Am Freitag dem 13.12. wurde das Regierungsprogramm für die Jahre 2013-2018 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ein erster Blick aus familienpolitischer Sicht ist ernüchternd.
Hauptziel ist offenbar einmal mehr der Ausbau der Kinderbetreuung, dafür werden auch beträchtliche Bundesmittel zur Verfügung gestellt (350 Mio und weitere 400 Mio für die schulische Tagesbetreuung). Unter dem Ziel „Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen“ wird das erste Mal der Ausbau der Kinderbetreuung genannt.
Das erste Vorhaben, das sich unter „Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern“ findet, stellt eine Verschlechterung dar: Es soll nämlich die Verkürzung des Anspruches auf Elternteilzeit vom siebten Lebensjahr auf das fünfte oder gar vierte Lebensjahr geprüft werden, „parallel zum Ausbau der Kinderbetreuung“. Die Einführung eines Papamonates mit Auszahlung von vorgezogenem Kinderbetreuungsgeld wird ebenfalls nur „geprüft“, diskutiert wird diese Maßnahme ja schon seit Jahren, ein weiterer Prüfungsbedarf ist mir nicht ersichtlich.
Im eigentlichen Kapitel „Familienpolitik“ gibt es zuerst ein bisschen Lyrik („Österreich ist ein kinderfreundliches Land“), dann geht es aber auch wieder um die Kinderbetreuung. Neu ist, dass statt außerfamiliärer Kinderbetreuung nun euphemistisch von „elementarpädagogischen Einrichtungen“ die Rede ist. Diese sollen nämlich quantitativ und qualitativ „weiterentwickelt“ werden. Dafür werden vom Bund 350 Mio Euro zur Verfügung gestellt. Positiv ist zu vermerken, dass auch die Tageselternbetreuung ausgebaut werden soll und künftig endlich in der Statistik berücksichtigt wird.
Ein zweites kostenfreies Kindergartenjahr soll eingeführt werden, also für die vier- bis fünfjährigen Kinder. Verpflichtend offenbar nur, wenn bei Sprach- und Entwicklungsdefiziten Fördermaßnahmen nicht in Anspruch genommen werden. Für alle Kinder im Alter von vier Jahren soll der Entwicklungsstand „umfassend festgestellt“ werden.
Beim Ziel „Finanzielle Unterstützung von Familien und Kindern“ bleibt das Regierungsprogramm undeutlich. Konkret wird nur genannt, dass das pauschale Kinderbetreuungsgeld zu einem flexiblen „KBG-Konto“ werden soll. Das ist offenbar ein weiterer Anreiz zur möglichst frühen Rückkehr der Mütter in den Erwerb. Der Wegfall der Zuverdienstgrenze wird „beraten“ – nun, das wird schon seit 2002 beraten und gefordert.
Und was ist mit einer Erhöhung der Familienbeihilfe? Der Wertanpassung an die Inflation? Dem im Wahlkampf versprochenen steuerlichen Kinderfreibetrag von 7.000 Euro jährlich? Leider nein. Lediglich das Ziel, die Familienförderung zu „bündeln, transparenter zu gestalten und den Familien breit zugänglich zu machen“ wird festgelegt, was immer das auch bedeuten mag. Im Gegensatz zum Ausbau der Kinderbetreuung wird bei der Familienbeihilfe und der Steuer kein einziger Euro versprochen. Für den Familienlastenausgleichsfonds werden nicht näher genannte „Reformoptionen“ geprüft, das kann eigentlich nach der bisherigen Erfahrung nichts Gutes bedeuten. Im Bereich der Steuer wird lediglich gesagt, dass im Rahmen einer möglichen Steuerreform die Familien besonders berücksichtigt werden sollen. Keine Rede von konkreten Verbesserungen.
Nochmals wird eigens das Ziel der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf genannt. Immerhin bei „gleichzeitiger Wertschätzung der Familienarbeit und echter Wahlmöglichkeit“. Dabei werden auch „verstärkte Beratungsmaßnahmen“ bei ungewollten Schwangerschaften genannt, offenbar ein zaghafter Hinweis auf begleitende Maßnahmen zu den Abtreibungen in Österreich.
Im Kapitel „Bildung“ wird nochmals eigens das „Barcelona-Ziel“ (33 Prozent Betreuungsquote für Kleinkinder) genannt. Dazu bemerke ich nur, dass dieses „Ziel“ keinerlei Verbindlichkeit besitzt und auf die entsprechende Nachfrage Bezug nimmt. Zum zweiten Mal werden die 350 Mio Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung festgelegt.
Beunruhigende Vorhaben finden sich noch beim Ziel des Ausbaus von ganztägigen Schulformen. Zur „Verbesserung der Wahlfreiheit“ soll an jedem Schulstandort „neben einer Klasse mit nicht verschränkter Form mindestens eine Klasse pro Schulstufe in verschränkter Form ganztägig geführt werden“. Früher sagte man zur verschränkten Form „Zwangstagsschule“. Es ist offenbar nicht mehr vorgesehen, dass die Eltern, so wie in der derzeitigen Rechtslage, hier mitbestimmen können, ob und wie lange sie ihre Kinder ganztags in die Schule geben wollen. Für den Ausbau der Ganztagschule sind 400 Mio Euro vorgesehen.
Die familienpolitischen Vorhaben der neuen Bundesregierung sind enttäuschend: Keine Wertanpassung der Familienförderung, keine konkreten Erhöhungen, keine Entlastung des Familienlastenausgleichsfonds, keine steuerliche Gerechtigkeit ist vorgesehen, lediglich die Einbahnstraße Kinderbetreuung (im Interesse der Wirtschaft) wird weiter befahren. Damit wird es die neue Familienministerin schwer haben ein familienpolitisches Profil zu erhalten, das der ganzen Wirklichkeit österreichischer Familien gerecht wird.
Mag. Dr. iur. Peter Pitzinger ist Familienvater von fünf Kindern, Jurist und als Beamter tätig.