Die Verwerfungen auf den internationalen Energiemärkten geben schon seit einiger Zeit Anlass zur Sorge. Experten gibt es viele, die mit guten Ratschlägen zur Stelle sind oft sind ihre Aussagen allerdings falsch, die Wirklichkeit sieht ganz anders aus.
Was sind nun die Falschaussagen? Eine interessante Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney gibt hier Aufschluss.
- Laut IEA (internationaler Energie-Agentur) werden die fossilen Energien weit höher gefördert als die „Erneuerbaren“, nämlich mit 523 Milliarden (2011) zu nur 88 Milliarden. Das stimmt so nicht; die Zahl kommt nur zustande, weil einige Länder Benzin und Gas im Inland weit unter den Gestehungskosten verkaufen. Allein der Iran wendet 82 Milliarden auf, um Öl, Gas und Strom an die Bevölkerung billig zu verkaufen (diese Summe entspricht fast der gesamten Subventionierung der Erneuerbaren). Ähnlich ist es in Saudi-Arabien (wo Treibstoff quasi verschenkt wird), Russland, Indien und China. Nur 20 Länder sind für 91 Prozent der weltweiten Subventionen verantwortlich.
Würde man diese Zahlen bereinigen, wäre die Subventionierung der „Fossilen“ genau so hoch wie jene der Erneuerbaren (57 Prozent der Grünsubventionen entfallen dabei auf die EU). - Kernstück der Klimapolitik ist die Reduzierung des CO2 Anteils – 40 Prozent entfallen dabei auf die Stromerzeugung. Das Problem ist nach wie vor der hohe Anteil der Stromerzeugung aus Kohle, der weltweit bei 33 Prozent liegt und für 71 Prozent der Emissionen verantwortlich ist – für die EU gelten ähnliche Zahlen. Speziell in Deutschland glaubt man dieses Problem durch Wind und Sonne lösen zu können. Klingt gut, ist aber ein viel zu teurer Weg – es gibt weit kostengünstigere Lösungen (was für den Strompreis gut wäre). Ersetzt man 100 Gigawatt Kohlekraftwerke durch Windkraftwerke, so kostet das 360 Milliarden und bringt eine Einsparung der Emissionen in Höhe von 680 Millionen t CO2, pro Tonne CO2 bedeutet dies Kosten von 529 Euro. Würde man diese Kohle- durch moderne Gaskraftwerke ersetzen, würde man 453 Millionen t CO2 einsparen, allerdings mit Kosten von bloß 70 Milliarden Euro – das heißt 154 Euro pro t. Das heißt für eine Tonne CO2-Vermeidung muss mehr als dreimal so viel Geld aufgewendet werden. Effizienz kann man somit den Erneuerbaren nicht nachsagen.
- Aber reichen die Fossilen aus, um langfristig eine Versorgung sicherzustellen? Hier hat es in den letzten Jahren eine völlig Umkehr der Vorzeichen gegeben. Die Diskussion über Peakoil und Peakgas ist völlig verstummt. Die Vorräte von Öl, Gas und Kohle reichen nach heutigem Stand locker bis ins Jahr 2200. Die Reichweite von Öl beträgt 85 Jahre, zählt man unkonventionelles Öl dazu, sogar 186 Jahre. Bei Gas lauten die Zahlen 133 und 230 Jahre. Die Kohlevorräte reichen noch für 140 Jahre. Die Versorgungsfrage ist somit vom Tisch.
Nicht allerdings die Preisfrage, vor allem bei Gas. 2005 waren die Gaspreise in Europa noch unter jenen der USA. 2008 fand dann die Wende statt. Durch den Vormarsch von Schiefergas bröckelten die Gaspreise in den USA von acht Dollar auf drei Dollar ab (was nicht kostendeckend ist), in Europa blieben sie ungefähr auf dem Niveau von zehn Dollar (Zahlen für 2012). Das schafft signifikante Wettbewerbsnachteile für die europäische Wirtschaft. - Wie es mit der Energiewende in Deutschland weitergeht, wird sich in Kürze zeigen und Auswirkungen auf ganz Europa haben. Wobei eines klar sein muss: Eine Neuorientierung der Energiewende bedeutet auch eine Steuerwende. 300 Milliarden nehmen die EU-Staaten mit Umweltsteuern ein. Steuern sind nicht nur eine wichtige Einnahmequelle in den Förderländern, sondern auch in den Verbraucherländern. Für Deutschland bedeutet das fast 60 Milliarden, für Österreich mehr als 7 Milliarden an Einnahmen pro Jahr (vor allem bei den Energiesteuern langt die heimische Politik recht kräftig zu).
- Dass in Deutschland etwas passieren muss, ist unbestritten. Die Kapazitäten für die Stromerzeugung sind bereits doppelt so hoch wie der Stromverbrauch. Das führt dazu, dass die Stromexporte drastisch gestiegen sind (zu sehr schlechten Preisen), die weit kostspieligeren Importe sind etwas zurückgegangen. Trotz des hohen Handelsüberschusses ist der Saldo mit rund 1,5 Milliarden Euro negativ. Das heißt Deutschland subventioniert die Nachbarstaaten, die billigen Strom kaufen und teuren Strom liefern. Österreichs Stromhandelsbilanz bringt dagegen Gewinne.
- Fazit: Energiepolitik sollte nur ein Ziel – CO2-Reduktion – und nicht mehrere haben. Um und Auf ist dabei ein funktionierender Zertifikatehandel, das heißt es müssen langfristig Zertifikate aus dem Markt genommen werden. Erst wenn die Zertifikate 40 Euro kosten (derzeit unter fünf Euro) können Gaskraftwerke wieder angeworfen werden. Die Einspeiseförderung sollte in eine Investitionsförderung umgewandelt (gibt es teilweise in Österreich bereits), der Einspeisevorrang abgeschafft werden.
- Derzeit wird in Deutschland unkontrolliert investiert, die Nachbarländer, wie Österreich, sind die Nutznießer, zumindest was die Strompreise betrifft. Kopfzerbrechen bereitet allerdings, dass derzeit Investitionen in Gas- und Wasserkraftwerke nicht mehr kostendeckend sind und daher unterbleiben. Die Bilanzen der Stromkonzerne sind aus dem Lot geraten.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.