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Der nächste totalitäre Durchgriff der EU droht

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit bereitet die EU-Kommission eine neue Richtlinie vor, die in ganz massiver Form unter dem Vorwand einer noch verschärften Gleichbehandlung die Rechtsordnung jedes Mitgliedsstaats und die Rechte jedes einzelnen Europäers schwer beschneiden wird. Von österreichischer Seite gibt es zwar Widerstand zweier anderer Ministerien. Aber das offensichtlich total ideologiegetriebene Sozialministerium ist erfolgreich dabei, eine österreichische Zustimmung zu dieser Richtlinie zu erzwingen. An Parlament, Hauptausschuss und Bundesregierung vorbei. Dabei hat in den letzten Jahren der Nationalrat schon zweimal Nein zu ähnlichen innerösterreichischen Vorstößen der SPÖ gesagt. Pessimisten fürchten, dass die ÖVP in ihrem gegenwärtigen Zustand auf die klare Möglichkeit eines Vetos verzichtet.

Die Europäische Kommission hat 2008 im Rahmen der erneuerten Sozialagenda einen Vorschlag für eine Richtlinie (RL) zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung vorgelegt (zum Vorschlag hier). Die Verhandlungsdauer von sechs Jahren hängt damit zusammen, dass die RL zwischen den Mitgliedstaaten sehr umstritten ist.

Viele Mitgliedstaaten lehnten ursprünglich die RL ab. Diese Gruppe besteht aber inzwischen nur noch aus Deutschland und der Tschechischen Republik. Aufgrund der Materie und der derzeitigen Kompetenzlage muss diese RL einstimmig von den Mitgliedstaaten beschlossen werden.

Die Kommission will damit die Gleichbehandlung in den verschiedensten Sektoren durchsetzen, unter anderem bei der Vermietung von Wohnobjekten, bei Bildung, Versicherungen etc. Sie verteidigt die Ausweitung der RL auch auf das Gebiet der Bildung damit, dass Gleichbehandlung nur auf EU-Ebene und nicht subsidiär geregelt werden könne.

Bezüglich der RL ist in Österreich das Sozialministerium federführend zuständig, da der Vorschlag in der Ratsarbeitsgruppe für Sozialfragen eingebracht wurde, die in die Kompetenz des Sozialministeriums fällt. Der Vorschlag wurde 2008 von allen österreichischen Akteuren begrüßt. Allerdings wollten einige Interessensvertreter noch Änderungen haben. Es gab und gibt allerdings noch immer zwei Ministerien, die sich dezidiert gegen den RL-Vorschlag aussprechen: Das sind die beiden Bildungsministerien für Wissenschaft sowie für Unterricht. Allerdings weiß man auch hier nicht, wie weit durch die Regierungsneubildung der Widerstand dieser beiden Ministerien aufgegeben wird. So ist ja der nunmehr für Wissenschaft zuständige Wirtschaftsminister Mitterlehner bekannt dafür, dass er für die Wünsche von Sozialminister Hundstorfer immer ein sehr offenes Ohr hat.

Die Argumente gegen den Vorschlag

Die Argumentationslinie der beiden Ministerien basiert auf rein rechtlichen Bedenken. Ideologische Gründe spielen nur eine untergeordnete Rolle, da es sich sowohl um ein schwarzes als auch um ein rotes Ministerium handelt. Die Gründe sind: 

  • Im Bereich der Kunst- und Sportstudien werden im Rahmen der Zulassungsprüfungen besondere künstlerische, aber auch körperliche Eignungen festgestellt, die Voraussetzung für das entsprechende Studium sind. Die Richtlinie würde nun die rechtliche Grundlage liefern, eine Zulassung trotz mangelnder körperlicher oder künstlerischer Voraussetzungen zu erzwingen.
  • Art. 165 des EU-Vertrags moniert eine „Förderung der Zusammenarbeit zwischen EU und Mietgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und Gestaltung des Bildungssystems“.
  • Die RL enthält Eingriffe in das EU-Primärrecht (was aber letztlich der Europäische Gerichtshof zu entscheiden hätte).
  • Es handelt sich grundsätzlich um eine Materie, die in den Nationalstaaten geregelt werden kann. Daher bedarf es keiner einheitlichen EU-Regelung (Frage der Subsidiarität).
  • Die RL stellt nationale Regelungen im Bildungsbereich in Frage, die beim Zugang zur Bildung auf das Alter, eine Behinderung, die Religion und Weltanschauung abstellen. Die Ausnahmeregelungen in der RL sind nicht ausreichend.
  • Die Gleichbehandlungsrichtlinien haben eine grundlegende Systemänderung und eine Änderung der Rollenverteilung zwischen EU und Mitgiedstaaten mit sich gebracht. Sie greifen nämlich direkt in rein inländische Sachverhalte ein, wodurch es zu einem Eingriff in diverse Rechts- und Politikbereiche kommt, die bislang nicht gemeinschaftsrechtlich betroffen waren. Daraus folgt eine umfassende Zunahme der Zuständigkeit der Gemeinschaft und eine Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten. Sogar der Bereich der auf  nationaler Ebene bestehenden Grundrechte wird durch die RL ausgehöhlt und überlagert.
  • Die RL nennt keinen einzigen Grund, warum die Regelung Bildung umfassen muss, es wird kein einziges sachliches Argument vorgebracht, außer, dass dies notwendig sei.
  • Grundrechte der Gemeinschaft sollten nur dann anwendbar sein, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist. Auch die Grundrechtecharta ist nach deren Art. 52 nur bei der Durchführung von Gemeinschaftsrecht anwendbar. Die nationalen Grundrechte würden somit die inneren Sachverhalte regeln, die EU-Grundrechte gelten nur ergänzend dort, wo nationale Grundrechte nicht wirksam werden können, nämlich bei transnationalen Sachverhalten.

Die Argumente für den Vorschlag

Das Sozialministerium führt folgende Argumente an:

  • Die beiden Bildungsministerien stellen sich dem „gesellschaftspolitischen Fortschritt“ entgegen. Sie seien ein Rückschritt in der Debatte, den das Sozialministerium in EU-Gremien nicht vertreten könne. Man befände sich dann in der Gruppe der Nein-Sager zusammen mit Deutschland und Tschechien.
  • Das Subsidiaritätsargument sei nicht ausreichend, um gegen den Vorschlag zu stimmen.
  • Eingriffe in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten durch die RL seien schon deshalb ausgeschlossen, weil das Primärrecht solche verbietet. [Anmerkung: Die RL enthält aber solche Regelungen].
  • Die Richtlinie enthalte nichts Neues, alle Inhalte seien bereits durch die Rechtsprechung des EuGH vorgegeben und im österreichischen Gleichbehandlungsgesetz niedergeschrieben [Anmerkung: Dann ist die Regelung durch eine RL entbehrlich, außerdem ist eine einschlägige Judikatur nicht bekannt. Überdies ist die Zuständigkeit des Gemeinschaftsgesetzgebers fraglich].
  • Es bedarf einer EU-Regelung, um den hohen innerösterreichischen Standard auch auf EU-Ebene zu propagieren.
  • Bildung sei ja auch in der Dienstleistungs-RL inbegriffen und unterliege selbstverständlich dem Wettbewerb [Anmerkung: Das Argument ist rechtlich falsch].

Wenn man sich die Argumentationen näher ansieht, kann man sich vorstellen, wie das Sozialministerium die österreichische Position in den EU-Gremien vertritt: nämlich gar nicht.

Anfangs belächelt, sind die Bildungsministerien zum großen Ärgernis für das Sozialministerium geworden, da sie sich nicht und nicht von der Richtigkeit und einzigen Wahrheit belehren lassen. Besonders ärgerlich für das Sozialministerium ist, dass es sich hier um eine Position sowohl eines schwarzen als auch eines roten Ministeriums handelt. Daher übt das Sozialministerium Druck aus, auf dass die beiden anderen Ministerien ihre Position aufgeben.

Bisher allerdings erfolglos. Die beiden Ministerien haben trotz Ablehnung des Vorschlags immer wieder neue umfangreiche Textvorschläge gemacht. Das Sozialministerium vertritt konsequent ohne Rücksicht auf andere Ministerien seine eigene Position.

Die RL wird auch unter der griechischen Präsidentschaft weiter verhandelt werden. Solange Deutschland und Tschechien die RL blockieren, kann sie nicht zu einem Abschluss gebracht werden. Aufgrund der neuen Regierungskonstellationen in beiden Ländern ist allerdings fraglich, ob sie ihre Position beibehalten werden. Der Vorschlag wurde in mehreren Bereichen, darunter auch im Bildungsbereich, auf Druck einzelner Mitgliedstaaten entschärft.

Das Sozialministerium ist leider völlig ideologisiert und versperrt sich jeglichen Argumenten. Auf der sozialpolitischen Ebene treten beide ablehnenden Ministerien für die Gleichberechtigung ein, doch ist Recht einzuhalten, auch wenn es sich um Gleichbehandlung handelt. Das haben leider manche in Österreich vergessen.

Der Autor bittet zu seinem persönlichen Schutz ungenannt zu bleiben.

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