„Guten Tag, Herr Professorin“ brachte das Fass zum Überlaufen. Kaum hatte „der Spiegel“ unter diesem polemischen Titel über die Sprachreform der Uni Leipzig berichtet, brach in den Medien die Hölle aus. Seither vergeht kein Tag ohne eine Flut wütender Texte für oder gegen Veränderungen unserer Sprache im Namen der Gleichberechtigung. Zahllose Kommentare, Artikel und Blogs können jetzt endlich jenes Gefühl artikulieren, das uns schon lange beschleicht: Wir Männer sind in dieser Gesellschaft unerwünscht.
Seit Jahrzehnten wird uns Jahr für Jahr unter die Nase gerieben, wie sehr Frauen in dieser Welt benachteiligt sind. Schlechtere Bezahlung, minderwertigere Jobs, Vielfachbelastung durch Arbeit, Kinder und Haushalt – kaum ein Bereich des täglichen Lebens, der uns Männer nicht als miese Ausbeuter unserer Partnerin, Mitbewohnerin oder Arbeitskollegin hinstellt. Wir sind minderwertige Arschlöcher, und natürlich sollen wir das auch spüren. Jeden Tag, und immer wieder.
Am Anfang war ja alles noch recht witzig. Statistisches Material war rar, und die Möglichkeiten echter Gleichberechtigung ohnehin eingeschränkt. Wer nach zehn Stunden Arbeit erschöpft nach Hause kam, geriet eher selten in den Verdacht, seine Ehefrau auszubeuten. Und die Kämpferinnen an der Gleichberechtigungsfront dienten eher zur Belustigung der Stammtische, als zu ernsthaften Wegweiserinnen in eine neue Gesellschaft.
Doch dann kam der soziale Umbruch. Die Arbeitswoche hatte bald nur 5 Tage, und die wöchentliche Arbeitszeit sank auf 40, 38, oder gar 35 Stunden. Nach einem Arbeitstag von 8 Stunden hat man gefälligst nicht ausgepowert zu sein. Der Staubsauger wartet, und die Kinder dürfen ruhig auch dem Papa ein bisserl in die Ohren plärren.
Natürlich geht auch Mama längst arbeiten, natürlich verdient sie längst ihr eigenes Geld.
Doch in der schönen neuen Welt der Gleichberechtigung wird alles komplizierter. Für die Arbeit braucht auch Mama ihr eigenes Auto, und die Kinder müssen in den Kindergarten. Zum Selber- Kochen bleibt kaum noch Zeit, und wenigstens einmal pro Woche muss eine Haushaltshilfe her, damit die Bude nicht völlig verdreckt. Für die Kinder bleibt immer weniger Zeit, die Kontrolle der Hausübung muss leider der Nachhilfelehrer übernehmen.
Und weil das alles immer mehr kostet, muss Papa Überstunden machen. Der Unterschied zu früher: Wenn er jetzt nach zehn Stunden völlig fertig heimkommt, hat er gefälligst den Staubsauger in die Hand zu nehmen, oder wenigstens mit den Kindern zu spielen.
Die Politik sorgte dafür, dass der neue Druck auch in Gesetze gegossen wurde: „1999 wurde die Pflicht zur Ausgewogenheit der Führung des gemeinsamen Haushalts in das [österreichische] Ehe- und Familienrecht aufgenommen“, ist auf Wikipedia nachzulesen. Kaum ein Mann konnte dazu nein sagen, zumal seine Partnerin, Mitbewohnerin oder Arbeitskollegin nach einem langen Arbeitstag längst genauso ausgepowert ist wie er selbst. Und dass die Frauen dabei noch immer benachteiligt sind, kriegt er ohnehin laufend um die Ohren geschlagen – siehe oben.
Natürlich bilden wir uns das alles nur ein. Zumindest erklärt uns die neue Wissenschaft der Genderforschung immer wieder, dass der Unterschied zwischen Mann und Frau „ein soziales Konstrukt“ sei. Also reagieren wir auch, wie es sich für richtige, sozial konstruierte Männer gehört: Wir schütten uns mit Bier zu, oder gehen jagen. Wir jagen nach Höhen- oder Tiefenmetern, radeln um die Welt oder jagen nach dem großen Erfolg.
Ich hab‘s mit dem „echten“ Jagen probiert, mit Gewehr und so. Aber selbst da hat die schöne neue Arbeitswelt längst Einzug gehalten. Auch hier ist das gemütliche entspannen in freier Natur längst vorbei. Abschussquoten müssen erfüllt werden, sonst steigen die Bäumchenschützer auf die Barrikaden. Der jagdliche Gruß „Weidmannsheil“ reicht somit längst nicht mehr. Wer ins Revier geht, hört dazu: „… und, schieß was.“
Wolfgang Hoffmann, Jahrgang 1959, ist Musiker, Unternehmer und Autor.
Siehe: http://www.woho.at