Die Torheit der Regierenden: Waffenregistrierung

Wer Barbara Tuchmanns im Jahr 1984 (!) erschienenes Buch „The March of Folly“ gelesen hat, weiß, wie vielfältig sich die Idiotie machttrunkener Eliten manifestieren kann. „Richtlinie 2008/51/EG“ heißt das Machwerk, in dem sich – einmal mehr – der Überwachungs- und Kontrollfetischismus des Europäischen Parlaments in beispielhafter Weise niederschlägt. Ehe die Damen und Herren europiden Überwachungsfanatiker sich an die Erfassung von in Privathaushalten lagernden Unterhosen, Rasierklingen, Zahnstochern und Bohrmaschinen machen, sollen demnach zunächst die Waffen registriert werden. Denn, so hören wir: Waffen töten und sind daher böse – mit Ausnahme derer natürlich, welche wackere Staatsdiener dazu benutzen, einheimische Zivilisten und/oder uniformierte Ausländer zu bedrohen oder niederzuschießen. Auch jene legal erstandenen Waffenbestände, von denen nationale und supranationale Behörden bislang keine Kenntnis haben, sind betroffen.

Angesichts der vermuteten Zahlen ein beachtliches Vorhaben. Überdies tickt die Uhr täglich lauter, denn bis Ende Juni 2014 soll die Sache abgeschlossen sein. Mehr als die Hälfte der seit dem ersten Oktober 2012 laufenden Frist ist also bereits wieder vorbei.

Kenner wissen: „Dies Österreich ist eine kleine Welt, // In der die große ihre Probe hält.“ Sollte das auch auf das heiße Bemühen der EU-Nomenklatura zutreffen, den Waffenbestand in Euroland möglichst lückenlos zu erfassen, dürfte eine veritable Blamage bevorstehen. Georg Zakrajsek von der „Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich“ (IWÖ), schätzt den in der Alpenrepublik vorhandenen Bestand an registrierungspflichtigen Waffen auf mehrere Millionen Stück. Nach Angaben des Innenministeriums wurden nach seinen Informationen bis Anfang August gerade einmal 60.000 davon im „Zentralen Waffenregister“ (ZWR) erfasst. Erinnerungen an den Flop mit den „Pumpguns“ (deren Erwerb und Besitz im Zuge einer Waffenrechtsnovelle anno 1996 verboten wurde) werden wach.

Damals erging an jene Bürger, die derartige Waffen besaßen, das Angebot, diese zu melden und fortan legal besitzen zu dürfen. Rund 2.000 Personen machten von dieser Offerte Gebrauch. Bei insgesamt geschätzten 40.000 Betroffenen waren das ganze fünf Prozent. Dass von den 95 Prozent somit illegal gewordenen Waffen seither keine einzige zur Begehung einer Straftat verwendet wurde, wirft ein grelles Licht auf die Plausibilität des von den politischen Eliten vorgebrachten Hauptarguments für die Meldung: die angebliche Steigerung der Sicherheit. Dass staatliche Zusagen das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen, ist durch den Umstand erwiesen, dass die gemeldeten „Pumpguns“ weder weiter veräußert noch vererbt werden dürfen – was eine entschädigungslose Enteignung bedeutet, von der zuvor natürlich keine Rede war.

In der Tat muss man schon recht seltsame Kräuter rauchen, um auf Idee zu kommen, dass die Registrierung eines Gegenstandes dessen möglichen Missbrauch verhindern könnte. Mehr als die Hälfte aller Bluttaten werden schließlich mit Messern begangen. Nicht einmal Frau Kallenbach von den Deutschen Grünen (die maßgeblich für die genannte Richtlinie verantwortlich zeichnet), wäre wohl schwindelfrei genug anzunehmen, dass eine amtliche Erfassung von Messern einen Beitrag zur Hebung der Sicherheit zu leisten imstande wäre. Wenn aber eine Registrierung von Messern, Baseballschlägern, Waldäxten oder Vorschlaghämmern mutmaßlich nichts bringen würde – weshalb sollte sich das bei Feuerwaffen anders verhalten? Das Beispiel der „Pumpguns“ in Österreich spricht Bände…

Selbst wenn nicht unterstellt wird, dass die Datenerfassung in Wahrheit ganz anderen Zielen dient, sind einige schwerwiegende Fehler in den Überlegungen der Kontrollfreaks offensichtlich: So argumentieren Behördenvertreter zum Beispiel gerne mit dem einfachen „Knopfdruck“, mithilfe dessen sie fürderhin befähigt wären, nach einem Kriminalfall den Besitzer einer Waffe identifizieren zu können. Diese Überlegung ist gleich mehrfach unsinnig. So wird etwa vorausgesetzt, der Täter würde seine Waffe freundlicherweise am Tatort zurücklassen – was überaus selten der Fall ist. Selbst dann aber führte dies nur dann zur Ausforschung des Täters, wenn es sich um eine tatsächlich amtlich registrierte Waffe handelte.

Bewaffnete Kriminelle neigen indes – elende Spielverderber die sie nun einmal sind – nur in Ausnahmefällen dazu, ihre Tatwerkzeuge vor der Begehung den Behörden anzuzeigen. Außerdem würde es, selbst wenn das bei einer Untat verwendete Kaliber einer Waffe oder – in besonderen Glücksfällen – sogar der Waffentyp festgestellt werden könnte (was sehr unwahrscheinlich ist), die Behörde angesichts vieler Tausend in Frage kommender Stücke kaum weiterbringen. Oder ist in solchen Fällen etwa daran gedacht, in Tausenden Haushalten unbescholtener Waffenbesitzer Beschlagnahmen zwecks ballistischer Untersuchung deren Eigentums vorzunehmen? Vermutlich (vorerst) nicht. Fazit: Wenn der Täter nicht so nett ist, mit dem sprichwörtlichen, noch rauchenden Colt in der Hand auf das Eintreffen der beamteten Freunde und Helfer zu warten, nutzt das Waffenregister für die Tataufklärung nicht mehr als ein angestrengter Blick in den Kaffeesud. Der sich auf „Knopfdruck“ einstellende Erfolg ist reine Chimäre.

Keine Chimäre sind allerdings die Kosten dieses bürokratischen Amoklaufs. Angesichts der gewaltigen Größe der zu erfassenden Datenmenge (Besitzer, Standort, Waffentyp, Hersteller, Kaliber, Seriennummer, etc.) und des in der Folge zu leistenden Kontrollaufwandes, kann sich der Steuerzahler auf einen ganz hübschen Aderlass gefasst machen. Die keineswegs abwegige Sorge vieler Betroffener, die hohe Politik könnte am Ende auf die Idee verfallen, den entstehenden Kontrollaufwand in Form einer „Überprüfungsgebühr“ oder „Waffensteuer“ den präsumtiven Opfern dieses personalintensiven behördlichen Veitstanzes aufzubürden, wird gewiss das seine dazu beitragen, die Aktion zu einem vollen Erfolg werden zu lassen.

In Kanada, wo sich die Regierung bereits vor geraumer Zeit angemaßt hatte, ihren Bürgern im Hinblick auf ihren Waffenbesitz nachzuschnüffeln, wurde die ganze Chose, nachdem dadurch Kosten von sagenhaften zwei Mrd. kanadischen Dollar (rund 1,45 Mrd. Euro) entstanden waren, wegen erwiesener Erfolglosigkeit längst sang- und klanglos abgeblasen. Offensichtlich kann die politische Elite der EU nicht umhin, die nämliche Erfahrung wiederholen zu müssen … Es geht ja schließlich nur um das Steuergeld der Bürger.

Natürlich ist es Unsinn zu meinen, die Machthaber würden tatsächlich an einen Sicherheitsgewinn durch Waffenregistrierung glauben. Es geht in Wahrheit um etwas völlig anderes. Wie auch beim Kampf gegen den CO2-Ausstoß, gegen das Bargeld, gegen das Rauchen, gegen Glühbirnen, fettige Ernährung und gegen „Steueroasen“, geht es einzig und allein um eine lückenlose Überwachung und Gängelung, sowie die Enteignung und Entmündigung des Bürgers. Der hat sich untertänig in seine Rolle als ewig von Regierung und Bürokratie abhängige, hilflose Marionette zu fügen. Gedacht und gesteuert wird von den Brüsseler Spitzen, nicht von Otto Normalverbraucher in eigener Sache. Behördliche Anmaßung in Reinkultur.

Der Kampf gegen den privaten Waffenbesitz – und genau darum handelt es sich bei der Registrierungskampagne – ist ein weiteres von der Freiheits-Salami abgesäbeltes Scheibchen. Hätten die Regierenden es gewagt, die Bürger auf einen Schlag mit all den Ungeheuerlichkeiten zu konfrontieren, die man ihnen in den letzten fünfzehn Jahren peu à peu zugemutet hat, wären sie vermutlich mit den sprichwörtlichen nassen Fetzen aus dem Amt gejagt worden oder hätten wie weiland Kriegsminister Theodor Graf Baillet de Latour im Oktober anno 1848 geendet. Größte Vorsicht ist geboten. Wer sein rechtmäßig erworbenes Eigentum noch länger behalten und von Nachstellungen des Leviathans verschont bleiben möchte, sollte sich gut überlegen, was er bis 30. Juni 2014 tut…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien. 

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