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Geiz ist nicht nur bei Billig-Airlines nicht geil, sondern auch im hochsensiblen Bereich des Lehrerdienstrechts

Von den involvierten Politikern wird der „Durchbruch“ im neuen Dienstrecht bereits herbeigeredet. Noch schnell vor der Wahl soll alles über die Bühne gehen. Jede Regierungspartei will sich den Erfolg auf die Fahnen heften. Die hohe Zahl der nun in relativ kurzen Abständen stattfindenden Verhandlungsrunden soll den öffentlichen Druck erhöhen und den Eindruck vermitteln, dass die Politik den Gewerkschaften ohnehin schon stark entgegengekommen sei. Nun müsse man doch endlich zum Abschluss kommen! Sonst habe der Kanzler durchaus Recht, wenn er über die Gewerkschaft „drüberfahre“, weil nichts weitergeht!

Was an Fakten medial durchdringt, klingt ja im Grunde nicht so arg: ein bisschen mehr unterrichten, dafür höhere Einstiegsgehälter! Warum zieren sich die Lehrer, vor allem die AHS-Professoren, bloß so?

Für mich sind die Pläne der Bildungsministerin jedoch nicht nur als AHS-Direktorin, sondern auch als stellvertretende Vorsitzende der „Bildungsplattform Leistung & Vielfalt“ und Bundesobfrau der VCL alles andere als harmlos, ja geradezu eine gefährliche Drohung!

Sehen Sie als Fluggast eine Qualitätsoffensive darin, dass Billig-Airlines ihre Flugbegleiter ausbeuten, indem sie diese nur mehr für die Zeit bezahlen, die sie an Bord – also in der Luft – verbringen? Ähnliches wird nach den Schmiedschen Plänen bald für Lehrer gelten – mit massiven Auswirkungen auf die Schüler und damit Eltern.

Qualitätsoffensive durch ein neues Lehrerdienstrecht? Fehlanzeige! Das neue Dienstrecht wird die Bildungschancen unserer Kinder gefährden!

Der Vergleich mit den Billig-Fluglinien ist durchaus nicht an den Haaren herbeigezogen: Was in Zukunft für Lehrkräfte zählen soll, ist die reine Unterrichtszeit. Schon bisher waren viele Aufgaben in die Lehrverpflichtung inkludiert, doch in Zukunft sollen ALLE über das Unterrichten hinausgehenden Aufgaben sozusagen „all inclusive“ sein – und das noch dazu bei einer deutlich erhöhten Unterrichtsverpflichtung!

Das bedeutet nicht nur, dass es in Zukunft an den höheren Schulen keine Mini-Abgeltungen für Zusatzaufgaben mehr geben wird (wie für Bildungsberatung, Durchführung der Schulbuchaktion, EDV-Betreuung und Instandhaltung aller audiovisuellen Medien sowie der Ausstattung der Chemie-, Physik-, Biologie- und Werksäle, Begleitung bei Schikursen und Sprachreisen etc., um nur einige wenige zu nennen). Nein: Auch die aus keiner Schule wegzudenkenden Administratoren sind im neuen Dienstrecht nicht mehr vorgesehen, da für Schmied offensichtlich überflüssig. Diese Lehrer sind an höheren Schulen mit mindestens acht Klassen sozusagen die „rechte Hand“ der Direktion und nicht bloß zur verwaltungsmäßigen Unterstützung eingesetzt. Vielmehr sind sie Ansprechpartner in sämtlichen organisatorischen und vielen pädagogischen Bereichen.

Sie erledigen z. B. die administrative Umsetzung der Diensteinteilung und sorgen für Stundenplan und Vertretungsplanung, arbeiten sich jährlich wieder in neue komplizierte Verwaltungsprogramme ein. Sie halten so den Schulleitern den Rücken frei für ihre ohnehin an Umfang kaum zu überbietenden Aufgaben, vor allem, aber nicht nur für die pädagogische Leitung der Schule mit all den vielen Facetten: Beratung von Lehrern, Personalentwicklung, Kommunikation mit allen Schulpartnern, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Leitung und Gestaltung des schulischen Lebens, Öffentlichkeitsarbeit, Evaluation der Ergebnisse, Krisenmanagement, Gebäudeverwaltung etc. etc.

Schon die OECD-weit durchgeführte so genannte TALIS-Studie[1] (2008; die Teilnahme an der Folgestudie hat das Ministerium aus unerklärlichen oder vielleicht gerade deshalb verständlichen Gründen ja abgesagt, wie vor kurzem bekannt wurde[2]) hat gezeigt, dass den Schulleitern in Österreich ob der vielen Verwaltungsaufgaben zu wenig Zeit für die pädagogischen Führungsaufgaben bleibt. Und nun sollen sie auch mit den Verwaltungsaufgaben völlig allein gelassen werden?

Nach den Plänen von Schmied sind Administratoren in Zukunft obsolet und es obliegt künftig den Schulleitern, ausgesuchte Kollegen ohne Bezahlung dazu zu „motivieren“, die Administratorenaufgabe ebenso zu übernehmen wie die vielen kleinen Zusatzaufgaben, die essentiell zum Gelingen von Schule beitragen und das Klima einer Schule entscheidend prägen. Da ist es auch wenig hilfreich, wenn stattdessen in besonders großen Schulen Postbeamte ohne Kenntnis von Schulorganisation als administrative Unterstützung zum Einsatz kommen – 150 Personen für 5900 Schulen in ganz Österreich.

Gar nicht auszudenken, wenn in Zukunft nur noch Dienst bzw. Unterricht nach Vorschrift gemacht werden kann, weil die Kollegen unter der zeitlichen Belastung durch die Übernahme von zusätzlichen Klassen zusammenzubrechen drohen. Mehr Klassen bedeuten nämlich mehr Schüler, zu denen sie eine Beziehung aufbauen müssen, auf die sie möglichst individuell eingehen und die sie auf die neue Zentralmatura vorbereiten müssen, und mehr Eltern, die sie beraten sollen.

Ich möchte mir als Direktorin jedenfalls sicher nicht den Vorwurf machen müssen, dass ich meine Lehrkräfte ausbeute und ins Burnout treibe. Ich möchte aber auch nicht Direktorin einer Schule sein, die ihren bisher ausgezeichneten Ruf zu verlieren droht, weil sie nicht mehr wie bisher auf das vielfältige Engagement der Professoren zählen kann! Da werde ich doch lieber wieder eine engagierte Lehrerin, womöglich – wie viele meiner Kollegen jetzt schon – mit reduzierter Lehrverpflichtung und unter Einkommensverlusten. Denn ich will gute Arbeit leiten und das wäre mir als Sprachlehrerin bei einer Arbeitszeiterhöhung von mehr als einem Drittel nicht möglich!

Ein Dilemma für alle Schulleiter Österreichs, wenn das Dienstrecht nach dem momentanen Plan der Politik verändert wird – ohne Rücksicht auf all das, was die anspruchsvolle Arbeit von Lehrer tatsächlich ausmacht.

Was bei Billigairlines massiv zu Lasten der Qualität und der Mitarbeiterzufriedenheit geht, wird das vorliegende Dienstrecht auch im Bereich der Bildung tun: Geiz ist nirgends geil!

Da bin ich doch sehr gespannt, wer in Zukunft den Beruf eines Schuldirektors oder einer Schuldirektorin noch ergreifen wird! Denn schon jetzt findet sich in vielen Bundesländern Österreichs kaum mehr als ein Bewerber bzw. eine Bewerberin für einen frei werdenden Direktionsposten.

(Alle Personenbezeichnungen beziehen sich natürlich auf beide Geschlechter, auch wenn sie der besseren Lesbarkeit wegen in diesem Blog nur in einer Form geschrieben worden sind.)

Mag. Isabella Zins ist stv. Vorsitzende der Bildungsplattform Leistung & Vielfalt (www.bildungsplattform.or.at), Bundesvorsitzende der Vereinigung christlicher Lehrerinnen und Lehrer an höheren Schulen Österreichs (www.vcl-oe.at), Direktorin BORG Mistelbach (www.borgmistelbach.ac.at)


[1] vgl. https://www.bifie.at/buch/1179/8: TALIS steht für „Teaching and Learning International Survey“. TALIS ist die erste internationale Studie, die die Arbeitsbedingungen sowie das Lernumfeld aus der Wahrnehmung von LehrerInnen sowie SchulleiterInnen untersucht. Die Studie wurde von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) initiiert und ist Teil des OECD-Indikatorenprogrammes INES (Indicators of Educational Systems). Mit dieser Studie bietet sich die Gelegenheit, relevante internationale Indikatoren und Analyseergebnisse über die LehrerInnen und SchulleiterInnen sowie deren Bedingungen im Arbeitsumfeld Schule für die Politik bereitzustellen. TALIS ermöglicht den teilnehmenden Ländern, die Rahmenbedingungen ihres Schulumfelds auf Qualität und Effektivität hin zu überprüfen und die Ergebnisse bei bildungspolitischen Entscheidungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus liefert TALIS auf Grund der internationalen Anlage einen Einblick in das schulische Arbeitsumfeld anderer Länder, deren Herausforderungen und unterschiedliche politische Herangehensweisen zur effektiven Gestaltung ihres Schulsystems. Organisation von TALIS: An TALIS 2008 haben insgesamt 24 Länder teilgenommen. Davon sind 17 Länder Mitgliedsstaaten der OECD bzw. sind in der EU vertreten. Weitere sieben der teilnehmenden Staaten sind Partnerländer der OECD.

[2] vgl. Eckehard Quin: „Wissentlich zweimal die Unwahrheit“…

(http://quinecke.wordpress.com/2013/07/03/wissentlich-zweimal-die-unwahrheit/) und Julia Neuhauser: Ex-BIFIE-Chefs: Schmied sagte Studie „aus politischen Gründen“ ab (http://diepresse.com/home/bildung/schule/1425779/ExBIFIEChefs_Schmied-sagte-Studie-aus-politischen-Gruenden-ab)

 

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