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Hoch die Demokratie: Das Schlimmste scheint verhindert

Großbritannien hat Abgeordnete mit Rückgrat: Das Unterhaus hat den eigenen Premier Cameron in einer sensationellen Wendung gezwungen, auf die Angriffspläne gegen Syrien zu verzichten. Bravi. Apropos Syrien: Deutlicher denn je kann man an Hand dieses Konflikts schwarz auf weiß beweisen, dass Österreich nur noch eine willenlose Kolonie Deutschlands ist.

Aber zuerst zu den großen und wichtigen Mächten. Der Antikriegs-Beschluss in Westminster und die damit verbundene Ohrfeige für Premier David Cameron zeigen enge Parallelen mit den ersten Andeutungen eines Rückzugs auch des amerikanischen Präsidenten von seinen in den letzten Tagen verkündeten Angriffsplänen.

Obamas Rückzug ist freilich noch keineswegs sicher. Der fesche, aber schwankende Präsident steht zwischen zwei Übeln. Er blamiert sich entweder wegen seiner bisherigen Kriegsrhetorik, die dann doch nicht ernst zu nehmen gewesen wäre. Oder er steht einsam und isoliert da – und vor allem in Kontrast zum klaren Willen seiner eigenen Bürger. Diese sind massiv dagegen, schon wieder in einen teuren und blutigen Konflikt ohne eindeutigen Kriegsgrund, ohne klares Ziel, ohne klare Verbündete oder gar zugunsten islamistischer Fundamentalisten hineingezogen zu werden. Und sie äußern dies auch auf allen Ebenen.

Beide Vorgänge – der Druck der US-Bürger und die Niederlage für Cameron – sind ungemein erfreulich. Sie zeigen, dass selbstbewusste Bürger und Abgeordnete in echten Demokratien heute ganz schön viel bewirken können. Sie zeigen aber eindeutig auch, dass es bei den Bürgern deutliche Sympathien für die an Seite Assads stehenden Christen gibt. Diese sind offenbar stärker als die Sympathien der Regierungen für das immer fundamentalistischer werdende Erdogan-Regime. Ich wage fast zu sagen: Wenn Obama jetzt doch angreift, dann schadet das seiner Partei mehr als sämtliche Fehler der letzten Jahre.

Gleichzeitig müssen auch die so gescheiten amerikanischen Geheimdienste plötzlich zugeben, was das (garantiert ganz geheimdienstfreie) Tagebuch schon vor drei Tagen geschrieben hat: Man könne keineswegs sicher sein, dass das Assad-Regime haupt- oder alleinverantwortlich für den Giftgaseinsatz ist. Na schau. Vielleicht abonniert die CIA jetzt das Tagebuch. Da gibt’s offensichtlich manches um 120 Euro im Jahr zu lesen, was die amerikanischen Steuerzahler 40 Milliarden Euro im Jahr kostet.

Spaß beiseite und kleiner Themenwechsel, wenn auch ebenfalls aus Anlass Syrien: Mit Mut und Kraft zu eigenständiger Politik ist es in Österreich nicht so weit her wie bei den Angelsachsen. Weder beim Parlament noch bei Bürgern. Aber auch nicht in der Regierung.

Das, was man schon vor Jahrzehnten über die Nationalbank gesagt hat, kann man heute auch über die österreichische Regierung sagen: Bei den meisten ihrer Entscheidungen würde ein Mail-CC aus Berlin nach Wien, eine Kopie der deutschen Beschlüsse reichen. Diese sind dann nur noch um den (zum Glück recheneinfachen) Bevölkerungsfaktor zehn zu dividieren.

Wenn wir uns das endlich ehrlich eingestehen, könnten wir uns einen Großteil der Abgeordneten und Minister ersparen. Jüngstes Beispiel: Kaum verkündet Berlin, 5000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen, nimmt Österreich 500 auf. Nicht 450, nicht 550. Genau Faktor zehn. Die Rechnung stimmt.

Ähnlich war es, als Herr Westwelle in Berlin glaubte, den ägyptischen Fundamentalisten Mursi nach dessen Sturz unterstützen zu müssen. Da plapperte der Wiener Außenminister das sofort automatisch nach. Bis die beiden merkten, dass sie sich da total vergaloppiert hatten und einsam geblieben waren (so wie jetzt Cameron).

Das blinde Befolgen deutscher Wünsche macht die österreichische Politik seit einigen Jahren einfach. Daher fällt es auch nicht weiter auf, dass unser politisches Personal quer durch die Parteien – na ja, sagen wir es deutschdeutsch: nicht gerade erste Sahne ist. Oder wie es Angela Merkel gesagt haben soll: Werner Faymann geht ohne Meinung hinein, und dann mit ihrer, Merkels, Meinung hinaus. (Kleine Ehrenrettung des Tagebuchautors für Faymann: Seine Fönfrisuren sind deutlich sorgfältiger als die Merkels).

Seit das blinde Nachverfolgen der deutschen Politik zum obersten Prinzip der Wiener Regierung geworden ist, muss man auch bei Hunderten anderen Beschlüssen und Gesetzen nicht lange nachdenken. Deutschland, geh uns voran, wir folgen dir. Was vielleicht gar nicht immer zu ganz blöden Ergebnissen führt.

Das gilt übrigens auch für die heimischen Höchstgerichte: Sie schauen insgeheim ständig auf Karlsruhe, ob es dort eventuell eine neue Judikatur gibt. Die wird dann fast immer brav übernommen.

PS: Es war noch unter der bösen Regierung Schüssel, als es 2006 noch umgekehrt war. Als alle deutschen Zeitungen der Berliner Regierung empfahlen, dem österreichischen Vorbild zu folgen. Gar nicht so lange her . . .

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