Die völlig absurden neuen Vorhaben unserer „Bildungsverhandler“ zeigen leider, dass ständig absolut inkompetenten Politiker dieser wichtige Bereich anvertraut wird, denen auch noch der ganz normale Hausverstand fehlt. Genau diese Idee, die Grundschule um zwei Jahre zu verlängern (bei uns soll es dann ganz modern „Orientierungsstufe“ heißen), wurde in Deutschland in einigen Bundesländern bereits umgesetzt und die Ergebnisse eines Vergleichs mit Daten einer Studie des Max-Planck-Institutes lesen sich so:
„Grundlage des Vergleichs war der Leistungsstand, der am Anfang des siebten Jahrgangs bei mehr als 1.000 Berliner und Bremer Gymnasiasten in Deutsch, Englisch und Mathematik vorgefunden worden war. Diese Schüler hatten zuvor sechsjährige Grundschulen besucht. Die andere Grundlage war der entsprechende Leistungsstand von mehr als 11.000 Gymnasiasten, die in den übrigen Bundesländern nach vierjähriger Grundschule schon zwei Jahre früher aufs Gymnasium gekommen waren."
Für eine effiziente Förderung leistungsstärkerer Schüler gibt es – zumindest in Deutschland – deutliche Grenzen der Heterogenität. Nur die frühe, mit dem fünften Jahrgang einsetzende Differenzierung nach Schulformen ermöglicht eine begabungsgerechte Förderung leistungsstärkerer Schüler. Die Behauptung, es könnte die Leistungsfähigkeit weiterführender deutscher Schulen dadurch gesteigert werden, dass auch in den fünften und sechsten Jahrgängen noch mit undifferenzierten Klassen gearbeitet wird, ist von der Bildungsforschung längst widerlegt worden; und zwar durch die Feststellung, dass die verfügbare Lernzeit dann nicht optimal genutzt werden kann. Schüler – und Lehrer – geraten in solchen Schulen unter das Niveau ihrer Möglichkeiten.
Die Ergebnisse der im Frühjahr 2008 veröffentlichten „ELEMENT-Studie“ bestätigen diese Erkenntnisse. Professor Lehmann formulierte das Resultat in einem Interview folgendermaßen: „Wer eine sechsjährige Grundschule anrät, nimmt nach allem, was wir wissen, unter den gegenwärtigen Verhältnissen billigend in Kauf, dass leistungsstarke Kinder langsamer lernen.“ (DIE WELT, 05.04.2008)
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Ich würde eigentlich erwarten, dass man sich alle möglichen bisherigen Erkenntnisse holt, wenn man ein wichtiges Kapitel wie z. B. die Bildung in unserem Staat verhandelt. Leider ist das in keiner Weise der Fall. Ich habe den Eindruck, unseren Politikern geht es nur um ihre eigene Profilierung, ihren Einfluss, ihre Macht und natürlich auch ihren Geldbeutel. Eine Schande, dass wir uns solche Erkenntnisse nicht zunutze machen, sondern – ich unterstelle aus Desinteresse oder aus parteitaktischem Kalkül – Räder neu erfinden wollen, von denen andere längst erkannt haben, dass sie nicht fahren.
Statt tatsächlich endlich (wieder) einen Eignungstest für die AHS einzuführen (oder z. B. die Ergebnisse der Bildungsstandardtestungen dafür zu verwenden) und damit zu gewährleisten, dass wirklich nur entsprechend begabte Kinder diesen Schultyp besuchen – den sie dann auch ohne massenhaft Nachhilfeunterricht bewältigen können – wird das Bildungsniveau mit ständig neuen und immer noch krauseren Ideen hinuntergeschraubt. Diese quasi zweijährige Verlängerung der Volksschule passt da super dazu. Aus dieser Volksschule kommt jeder fünfte Schüler heraus, ohne dass er Sinn erfassend lesen kann und ohne, dass er die Grundrechnungsarten beherrscht. Und das wollen sie verlängern?
Heidi Walkner ist eine langjährige Lehrerin an Hauptschulen und dann an einer Neuen Mittelschule.