch mit den persischen Safawiden. Mit den osmanischen Niederlagen vor Wien 1529 und schließlich 1683 scheiterte die Eroberung Österreichs, und die von osmanischen Belagerern voreilig geplante Verteilung der besten österreichischen Ländereien und Lehen wurde hinfällig.

Die dritte muslimische Expansion nach Europa findet in Form von Zuwanderung in wohlhabende Industriestaaten statt und begann in größerem Umfang in den 1950er Jahren. Zielländer waren zunächst Staaten im nördlichen Westeuropa, etwa Frankreich, Großbritannien, die Skandinavischen, Benelux- oder die deutschsprachigen Länder. In jüngerer Zeit sind auch Spanien und Italien Ziel muslimischer Zuwanderer. Die Immigranten stammen überwiegend aus Nordafrika, der Türkei oder Pakistan, mit unterschiedlicher Verteilung in den betreffenden Zielländern. In vielen europäischen Ländern sind Muslime durch Immigration zu starken und einflussreichen Minderheiten geworden.

Während in Deutschland und dem katholischen Österreich der Islam heute überwiegend westasiatisch geprägt ist, steht das protestantische Nordwesteuropa einem überwiegend südasiatischen Islam eingebürgerter Immigranten gegenüber. Die Präsenz des Islams in Deutschland beruht seit etwa 1960 vorrangig auf Einwanderung aus der Türkei in die Bundesrepublik.

Österreich hatte auf Grund der Geschichte der Österreich-Ungarischen Monarchie einen anderen Zugang zum Islam als der Rest West- und Mitteleuropas. Von 1878 an stand Bosnien vier Jahrzehnte unter österreichisch-ungarischer Herrschaft, seitdem lebten die ersten Bosniaken auch in Österreich. Innerhalb der k.u.k.-Armee waren deshalb Imame zur Betreuung muslimischer (bosniakischer) Soldaten tätig.

Die Situation des Islam in Österreich ist insofern in Westeuropa einzigartig, als dass er den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts genießt und schon 1912 als Religionsgemeinschaft anerkannt wurde. In Österreich sind tatsächliche Zahlen über die Muslime schwer zu bestimmen, die Zahl der Migranten aus Ländern mit Islamhintergrund liegt deutlich über 500.000, aber das bedeutet nicht, dass jeder Migrant aus so einem Land tatsächlich ein Muslim ist. In Österreich stellen heute nach den Türken die muslimischen Bosnier die zweitgrößte Gruppe muslimischer Immigranten.

In den letzten Jahren wird zunehmend der für alle Muslime geltende alleinige Vertretungsanspruch durch die offizielle Islamischen Glaubensgemeinschaft, die sunnitisch dominiert ist, in Frage gestellt – von sunnitisch-türkischer Seite ebenso wie von Schiiten oder Aleviten.

Es ist möglich, dass der Islamismus – die radikal-utopische Bewegung, die eine durchgängige und weltweite Anwendung des islamischen Rechts unter der Herrschaft eines Kalifen anstrebt – zwar größtenteils gewalttätig und tyrannisch bleibt, aber es kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass diese Ideologie sich in eine bisher unbekannte Richtung entwickeln wird.

Das Vienna Institute of Demography der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entwarf in einer Studie verschiedene Szenarien für den zukünftigen Anteil der Religionen in Österreich. Für das Jahr 2051 errechnet das Institut bei den Jugendlichen unter 14 Jahren je nach Szenario einen Moslem-Anteil zwischen19 und 51 Prozent.

Fazit: Aufgrund dessen könnte man heute schon sagen, dass die Islamische Republik Österreich lediglich eine Frage der Zeit ist, was viele Probleme, Gefahren und Konfrontationen mit sich bringt, da bestimmte Politiker und manche so genannte Wissenschafter und Journalisten bewusst oder unbewusst diesen Prozess beschleunigen.

Amer Albayati, geboren 1942 in Bagdad, ist Journalist und Islam- sowie Terrorexperte. Er ist Mitbegründer der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) und der beantragten neuen Islamischen-Europäischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IEGÖ). www.initiativeliberalermuslime.org

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