Die Pädagogische Hochschule Tirol und ihre wahren Probleme

Unbarmherzig überboten sich die Medien in einer skandalisierenden Berichterstattung über die Führungsspitze der Pädagogischen Hochschule Tirol (PHT). Dem Rektor Markus Juranek wird Misswirtschaft vorgeworfen und mit 10. März hat das Bildungsministerium seine Befugnisse „aufgrund der budgetären und wirtschaftlichen Situation an der Pädagogischen Hochschule“ eingeschränkt und eine dienstrechtliche Verwarnung ausgesprochen. Die Vizerektorin für Studienangelegenheiten, Andrea Gandler-Pernlochner, hat wiederum an der eigenen Hochschule die Ausbildung zur Volksschullehrerin wieder aufgenommen. Sie ist damit in der Person der Vizerektorin gleichzeitig die Vorgesetzte ihrer eigenen Dozenten, bei denen sie als Lehramtsstudentin Prüfungen ablegen muss.

Tatsächlich sind der amtierende Rektor und seine Vizerektorin in ihrem Wirken wohl als glücklos zu bezeichnen. Doch ist das nicht das wesentliche Problem, an dem es an der PHT krankt. Denn einerseits sind die finanziellen Unpässlichkeiten des Hauses zu einem gewissen Teil auch auf die Budgetplanung seitens des Bildungsministeriums (das mit 1. März von BMUKK (Unterricht, Kunst und Kultur) in BMBF (Bildung und Frauen) umgetauft wurde) zurückzuführen. Andererseits hat die – rechtlich durchaus nicht unspannende – Causa um das Studium der Vizerektorin im eigenen Haus auf die Studierenden keine Auswirkungen.

Die aktuelle Berichterstattung nützt jedoch doppelt: Einerseits den Medien, für die es viel leichter ist, die Sensationsgier durch eine verengende Personalisierung und die Forderung nach einem „Köpferollen“ zu befriedigen, anstatt die Aufmerksamkeit auf trockene Sachverhalte zu lenken. Und andererseits einer Politik, die im Grunde genommen am bisherigen System nichts ändern will, die aber ein Bauernopfer braucht – ein altbekanntes Spiel.

Dabei geht es an der Pädagogischen Hochschule Tirol – und mutmaßlich auch an anderen Pädagogischen Hochschulen Österreichs – um ganz andere Themen, welche in ihren Auswirkungen auf die Pädagogen-Ausbildung wirklich gleichsam gravierend wie fragwürdig sind:

  • Ein vom Bund vorgegebenes Computerprogramm (PH-online), das den Anforderungen des Hochschulbetriebs nicht genügt und regelmäßig zu Semesterbeginn für mehr oder weniger lange Zeit „abstürzt“ bzw. hinsichtlich der Zugriffsmöglichkeiten beschränkt werden muss, um einen Absturz zu vermeiden.
  • Ein allgemein verschultes System, das nicht nur aufgrund viel zu hoher Anwesenheitspflichten (Vorlesungen bilden die absolute Minderheit der Lehrveranstaltungen), sondern auch z.B. aufgrund fehlender Auswahlmöglichkeit unter den Lehrenden dem Gedanken einer „Hochschule“ explizit widerspricht.
  • Zumindest in den NMS-Studiengängen Curricula, die – abgesehen von den Zweitfächern, die die künftigen Lehrer dann in den Neuen Mittelschulen unterrichten sollen – großteils nicht die Vermittlung tatsächlich nützlicher Wissens- und Kompetenzinhalte gewährleisten, sondern vielmehr oft sowohl schwammig, als auch erkennbar darauf ausgerichtet sind, bestimmte Lehrende zu „versorgen“, die man aufgrund ihrer dienstrechtlichen Stellung nicht los wird.
  • Ein Großteil der Lehrenden weist keine akademische Lehrbefähigung im Sinne einer Habilitation vor, sehr viele weisen nicht einmal einen Doktorgrad auf, einige Lehrende haben überhaupt keinen akademischen Grad, sondern nur die Ausbildung als „Diplom-Pädagoge“ abgeschlossen – abgesehen davon ist der wissenschaftliche Output aus der Lehrtätigkeit von Volksschullehrern, die später einen Studienabschluss in Soziologie oder Psychologie nachgeholt haben, in den allermeisten Fällen ein recht überschaubarer.
  • Einem Teil der Lehrenden fehlt offenkundig die Fachkompetenz. Sie gestalten Lehrveranstaltungen mit dem Erzählen privater „Gschichtln“ (vom Familienleben bis hin zur Selbstbeweihräucherung hinsichtlich des eigenen früheren Wirkens in der Klasse) und/oder der Durchführung von Spielen bzw. „Übungen“ auf Kindergarten- oder Volksschulniveau. Sie tun das anstatt akademische Inhalte zu vermitteln. Beispielhaft seien etwa „gruppendynamische Übungen“ wie das Herabwerfen verpackter Eier aus dem vierten Stock des Hochschulgebäudes, eine abgewandelte Variante von „Schere-Stein-Papier“, diverse Selbstoffenbarungs-Sitzkreise oder Gruppenarbeiten zu Themen wie „Bin ich mit meinem Namen zufrieden oder wäre mir ein anderer lieber?“ genannt. All das ist keine Satire, sondern traurige Realität an einer Einrichtung, die sich selbst als Hochschule bezeichnet.
  • Der massive Einzug von Gesamtschul-Propaganda in die Curricula, der seinen Höhepunkt in der Einrichtung eigener, jeweils aus mehreren Lehrveranstaltungen bestehender, Module fand.

Diese gravierenden Probleme zu beseitigen wäre viel dringlicher, als irgendwelche propagandistische Spielereien rund um Einzelpersonen und Namen zu betreiben. Wenn nun der ehemalige amtsführende Salzburger Landesschulratspräsident Herbert Gimpl, ein Parteifreund der Ministerin, als kommissarischer Leiter der PHT eingesetzt wird, so ändert sich jedenfalls an den wichtigen Problemen gar nichts, nur der Zugriff aus Wien fällt leichter.

Mag. David Nagiller ist Jurist und angehender Lehrer.

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