Buchrezension: Hört auf zu heulen

Nach „Prolokratie“ legt Christian Ortner eine weitere politisch inkorrekte Streitschrift vor. Das Buch läuft über von beißender Kritik an den im real existierenden Wohlfahrtsstaat herrschenden Ansichten und Befindlichkeiten der unangefochten über die Deutungshoheit verfügenden (linken) Dressureliten.

Diesen hält der sehr pointiert formulierende Autor anhand von Themenkomplexen wie Entwicklungshilfe, Umweltpolitik, gesetzlicher Mindestlohn und Bildungssystem einen Spiegel vor, in dem ganz und gar nichts Erfreuliches zum Vorschein kommt. Gut gemeint, so seine zentrale These, bedeutet meist das Gegenteil von gut gemacht.

Wobei mit gut gemeint primär die Verbesserung der jeweils eigenen moralischen Verfassung hauptberuflicher Bessermenschen gemeint ist, nicht aber deren vorgebliches Ziel, die Welt zu verbessern und Unterprivilegierten zu einem besseren Leben zu verhelfen. Denn oft genug entpuppt sich der von der rotgrünen Intelligenzija vermeintlich für das Gute geführte Kampf als nichts weiter als eine listig getarnte, hocheffiziente Vertretung ureigenster Interessen.

Angesichts verbesserungswürdiger Umstände in „kapitalistischen“ Ländern (die gegen rosarote Bilder vom gemeinwohlorientierten Alle-Menschen-werden-Brüder-multikulti-Utopia kontrastiert werden) fortgesetzt in Tränen auszubrechen und jeden Verstand zugunsten nobler Gefühle auszuschalten, bringt niemanden weiter.

  • Dass zum Beispiel Mindestlöhne dazu geeignet sind, Schlechtqualifizierte zu unmündigen Dauerklienten der Sozialbürokratie zu degradieren;
  • Dass Entwicklungshilfe letztlich stets auf eine Umverteilung von den Armen in reichen Ländern zu den Reichen in armen Ländern hinausläuft – mit der traurigen Konsequenz einer Zerstörung der letzten funktionierenden Strukturen in den Empfängerländern;
  • Dass ambitionierte Umweltpolitik in vielen Fällen das exakte Gegenteil des Intendierten bewirkt;
  • Dass ungebremste Zuwanderung aus Ländern der Dritten Welt in die Wohlfahrtsstaaten Europas deren soziale Destabilisierung mit sich bringt:

Das alles wollen oder können die selbsternannten „Guten“ nicht zur Kenntnis nehmen.

Wenn Europa im Wettbewerb mit den USA, Fernost und den Schwellenländern im Rest der Welt bestehen will, wird ein radikaler Kurswechsel nötig sein. Sentimentale Heulsusen und marktferne Sozialromanantiker werden diesen mit Sicherheit nicht hinbekommen. Der Kurswechsel kann nur gelingen, „…wenn jene Politik der Gefühle, die im Namen der „sozialen Gerechtigkeit“ soziale Ungerechtigkeit herbeiführt, durch eine faktenbasierte Politik ersetzt wird, auch wenn sich das nicht so gut anfühlt.“

Eine erfrischend boshafte, in allen Punkten zutreffende Polemik.

Hört auf zu heulen
Christian Ortner
Verlag Edition a, 2013
ISBN 978-3-99001-063-1
143 Seiten, gebunden
16,95,- Euro

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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