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Eva und das Lamm

Hans Dichand, einst nach dem Erfolgsrezept seiner Kronenzeitung gefragt, antwortete: Kinder, Mädchen, Tiere! Die ebenso einfache wie erfolgreiche Formel hat sich jahrzehntelang bewährt. Kein Wunder, wer findet kleine Hundewelpen oder neu geborene Katzenbabys nicht schrecklich süß. Die Krone hatte deshalb immer ein Herz für Tiere und immer viele süße Fotos von flauschigen Vierbeinern.

Auch kleine Kinder kommen bei fast allen Zielgruppen (ausgenommen vielleicht bei linken Genderfrauen) stets gut an. Und wenn das kleine Mädchen dann auch noch ein Dirndl anhat, in einer duftenden Blumenwiese steht und ein knuddeliges Kaninchen im Arm hält, dann, ja dann ist das perfekte Krone-Titelbild für Ostersonntag im Kasten. Und mit „Mädchen“, meinte Herr Dichand natürlich die barbusigen Frauen auf Seite sieben seiner Zeitung. Aber dass „Sex Sells“ ist ohnehin bekannt.

Die Grünen scheinen in der Wahlkampfendphase das Erfolgskonzept von Hans Dichand für ihre neue Plakatwelle kopiert zu haben. Da knuddelt etwa Eva Glawischning, die nun ganz volksnah nur noch EVA heißt, lächelnd ein süßes Lämmchen. Ja da geht einem regelrecht das Herz auf. Kitschiger geht’s nimmer.

 

Kurios ist dabei, dass linke Genderfrauen seit einiger Zeit auf europäischer und nationaler Ebene eine Kennzeichnungspflicht (oder gar ein Verbot) von zu stark nachbearbeiteten Werbefotos fordern. Das „Eva-mit-dem-Lämmchen-Plakat“ wäre von dieser Regelung zweifellos betroffen. Denn die durch den Politikalltag schon etwas faltig gewordene Glawischnig strahlt um mindesten 15 Jahre verjüngt von den Plakatwänden. Darunter die Slogans: „saubere Umwelt“ und „saubere Politik“. Aber bei den Fotos, da darf man schon ein bisserl schummeln, gelle!

Wären die Plakate nicht von den Grünen, hätten Journalisten und Kleinkünstler ohnehin schon laut aufgejault, denn die kitschigen Sujets sehen aus, als hätte sie der Regisseur der Hansi Hinterseer Heimatfilme kreiert. Man stelle sich vor, Doris Bures mit einem Dalmatinerwelpen im Arm, Gabriele Heinisch-Hosek mit einem jungen Bonobomännchen an der Hand oder Maria Fekter mit einem Kälbchen auf der Alm. Aber bei den Grünen geht so etwas problemlos rein. Denn Eva kümmert sich um all ihre Schäfchen. Ob der religiöse Subtext des Plakats von den Grünen intendiert oder bloß im Übereifer des Wahlkampfgefechts entstanden ist, lässt sich nur schwer beantworten.

Aber Eva knuddelt auf ihren Plakaten nicht nur süße Lämmchen, auch kleine Kinder müssen zwecks Stimmenmaximierung dran glauben. Die lieben kleinen Mädchen und Buben, mit denen Eva auf den Plakaten herumtollt, sehen alle aus, als ob sie Lena-Sophie, Maximilian oder Anna heißen würden, nach Aischa und Klein-Mustafa sucht man auf den idyllischen Grünplakaten hingegen vergeblich.

Das zeigt zweierlei. Zum einen die Verlogenheit der Grünen und zum anderen in welchen Gewässern die Ökos nach Wählern fischen, nämlich im linken Kleinbürgertum. Die bildlichen Heilsbotschaften an das mittlerweile von Zukunfts- und Abstiegsängsten geplagte Milieu (der Staat hat immer weniger Geld, diese Menschen via Sozial-, Integrations-, Psycho- oder Asylindustrie finanziell zu versorgen) ist klar: Geborgenheit, Sicherheit, Zuversicht und sogar etwas heimatliche Idylle. Im Wahlkampffinale lässt man die linken Öko-Gender-Multikulitivisionen kurzfristig lieber im Keller.

Fröhliche autochthone Kinder in intakter Natur, eine gütig lächelnde Parteichefin mit einem Lämmchen. So eine Plakatserie könnte genauso gut von einer bösen „rechtspopulistischen“ Partei stammen. Aber es geht den politisch korrekten Moralaposteln in den Medien eben nicht darum, was für Botschaften und Inhalte transportiert werden, sondern wer es tut. „Der Standard“, das Leib- und Magenblatt der Grünwähler, attestiert den grünen Wahlplakaten gar „hintergründigen Witz“ („Wir brauchen mehr Bildunk“ Pardauz, wie hintergründig).

Und weil man gemäß dem Dichandschen Erfolgskonzept auch nicht auf die Sex Sells-Komponente verzichten will, haben die Grünen einen Wahlkampfspot produziert, in dem Männer mit Männern, Frauen mit Frauen und sogar Männer mit Frauen Sex haben. Allerdings, politisch ganz korrekt – oder sollte man sagen bieder – sind die Frauen, im Gegensatz zu den Männern, nur in Unterwäsche zu sehen. Nackte Frauenbrüste wie in der Kronenzeitung sind bei den genderbewegten Grünen mittlerweile tabu.

Der Spot wird auch nicht zu sehr promotet, schließlich will man die neuen Wählerschichten, die man mit heiler Natur, süßen blonden Kindern und kuscheligen Tieren ködern will, nicht mit kopulierenden Bodybuildern und den tatsächlichen politischen Zielen und Visionen der Partei überfordern.

Das kann man, wenn man endlich mit Hilfe von süßen Kindern, Lämmchen und der SPÖ an den Futtertrögen der Macht angelangt ist, immer noch tun.

Mag. Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. 2012 ist „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute" im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen. Derzeit arbeitet er an einem Buch über Geschichte, Politik, Ideologie und Ziele der österreichischen Grünen.

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