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Gabi ade

Salzburg ist ja doch ein zutiefst bürgerliches Bundesland. Das Landtagswahlergebnis hat es klar bestätigt: Die SPÖ hatte dort nur mit Gabi Burgstaller eine Chance gehabt, der bürgerlichsten aller sozialdemokratischen Spitzenpolitiker der letzten Jahrzehnte. Als sie jedoch durch das Versagen ihres Finanzreferenten (und Wunschnachfolgers!) demoliert war, blieb von der SPÖ nach dem Verlust von 16 Prozentpunkten (das sind deutlich mehr als 40 Prozent ihrer Wähler!) kaum mehr etwas übrig. In diesem Licht ist auch der Grün-Erfolg ein wenig zu relativieren. Das Ergebnis ist aber ebenso für alle anderen Parteien mehr als signifikant – und für Medien wie Meinungsforscher erst recht.

Sämtliche Meinungsbefragungen und Medien hatten seit Wochen nämlich ein konstantes Kopf an Kopf signalisiert. Rund sechs Prozent Abstand zwischen dem Ersten und Zweiten sind aber wohl das absolute Gegenteil eines Kopf-an-Kopf. Sagen die Menschen bei Umfragen immer weniger die Wahrheit? Haben die Meinungsforscher einen linken Bias? Oder hat gar in den allerletzten Stunden irgendein – mir freilich unbekannt gebliebenes – Ereignis diese Wende ausgelöst? Jeder möge jener Theorie anhängen, die ihm am sympathischsten ist. Beweisbar ist keine. Ganz sicher ist nur, dass da kein handwerklicher Rechenfehler dahintergelegen ist.

Wenn die ÖVP nun jubelt, dann ist das natürlich der Rückeroberung eines Landeshauptmann-Postens zu verdanken. Letztlich hat sich der kühne Sprung ins kalte Wasser vorzeitiger Wahlen, vor dem sie sich zeitweise selber fürchtete, doch gelohnt.

Jedoch: Unter allen sonstigen Umständen ist der Verlust von sieben Prozentpunkten eine ausgewachsene Katastrophe. Aber andererseits sind parteipolitische Wechsel von Landeshauptleuten in Österreich so selten, dass die Schwarzen schon ein wenig Grund zum Feiern haben. Denn Landeshauptleute können kaum echte Fehler machen (hat man bis Salzburg geglaubt), sind sie doch fast nur für die Sonnenseite der Politik zuständig. Alles Unangenehme muss hingegen der Bund – oder die EU – verantworten.

Die ÖVP sollte sich nur im Klaren sein: Sie feiert jetzt nach Niederösterreich, Kärnten und Tirol zum vierten Mal binnen kürzestem ein deutliches Minus bei Landtagswahlen als Supererfolg. Das ist nun doch ein wenig realitätsfremd. Und schon gar nicht ist dieses vierfache Minus imstande, die Volkspartei zu einem sicheren Ergebnis bei den herbstlichen Nationalratswahlen zu tragen.

Jenseits der ÖVP-Perspektive ist aber erfreulich, dass mit Wilfried Haslauer wirklich wieder einmal ein trockener Sachpolitiker gewinnen konnte, der noch dazu große Kompetenz ausstrahlt. Ob Michael Spindelegger in diesem Kielwasser fahren kann? Gegen die Demagogie eines Werner Faymann mag das nutzen – offen ist freilich, ob Spindelegger auch die Kompetenzanmutung eines Haslauer erringen kann.

Die Grünen sind nach Kärnten zum zweiten Mal die großen Sieger. Kein Zweifel: Sie haben diesen Erfolg zwei Faktoren zu verdanken: Sie sind gemäßigte Grüne, also ganz anders als die feministische Radfahrer-Fraktion aus Schickeria-Beisln in Wien; und die Großparteien haben ihnen da wie dort den Ball zur Verwandlung eines Elfmeters geradezu aufgelegt: Denn wie in Kärnten hat man ihnen den Vorsitz in einem wichtigen Untersuchungsausschuss überlassen, mit dem sie ganz offensichtlich gut punkten konnten (Im Nationalrat war ihnen das ja nicht geglückt).

Die Freiheitlichen können ein wenig auftatmen: Sie haben nach etlichen Niederlagen nun doch wieder einmal einen spürbaren, wenn auch angesichts der Chancen keineswegs sensationellen Erfolg erzielt. Sie haben halt kein Monopol auf die Stimmen der total Erzürnten mehr. Und sonstige Anknüpfungspunkte bieten sie seit Jörg Haider wenig. Haben sich die Menschen doch, wenn auch zähneknirschend, an die Immigration der letzten Jahre gewöhnt, die zu den meisten blauen Stimmen geführt hatte.

Für Frank Stronach ist das Ergebnis ernüchternd: Keine acht Prozent bedeutet alles andere als die große Herausforderung an die „Altparteien“. Zwar ist das Ergebnis deutlich besser als im zerstrittenen Tirol. Aber langsam spüren auch die Wähler, dass sich hinter dem Altfabrikanten so gut wie Null qualitätsvolle Menschen ansammeln. Die, die es mit ihm versuchen wollten, sind meist schon nach dem ersten Gespräch wieder entnervt abgesprungen.

Was heißt das nun für den Bund? Erstens werden die Grünen unter einer Eva Glawischnig keinesfalls so gut abschneiden wie in den letzten beiden Bundesländern. Zweitens wird die SPÖ keineswegs aufgeben, sondern jetzt erst recht ihre Kanonen mit jeder Art von Schmutz füllen – zeigt ihr doch auch die SPD vor, dass man mit dem Hochspielen von Skandalen am ehesten punkten kann (wie etwa jenem um die Beschäftigung von Verwandten in Bayern, die – obwohl rechtens – mit Erfolg zum großen Megaverbrechen hochstilisiert werden konnte). Drittens wird die FPÖ wieder mit Selbstbewusstsein antreten können – für neue Inhalte ist es aber viel zu spät. Und viertens wird man bei der Bundes-ÖVP noch warten müssen, ob sie überhaupt entdeckt, dass Wahlkampf ist. Und dass sie so wie in Niederösterreich und Salzburg viel klarere Distanz zu ihrem politischen Gegner suchen müsste, wenn sie überleben will.

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