In allen Bereichen der Wirtschaft müssen sich Mitarbeiter untereinander abstimmen und Informationen austauschen, um gemeinsam zu vernünftigen Entscheidungen zu kommen. In vielen Arbeitsbereichen verbringen sie mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit in Besprechungen. Wenn beispielsweise acht Mitarbeiter an einer einstündigen Besprechung teilnehmen, kostet dies acht Arbeitsstunden. Stehen die Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen?
Eine Befragung von 230 Führungskräften in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die im Auftrag der Wirtschaftsakademie AFW Bad Harzburg durchgeführt wurde, lässt den Schluss zu, dass man weniger von einem Besprechungswesen als von einem „-unwesen“ sprechen muss. So beklagten 56 Prozent der Befragten, dass es keine klaren Prioritäten in der Tagesordnung gäbe. Und nur die Hälfte derjenigen, die an einem Tisch sitzen, vermag überhaupt ein Besprechungsziel zu erkennen.
„Wenn Probleme auftauchen“ so gaben vierzig Prozent der Teilnehmer an, „wird nach den Schuldigen gesucht und weniger nach den Lösungen“. Auf der Bewertungsskala ganz oben rangiert die Aussage: „Triviale und wichtige Fragen nehmen oft gleich viel Zeit in Anspruch“, gefolgt von „Oft schweifen wir vom Thema ab“ sowie „Wir halten nicht fest, was wir bis zum Ende einer Sitzung erreicht haben wollen“. Aber auch Aussagen wie: „Die Besprechungsergebnisse werden nicht konsequent genug in die Praxis umgesetzt“ und „Wir stimmen uns nicht ab, welche Tagesordnungspunkte Vorrang haben“ werden getroffen. Einige dieser Probleme würden bei mehr Disziplin während der Besprechungen nicht auftreten.
Interessant ist, dass Aussagen, die das Führungsverhalten der Vorgesetzen kennzeichnen, wie zum Beispiel: „Wir haben das Gefühl, dass der Vorgesetze mit vorgefassten Meinungen in die Besprechung geht, von denen er sich nicht mehr abbringen lässt“ relativ weit unten rangierten. Auch Punkte wie „Kaum ein Teilnehmer wagt offen und ehrlich seine Meinung zu sagen“, „Es spricht vor allem immer nur der Vorgesetzte“ werden selten als Problem genannt.
Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass die Effizienz von Besprechungen rasch erhöht werden kann, wenn die Tagesordnungspunkte nach Prioritäten geordnet und ein sinnvolles Zeitmanagement in den Besprechungen eingeführt wird.
Christian Freilinger, Mag. Dr., geboren in Linz, war nach Abschluss seines Studiums zuerst Assistent des Ausbildungsleiters der Daimler Benz AG in Untertürkheim/Stuttgart.
Anschließend war er Dozent an der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft und ab 2000 Dozent an der AFW Wirtschaftsakadmie Bad Harzburg. Lehraufträge an der Leopold Maximilian Universität in München und dann an der Johannes Kepler Universität in Linz runden seine akademische Laufbahn ab. Er hat sechs Bücher zu Managementthemen sowie über hundert Aufsätze zu gesellschaftspolitischen Fragen geschrieben.