Was man in der Schweiz an Abgaben zahlen muss

Es tut immer wieder gut, ins Ausland zu schauen und Systemvergleiche anzustellen. Deshalb habe ich mir die Mühe gemacht, die folgenden Beispiele zusammenzustellen. Sie zeigen in erstaunlicher Dimension, um wie viel attraktiver die Schweiz ist. Nicht nur durch die Höhe der Löhne, sondern auch durch die im Vergleich zu Österreich viel geringeren Abgaben.

Zum Vergleich analysieren wir die Lohnabrechnung für eine verheiratete Person mit Unterhaltspflicht für ein Kind ohne Kirchensteuer (ohne Bekenntnis). Für die Pensionsvorsorge (zweite Säule) wurde die Altersgruppe 35 bis 44 Jahre angenommen. Für jüngere Arbeitnehmer wären die Lohnnebenkosten nochmals um etwa drei Prozent geringer. Für ältere Arbeitnehmer wären sie zwischen fünf und acht Prozent höher. Die diversen Abkürzungen werden weiter unten erläutert. Alle Beträge sind in Schweizer Franken angegeben, 1 Euro entspricht etwa 1,2 Franken).

Beispiel 1:

Monatslohn: 6.428,60 CHF

Abzüge Prozent Absolut
AHV-Beitrag 5,150 331,05
ALV-Beitrag 1,100 70,70
BVG-Beitrag   277,50
Quellensteuer 2,240 128

Nettolohn an Arbeitnehmer: 5,621,35 CHF

Arbeitgeberkosten: 6.428,60 + 331,05 + 70,70 + 277,5 = 7.057,85 (125,55 Prozent des Nettolohnes)

Das ist beispielsweise der Lohn eines jungen Bauingenieurs im ersten oder zweiten Jahr oder einer Grundschullehrerin im zweiten Jahr.

Beispiel 2:

Monatslohn 10.000 CHF

Abzüge Prozent Absolut
AHV-Beitrag 5,150 515
ALV-Beitrag 1,100 110
BVG-Beitrag   397,62
Quellensteuer 5,25 471

Nettolohn an Arbeitnehmer: 8.506,38 CHF

Arbeitgeberkosten: 10.000 + 515 + 110 + 387,62 = 10.922,62 (128,4 Prozent des Nettolohnes)

Das verdient beispielsweise ein Bauingenieur im fünften Jahr, eine 30jährige Tierärztin mit Spezialausbildung an der Uni Zürich oder ein Gymnasiallehrer mit fünf Jahren Berufserfahrung. Die Beispiele betreffen durchwegs junge Leute, die ich persönlich kenne und die aus Österreich ausgewandert sind.

Die obigen Beispiele zeigen, dass eine Lohnerhöhung von 100 CHF netto für den Arbeitnehmer zusätzliche Kosten von 125 bis 130 CHF für den Arbeitgeber bedeuten. Dieser Faktor ist in Österreich deutlich höher.

Erläuterungen zu den Lohnbeispielen

AHV = Alten und Hinterbliebenenversicherung. Das ist die erste Säule der Schweizer Pensionsvorsorge. Sie ist als Umlagesystem gestaltet. Die Höchstrente beträgt 2.340 CHF (x 12). Es gibt beim Beitrag keine Höchstbemessungsgrundlage. Es findet hier also eine gewisse Umverteilung von Spitzenverdienern zu Kleinverdienern im Zuge der Finanzierung des AHV-Fonds statt. Es gibt in der Schweiz keine Sonderprivilegien im Umlagesystem (etwa für Beamte). Jeder ist in der AHV gleich. Höhere Pensionen gibt es nur über das BVG (siehe unten). Das obliegt aber dann den Unternehmen.

ALV = Arbeitslosenversicherung. Höchstbemessungsgrundlage 10.500 CHF Monatseinkommen. Bei höheren Einkommen steigt der Beitrag also dann nicht mehr.

BVG = Berufliche Vorsorge. Das ist die zweite Säule der Schweizer Pensionsvorsorge. Dies ist ein echtes „Ansparkonto". Die Beiträge sind als Prozentsatz des Bruttolohnes gesetzlich festgelegt. Für junge Leute betragen sie sieben Prozent, für 35-44 jährige zehn Prozent und für ältere Arbeitnehmer bis 18 Prozent. Die Kosten werden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geteilt, meist halbiert. Oft übernehmen Arbeitgeber auch bis zu 75 Prozent als freiwillige Leistung.

Die Einzahlung ist steuerfrei. Das heißt man sieht, wie viel Geld man aktuell angespart hat. Es gibt in diesem System verschiedenste Ausgestaltungen. Das hängt vom Arbeitgeber ab. Es gibt versicherte Modelle (Kapitalschutz) mit Mindestverzinsung (z.B. 1,5 Prozent) und Teilpartizipation an positiven Kapitalmärkten, es gibt unversicherte Modelle mit Totalpartizipation an Kapitalmärkten etc. Es obliegt den Mitarbeitern und den Arbeitgebern, das für die Angestellten und Arbeiter richtige Modell zu finden. Die Entscheidung wird also innerhalb des Unternehmens getroffen.

Das angesparte Kapital kann am Ende des Berufslebens mit dem sogenannten Umwandlungssatz in eine monatliche Rente umgewandelt werden. Beträchtliche Teile des Kapitals können aber am Ende des Berufslebens auch als Einmalzahlung bezogen und selbst weiter veranlagt werden, wenn man meint, man könne es selber besser.

Weiters kann man auch vorher das Kapital beziehen für:

  1. Eigenkapital für eine selbstbewohnte Immobilie,
  2. Wechsel in die Selbständigkeit und
  3. Wegzug ins Ausland. In diesem Fall wird auf das bezogene Kapital sechs Prozent Einkommenssteuer fällig.

Gegenargumente

Als Gegenargument wird oft auf höhere Lebenshaltungskosten verwiesen. Das stimmt für Städte, aber auch in der Schweiz kann man sich um die Ballungsräume wunderbar mit den Kosten runterhanteln. Wenn man in Zürich verdient und im Kanton Aargau wohnt (20 bis 40 Minuten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln), ist das Wohnen gar nicht mehr so teuer. Im Übrigen kann man ja auch alle drei Wochen nach Konstanz in Deutschland fahren, um einen Großeinkauf zu machen (50 Minuten Fahrzeit).

Gegenargument Krankenkasse

Ja, es stimmt, dass der Arbeitnehmer in der Schweiz die Krankenkasse (Grundversicherung) prinzipiell selber zahlen muss. Aber bei einem steuerpflichtigen Einkommen als Familie mit einem Kind von maximal 65.000 Franken zahlt dies auch in der Schweiz das Sozialsystem. Die Grundversicherung kostet etwa 200 bis 250 CHF pro Monat, also etwa zwei bis drei Prozent des Brutto. Selbst wenn sie der Arbeitnehmer selbst bezahlen müsste, wären die Lohnnebenkosten um Dimensionen von jenen in Österreich entfernt.

Die Schweizer Verfassung verlangt, dass die Steuern und Abgaben jedes Jahr auf die Dezimalstelle genau an die kalte Progression angepasst werden. Es gibt einfach nicht mehr Geld für den Staat, das ihm nicht zusteht. Der Staat muss daher effizienter wirtschaften. Außerdem hängt über jeder Investitionsentscheidung auf jeder Körperschaftsebene das Damoklesschwert des Volksentscheides.

Die oben dargestellten Beispiele sind aus dem Kanton Zürich, welcher absolut kein Niedrigsteuerkanton ist.

Man sollte das alles einmal den Unternehmern und den Arbeitnehmern in Österreich erzählen. Denn das ist der Grund, weshalb den Österreichern vermutlich kaum Kaufkraft bleibt. In Österreich kostet allein der Arbeiterkammerbeitrag 0.5 Prozent des Bruttolohnes für einen Arbeitnehmer. Das ist die Hälfte des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung in der Schweiz. Weshalb lassen sich die Steuerzahler und die Unternehmer, die Angestellten und alle anderen das gefallen?

Die Politik in Österreich tut leider nur eines. In Absenz des Bewusstseins um diese schlechten Standortbedingungen der Bürger hat sie es leicht, die Arbeiter und die Angestellten gegen die Reichen, also meist die Unternehmer, aufzuhetzen. Dass an ihrer schwachen Kaufkraft die Staatsquote von 52 Prozent und die kalte Enteignung schuld sind, verstehen die meisten Arbeitnehmer leider nicht.

Vermögenssteuer

In der Schweiz gibt es tatsächlich auch eine Vermögenssteuer. Allerdings in sehr bescheidener Höhe. Je nach Kanton ist diese stark unterschiedlich. Sie bewegt sich bei Vermögen von 500.000 CHF bis 1.500.000 CHF zwischen 0.03 Prozent und 0.5 Prozent. Viele Kantone haben bei dieser Vermögenshöhe eine Vermögenssteuer im Bereich von 0.1 Prozent bis 0.3 Prozent jährlich. Zusätzlich gibt es vernünftige Absetz- bzw. Freibeträge. Je nach Kanton, Zivilstand und Anzahl der unterhaltspflichtigen Kinder betragen diese zwischen 80.000 und 200.000 CHF. Umgekehrt sind interessanterweise selbst jene, die nur ein kleines Vermögen besitzen, nicht ausgenommen. Aber die Freibeträge und die Steuersätze machen die Belastung sehr gering. Dafür ist die Einkommenssteuer bei kleinen und mittleren Einkommen (bis 100.000 CHF) beinahe inexistent (siehe oben).

Ausserdem gibt es keine Kapitalerstragssteuer auf Kapitalgewinne.

Daher stört den Arbeitnehmer und den Unternehmer die Vermögenssteuer nicht wirklich. Nur für äußerst große Vermögen ist die Vermögenssteuer an sich höher. Dafür gibt es aber auch Gestaltungsmöglichkeiten, etwa über den Wegzug in einen Niedrigststeuerkanton mit sehr geringen Vermögenssteuern und diverse anderen Konstruktionen.

In der Schweiz wird es daher ermöglicht, ein Vermögen aufzubauen. Wenn man betrachtet, dass Einkommensteuersätze bei 60.000 CHF vernachlässigbar sind (also etwa 2,5 bis 5 Prozent), bei 100.000 CHF brutto Jahreseinkommen die Einkommensteuersätze bei etwa 5 bis 10 Prozent liegen (Kanton Zürich) und selbst bei 200.000 CHF brutto Jahreseinkommen die Einkommensteuersätze nur zwischen 15 und 20 Prozent liegen, dann erkennt man, dass ein Vermögensaufbau sogar erwünscht ist.

Auch ohne spezielle Gestaltung mit Stiftungen wird bis fünf Millionen Franken ein Vermögensaufbau absolut nicht behindert. Das fördert einen starken Mittelstand.

Einen Unternehmer stört die Vermögenssteuer auch aus anderen Gründen nicht:

  1. Er kann das Stammkapital aus Gesellschaften steuerfrei als Dividende ausschütten
  2. Die Besteuerung von Dividenden/Ausschüttungen ist steuerlich begünstigt, sofern man mindestens zehn Prozent am Stammkapital einer Gesellschaft hält.

Diese steuerliche Begünstigung führt zu Steuersätzen auf diese ausgeschütteten Dividenden von sieben bis 13 Prozent, je nach Wohnsitzkanton der Person, welche die Dividenden erhält. Im Endeffekt erhöht also die Vermögenssteuer die Dividendenbesteuerung etwas. Mehr aber nicht.

Die Betrachtung der gesamten Steuerlast erklärt, weshalb die Vermögenssteuer in der Schweiz zwar existiert, aber nicht wirklich störend ist. Denn in der Gesamtbetrachtung spürt man sie nicht wirklich.

Erläuterungen zur Quellensteuer

Quellensteuer zahlt ein Ausländer mit L- oder B-Aufenthaltsbewilligung (also ohne permanentes Aufenthaltsrecht). Sie ist ein Annäherungswert für die gesamte Einkommenssteuerbelastung (inkl. Gemeindesteuer, Kantonssteuer und Bundessteuer). Sie ist also die Einkommenssteuer für den Ausländer. Die Gesamtbelastung durch die Quellensteuer ist aber auch ein Annäherungswert für die Gesamtbelastung für den Schweizer Staatsbürger oder jene Personen mit permanenter Aufenthaltsbewilligung (C-Bewilligung).

Sobald der Ausländer eine C-Bewilligung hat, muss er die Einkommenssteuer auch als Arbeiter und Angestellter selbst abführen. Sie wird nicht mehr als Quellensteuer automatisch vom Lohnzettel abgezogen.

Wenn ein Ausländer mit L- und B-Bewilligung mehr als 125.000 CHF verdient, dann wird ihm die Quellensteuer schon auf dem Lohnzettel abgezogen, aber er muss sich dennoch veranlagen, das heißt eine Steuererklärung ausfüllen. Niedrige Einkommen müssen das nicht. Das heißt: Bei Einkommen über 125.000 ist für den Ausländer ohne permanente Aufenthaltsbewilligung die Wohnsitzgemeinde innerhalb des Kantons für die Steuerbelastung relevant. Denn wenn er in einer steuergünstigeren Gemeinde im Kanton wohnt, kann er aus den abgezogenen Quellensteuern durch die Veranlagung sogar noch Geld zurückbekommen.

Die Schweizer nennen die Einkommenssteuer für Ausländer deshalb Quellensteuer, weil sie an der Quelle, nämlich am Lohnzettel abgezogen wird. Man traut Ausländern, die unter fünf Jahre in der Schweiz wohnen und keine permanente Aufenthaltsbewilligung haben nicht zu, dass sie eigenverantwortlich die Einkommensteuer am Ende des Jahres selbst abführen und über das Jahr ansparen.

Dieses Misstrauen ist aber verständlich, da die Ausländer in den umliegenden Ländern ja keine Eigenverantwortung beim Abführen der Einkommenssteuer kennen, sondern diese in den anderen Ländern (etwa Österreich) immer gleich vom Lohnzettel abgezogen wird. Die Regel ist in der Schweiz aber ein Abführen der Steuern eigenverantwortlich am Ende des Jahres.

Weitere Erläuterungen

  • L-Bewilligung: Ausländeraufenthaltsbewilligung für ein Jahr
  • B-Bewilligung: Ausländeraufenthaltsbewilligung für fünf Jahre
  • C-Bewilligung: permanente Ausländeraufenthaltsbewilligung

Anton Karl (1976) ist Verwaltungsratsvorsitzender einer Schweizer Holdinggesellschaft. Er hat davor in den USA, London, Frankfurt und der Schweiz studiert und bei mehreren internationalen Banken gearbeitet. Er ist in Mistelbach geboren, war Wiener Sängerknabe und ist Mag.iur. Er ist parteilos, hegt aber Sympathie für verschiedene Positionen des Schweizer Freisinns.

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