Als Leiterin einer Wiener AHS erscheint es mir notwendig, den Eindruck, den Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek von der AHS gewonnen hat, zurechtzurücken. Dass die Neue Mittelschule (NMS) große Anlaufschwierigkeiten hat, musste Heinisch-Hosek in Klagenfurt eingestehen. Die Ursachen sind für sie klar: Lehrer unterrichten noch immer nur, um Wissen zu vermitteln.
Kompetenzorientierter Unterricht findet ihr zufolge gar nicht oder vielleicht erst in der Oberstufe statt. Lehrer nehmen auch keine Rücksicht auf Stärken und Schwächen der Kinder. Sie rügt die AHS, die ihrer Meinung nach bereits in den 1. Klassen schwache Schüler entfernt, womit in der NMS ein Konglomerat aus schwachen, schwierigen Kindern, meist mit Migrationshintergrund, entstünde.
Einige Fakten, die Heinisch-Hosek tunlichst vergessen zu haben scheint – oder die sie und ihr Beraterstab doch nicht kennen, obwohl in einer vor kurzem erschienenen Publikation ihres Ministeriums, zu der sie auch das Vorwort verfasst hat, schwarz auf weiß zu lesen sind: In Wien sprachen im vorigen Schuljahr 33,5 Prozent der Schüler der AHS-Unterstufe Deutsch nicht als Umgangssprache!
Und noch ein paar Zahlen, die Heinisch-Hosek zur Kenntnis nehmen sollte:
AHS-Schüler mit nichtdeutscher Umgangssprache in Österreich (Stand 2011/12):
Niederösterreich: |
6,6% |
Tirol: |
7,2% |
Kärnten: |
9,4% |
Oberösterreich: |
9,5% |
Vorarlberg: |
9,5% |
Steiermark: |
9,9% |
Salzburg: |
10,1% |
Burgenland: |
10,8% |
Wien: |
31,7% |
Dabei erstaunt mich, dass der für Wiener AHS gültige Wert eher niedrig ist, auch wenn es sich dabei um jeden dritten Schüler handelt. Als Leiterin einer AHS mit einem Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund von über 70 Prozent weise ich die Aussage, dass die AHS ein „Auslesesystem“ habe, wonach nur mehr „gut funktionierende Schüler“ überbleiben, auf das Schärfste zurück. Und es gibt in Wien zahlreiche AHS-Standorte mit ähnlichen Werten.
Laut Heinisch-Hosek sammeln sich „schwierige Kinder, mit Migrationshintergrund oder sozioökonomischen Schwierigkeiten“ in der NMS. Es ist vielmehr dem unermüdlichen Einsatz der Professoren zu verdanken, dass sie mit differenziertem, kompetenzorientiertem Unterricht und Fördermaßnahmen einen hohen Prozentsatz dieser Schülerinnen und Schüler fit für die Reifeprüfung machen.
HR Mag. Reingard GLATZ;
Direktorin des GRg 10 Ettenreichgasse, 1100 Wien