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Es ist frappierend: Trotz der katastrophalen Erfahrungen in Wien drängen beide Großparteien derzeit gleich in mehreren Bundesländern Richtung Grün. Hingegen wird die Frage, ob nicht etwa auch die Freiheitlichen ein Koalitionspartner sein können, nicht einmal am Rande behandelt. Ebensowenig die nach der Rolle des Stronach-Trüppchens.
Die wichtigste (freilich keineswegs einzige) Ursache dieses Phänomens liegt in der grünen Lufthoheit über den Redaktionen, die wiederum eine direkte Folge der Entwicklung auf den Universitäten während der letzten Jahrzehnte ist. Sind doch mittlerweile fast alle Redaktionen massiv grün beherrscht, was ja irgendwann seine Rendite tragen musste.
Der von diesen Mainstream-Medien herbeigeschriebene Grünlauf prägt heute vor allem die ÖVP. Gewiss: Die Schwarzen können neben den vielen schlechten Erfahrungen mit der Regierungs(un)fähigkeit der Grünen wie etwa auch in Graz zumindest auf ein positives Beispiel verweisen, nämlich Oberösterreich. Dort hat die Koalition mit den Grünen bisher durchaus funktioniert. Dort fungiert freilich ein spezieller regionaler Anti-Tschechismus als Kitt: Die einen speien gegen den nördlichen Nachbarn Gift und Galle wegen des Themas Atomkraft; die anderen wegen der tschechischen Verbrechen bei den Nachkriegs-Vertreibungen, die in Oberösterreich nach wie vor ein Thema sind. Das passt dann im Endergebnis gut zusammen.
Beide Motive gibt es in Tirol nicht. Dennoch demonstriert auch dort die ÖVP eine klare Vorliebe für Grün. Manche führen das auf die Tatsache zurück, dass sich soziologisch neben der ÖVP keine Partei so sehr aus den gleichen bürgerlichen Wählerschichten rekrutiert wie die Grünen. Themen wie Umweltschutz oder Korruptionsbekämpfung sind auch für schwarze wie grüne Wähler wichtig. Und beim Korruptionsthema stehen die noch nie in der Bundesregierung gewesenen Grünen zweifellos mit den saubersten Händen da. Wenngleich es schon auffällt, dass die Grünen in Wien keine einzige der dortigen Bestechungssauereien gestoppt haben. Was dort nicht nur ihre Hände sehr rasch sehr schmutzig gemacht hat.
Aber außerhalb von Wien sind die Grünen in den meisten Bundesländern ein recht gemäßigter Haufen geworden. Fast nirgendwo trifft man so stark auf ihren in Wien so beklemmenden radikalen Feminismus/Schwulismus/Anti-Auto-Fahrradismus. Das führt auch dazu, dass Meinungsforscher in allen Ländern außer Wien einen Aufschwung der Grünen orten. Freilich sollte man nüchtern festhalten, dass bisher die Grünen nur in Salzburg und Kärnten auch echte Wahlerfolge erzielt haben.
Die Bundes-ÖVP wird diese derzeit ganz einseitige Festlegung ihrer Landesparteien auf die Grünen freilich noch bitter bereuen. Denn damit wird vielen Bürgerlichen die Scheu vor den Grünen ausgetrieben. Wenn sogar die Volkspartei heute mit den Grünen kuschelt, dann können diese ja nicht so schlimm sein, empfinden viele. Daher vergessen sie auf die extremistischen, radikalmarxistischen und gewalttätigen Wurzeln der Grünen, auf deren Aversionen gegen Kirche, Familie und Marktwirtschaft, auf ihren exzessiven Hang zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, auf ihre Regulierungswut von der Glühbirne bis zur Zwangseinheitsschule, auf ihre Schuld am katastrophalen Zustand der Universitäten (ohne Gebühren und funktionierende Zugangsregelungen).
Zweifellos hat schon Wolfgang Schüssel 2002 den großen strategischen Fehler begangen, in den Grünen einen möglichen Koalitionspartner zu sehen. Aber während Schüssel in den Grünen wenigstens nur eine von drei gleichberechtigt möglichen Alternativen gesehen hat, gibt es heute eine völlig einseitige Festlegung weiter Teile der ÖVP auf die Grünen.
Das ließe sich nur dann als richtig verteidigen, wenn diese die einzige denkbare Alternative zum lähmenden Bündnis mit der SPÖ wären. Die Grünen sind aber weder die einzige noch überhaupt eine Alternative. Denn sie werden mit Sicherheit bei den Nationalratswahlen – die ja von den großen Bundesländern dominiert werden und nicht von Salzburger und Kärntner Untersuchungsausschüssen – weit hinter der FPÖ landen. Diese Prophezeiung gilt trotz des katastrophalen Zustands, in dem sich die FPÖ derzeit befindet. Schwarz und Grün werden nie und nimmer eine gemeinsame Mehrheit erreichen. Das geht sich höchstwahrscheinlich auch für Rot-Grün nicht aus, die Herzensvariante der beiden Linksparteien.
Eine strategisch denkende ÖVP würde auch bedenken, dass die Bereitschaft der Grünen zu regionalen Bündnissen mit ihr einzig und allein Folge der Wahlarithmetik ist. Sobald es sich nämlich anders ausgeht, ist Grün hundertprozentig im roten Bett zu finden. Das haben ja Rot wie Grün auch schon eindeutig klar gemacht. Das zeigt sich insbesondere in Deutschland (dessen politische Trends in Österreich regelmäßig nachgemacht werden): Dort treten Rot und Grün in so inniger Umarmung zu den Bundestagswahlen an, dass man sie fast schon als Einheitspartei empfindet. Deshalb hält die CDU auch meilenweit Distanz von den Grünen.
Im Gegensatz zur CDU macht sich die ÖVP eigenhändig alternativlos. Das ist politstrategisch das Dümmste, was man machen kann. Sie signalisiert ganz Österreich, dass sie nach der Wahl keine andere Alternative sieht, als wieder ins Koalitionsbett mit der SPÖ zu steigen. Das aber ist für viele Wähler ein absolutes Schreckgespenst. Damit vertreibt die ÖVP erst recht potenzielle Schwarzwähler, nämlich alle jene, die sagen: Alles lieber als noch einmal indirekt fünf Jahre Faymann zu wählen.
Sollten jetzt manche Bundes-Schwarze sagen: „Die Grüntändelei machen ja nicht wir, sondern die autonomen Landesparteien“, dann ist das erstens ein eklatantes Zeichen von Führungsschwäche eines Bundesparteiobmanns; dann zeigt das zweitens ja dennoch, wie die bürgerlichen Funktionäre ticken, die ja dann auch die Entscheidungsgremien der Bundes-ÖVP bilden werden.
Ernster zu nehmen sind hingegen die schwarzen Klagen, dass durch das Auftreten von Stronach und die Krise von H.C. Strache die Mehrheit rechts der Mitte derzeit wohl nur durch eine Dreierkoalition aktiviert werden kann. Das würde das Regieren in schweren Zeiten nicht gerade einfacher machen.
Und zweifellos ist auch zuzugeben: Sowohl Stronach wie Strache vermitteln nicht viel Hoffnung auf Regierungsfähigkeit, etwa auch im Sinn des erfolgreichen Wendejahres 2000.
Stronach sammelt zwar viele der Stimmen, die eine wirtschaftsliberale Wende wollen – aber je länger der Austrokanadier im Scheinwerferlicht steht, umso klarer wird: seine Ideen klingen zwar gut, aber gut ausgearbeitet ist leider keine einzige. Und vor allem agiert Stronach trotz seiner limitierten physischen, (als Steuerausländer) präsenzmäßigen und auch wissensmäßigen Fähigkeiten so diktatorisch, dass er noch keinen einzigen Fachmann ins Boot bekommen hat, der es länger mit ihm aushielte; auch der zeitweise mitgefahrene Westbahn-Gründer Wehinger hat sich schon wieder wohlweislich ausgekuppelt. Wie will dieses Trüpplein mitregieren können, fragen sich da viele, die eigentlich Sympathien für Stronachs Schlagworte haben.
Und bei der FPÖ ist es nicht viel anders: Da hat sich im Schatten des Parteiobmannes kein einziger Bereichssprecher profilieren können (genauer gesagt: der einzige, der es konnte, wird jetzt Ombudsmann). Man braucht sehr viel Phantasie, um sich vorstellen zu können, dass man mit dieser Partei eine vernünftige Wirtschafts-, Währungs- oder Europapolitik macht. Die Strache-FPÖ hat es nie geschafft, ihren emotionalen Ansatz auch nur irgendwie in substanzielle Politik zu verwandeln. Mit ihren – wichtigen, weil von der ÖVP immer wieder vergessenen – konservativen Akzenten alleine kann sie diese Felder nicht abdecken. Offenbar spüren die Blauen selber ihre Defizite und drängen deshalb nicht sonderlich heftig zu Regierungsbeteiligungen. Die FPÖ ist weltweit fast eine Rarität: Sie ist eine Oppositionspartei, die ständig das Opponieren dem Regieren vorzuziehen scheint. Seit ihr Traum, einmal Nummer eins zu werden, geplatzt ist, gibt es dort keine Strategien mehr.
Trotz all dem zuletzt Gesagten bleibt es aber für die Schwarzen dennoch ein absoluter Fehler, nicht viel intensiver auch über die Varianten Strache und Stronach nachzudenken, diese zumindest im Spiel zu halten und vertrauliche Drähte in diese Richtung zu legen. Vor allem, wenn die einzige realistische Alternative in einem Bündnis mit Rot unter einem Werner Faymann besteht. Es zeigt den Verlust jedes eigenständigen (historischen oder semantischen) Denkens der ÖVP jenseits der grünen Medienmafia, wenn auch schwarze Politiker wegen der bloßen Verwendung des Wortes „Umvolkung“ durch einen Freiheitlichen den von den Linken verordneten Schaum vor dem Mund bekommen (demnächst werden ja wohl auch die Worte „Autobahn“ oder „Volkswagen“ als Naziworte mit Todesstrafe belegt, und die ÖVP wird den linken Sprachterroristen auch dabei noch nachtaumeln).
Aber wahrscheinlich sind ja die Schwarzen schon längst in einem Zustand, wo jedes Nachdenken zu viel verlangt ist. Und andere Alternativen für Österreich gibt’s derzeit ja noch immer nicht.