Brustkrebs-Früherkennung heute

Seit Jänner 2014 werden Frauen zentral durch ein persönliches Einladungsschreiben zur Mammographie geladen; und zwar vom 45. bis zum 69. Lebensjahr. Auf Wunsch kann man zwischen 40 und 45 sowie zwischen 70 und 75 mit einem Anruf an der Hotline der Sozialversicherung in dieses System optieren.

Frauen unter 40 Jahren können nur nach einer ganz bestimmten Indikationsliste vom Arzt zugewiesen werden. Auch die Frauen ab dem 75. Lebensjahr können nur mehr über diese Indikationsliste von Ihrem Vertrauensarzt überwiesen werden.

Das führt dazu, dass Frauen über 70 durch die doch so soziale Sozialversicherung diskriminiert werden! Angeblich lohnt sich in diesem Alter kein geordnetes System mehr. Und das bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Frauen in Österreich von 83,3 Jahren. Dagegen protestieren diese Frauen zu Recht.

Auch könnte man die Frage stellen, wie viel ein Menschenleben wert ist. Die Realität nach 2,5 Monaten staatlicher Einladung ist desaströs, in Zahlen ausgedrückt nahmen rund acht Prozent der eingeladenen Frauen teil (ca.70.000 Frauen werden pro Woche eingeladen zur Mammographie zu gehen). Es ist keinerlei Besserung in Sicht, weil das alte und bewährte graue (opportunistische) Screening abgeschafft wurde und die klinisch tätigen Ärzte, ebenso wie Praktiker und Gynäkologen, fachlich weitestgehend entmündigt wurden.

Sie dürfen nur noch dann zuweisen, wenn die Frauen bereits Symptome zeigen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit zerstört man staatlicherseits den Erfolg der sehr niedrigen Mortalität bei dieser Erkrankung. Es werden tausende Karzinome (bösartige Erkrankungen) nicht oder viel zu spät entdeckt werden.

Das alte System beruhte auf Eigeninitiative und Vertrauen zum Haus- oder zum Frauenarzt. Aber der Arztkontakt ist anscheinend nicht mehr gewünscht. Die Situation ist dramatisch, da viele kleinste Tumore nicht mehr früh erkannt werden können. Je kleiner ein Tumor, desto weniger invasiv muss dieser behandelt werden und desto kleiner ist das individuelle Leid der Frau und – man höre und staune – desto niedriger sind die Kosten für die Sozialversicherung. Was wollen die Verantwortlichen eigentlich erreichen?

Es war vielleicht gut gemeint mit der zentralen Einladung, Frauen aus niedrigeren sozialen Schichten und insbesondere Migrantinnen anzusprechen. Wie man in den Ordinationen sieht, fühlen sich diese Frauen aber bisher weiterhin nicht angesprochen.

Wer im Gegensatz zu früher nicht mehr zur Mammographie geht, sind die Frauen, die bisher gewohnt waren, über Zuweisung Ihres Vertrauensarztes überwiesen zu werden.

Wie kann man Abhilfe schaffen?

Es braucht das alte und das neue System gleichzeitig. Das duale Einladungssystem, wie schon Jahre in Tirol und Salzburg geübt, soll rasch österreichweit eingeführt werden. Die Überweisung des Arztes für die Frau ohne Symptome und das zentrale, staatliche Einladungsschreiben sollen bleiben. Mit dem dualen Einladungssystem hat man die Ärzte an Bord und der Staat ist auch befriedigt.

Die Verantwortlichen sollten diese Korrektur vornehmen. Ansonsten machen sie sich mitschuldig, dass die Gefahr, an Brustkrebs zu sterben, deutlich steigen wird. Bis zur ersten Gerichtsverhandlung sollte nicht gewartet werden.

Brustkrebs ist bei weitem die häufigste bösartige Erkrankung von Frauen in Österreich. Daran werden wir mit keinem Screening etwas ändern können. Aber wir können Frühstadien und kleinste Tumore erkennen und somit den Frauen in der Regel viel Leid ersparen. Österreich war auf einem sehr guten Weg, diese Erkrankung in den Griff zu bekommen. Mit dem neuen staatlichen System gefährden wir diese mühsam errungenen Erfolge.

Dr.Leopold Schmidt, Radiologe und Brustkrebsexperte

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