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Wem nützt das Binnen-I?

Lange hat es gedauert, bis endlich jemand den Mut hatte, den Zwangsgender-Sprachvergewaltigern einen Riegel vorzuschieben. Und es ist nicht einmal eine militante Väterinitiative oder eine FPÖ-Vorfeldorganisation – nein: Es ist das gute, alte „Österreichische Normungsinstitut“, das in seiner neuesten Sprachnormfassung für das „Erstellen und Gestalten von Schriftstücken in Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und im privaten Bereich“ einen generellen Verzicht auf Binnen-I & Co vorschlägt.

Nun hat diese Normierung (ÖNORM A 1080) zwar keinen gesetzlichen Rang, aber dennoch starken Vorbildcharakter. Noch dazu, wo das Binnen-I ja weder der deutschen Rechtschreibung entspricht, noch Texte wirklich einfacher les- oder gar vorlesbar macht.

Trotzdem wurde durch massiven „politisch korrekten“ Druck in den letzten zehn Jahren im öffentlichen Bereich so ziemlich alles zwangsgegendert, was nur möglich war. Nicht nur Ministerien, auch Gebietskörperschaften bis hinunter auf Bezirksvorsteher- oder Gemeindeebene ritterten in vorauseilendem Gehorsam darum, ihre Verordnungs- oder Regelwerke möglichst sperrig abzufassen. Beispiel aus einem Wiener Magistrat gefällig? „Sie oder er sind verpflichtet, im Krankheitsfall eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter zu benennen, die oder der ihre oder seine Aufgaben so lange übernehmen, bis sie oder er dies wieder übernehmen kann“.

Durch diese Art der Genderei mussten nicht nur zig-tausende Seiten an Texten und Vorschriften neu formuliert werden – die jeweilige Seitenanzahl wurde dadurch auch mehr als verdoppelt. Ein aufwendiger, teurer und in vielen Bereichen kaum noch verständlicher Buchstabensalat war die Folge. Da nützte nicht einmal ein Aufschrei der Blindenorganisationen etwas, dass die Computer in Braille-Schrift das Binnen-I als Rechtschreibfehler ausweisen und somit ein Großteil öffentlicher Schriftstücke oder Informationen für Blinde und Sehschwache im Internet nicht mehr lesbar seien.

Doch Cui bono? Wem nützt dieser Unsinn eigentlich? Befürworterinnen wie etwa die SPÖ-Frauensprecherin Gisela Wurm argumentieren damit, dass „Wer Frauen nicht nennt, diese ignoriert“. Aha. Also haben Homer, Shakespeare, Moliere, Grillparzer, Johannes Mario Simmel und der Rest der Erdbevölkerung seit Entdeckung der Schrift bis zur Erfindung des Genderns beinhart Frauen ignoriert, weil sie statt BürgerInnen nur Bürger schrieben?

Anders gefragt: Ist jemand, der in der Zeitung gelesen hat, dass „Favoritens Bürger gegen den zunehmenden Fluglärm protestieren“, jemals davon ausgegangen, dass dies nur auf die männlichen Favoritener zutrifft und die Frauen stumm daheim sitzen und keine Meinung haben? Wohl kaum. Es muss ja auch einen Grund haben, warum selbst sämtliche linke Zeitungen mit einer nennenswerten Auflage kein Binnen-I verwenden. Es kostet (teuren) Platz und vor allem Lesbarkeit. Und verärgert damit zahlende Leser.

Einzig der staatlich finanzierte ORF verpflichtet seine Moderatoren und Redakteure sprachschonungslos zum Gendern, was sich in Radiobeiträgen – allein in einem Satz – so anhören kann: „Beim gestrigen Tag der offenen Tür konnten Besucherinnen und Besucher sich von den Leistungen der Schülerinnen und Schüler überzeugen, Lehrerinnen und Lehrer präsentierten stolz deren Projekte“. Eine Anfrage des Autors, ob schon einmal jemand ausgerechnet habe, wie viel Sende- bzw. Werbezeit dem ORF durch solche Sprachverirrungen im Jahr entgeht, blieb unbeantwortet.

Besieht man sich das „Frauen-Ignoranz“-Argument näher, bleibt nicht viel an Substanz über. Oder kann sich wirklich jemand vorstellen, dass ein nennenswerter Teil der weiblichen Bevölkerung sich durch ein Binnen-I im Gemeindeblatt, das Gebührenerhöhungen ankündigt, plötzlich besser wahrgenommen sieht? Oder scheint nicht vielmehr die Absicht dahinter zu stecken, Frauen mit solcher Spiegelfechterei über tatsächlich bestehende soziale oder gesellschaftliche Probleme hinwegzutäuschen und billiges politisches Kleingeld zu verteilen? Zahlen durften den teuren Spaß jedenfalls auch weibliche Steuerzahler.

Das Österreichische Normungsinstitut, zeitgeistgemäß nun „Austrian Standards“ genannt, ruderte freilich nach Bekanntwerden des Normentwurfes kräftig zurück – wohl unter massivem politisch-korrektem Druck. So habe es sich dabei lediglich um die „private Meinung“ der zuständigen Komitee-Chefin gehandelt, erklärte Direktorin Elisabeth Stampfl-Blaha. Man werde den „Fall prüfen und notfalls Konsequenzen setzen“. Putins Geist lässt grüßen.

Werner Grotte ist 52, langjähriger Redakteur bei Kurier, ORF, Wiener Zeitung u.a., Buchautor.

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