Kaum wird einem bei der Lektüre des Buches „Über die Erziehung“ (Taghizadegan, Schulak & Düringer) klar, dass (totalitäre) Staaten dazu neigen, Kinder frühzeitig ihren Eltern zu entfremden, um sie zu fügsamen, unkritischen und leicht lenkbaren Untertanen zu formen, folgt wie zur Bestätigung auch schon die Meldung, dass der Chef der Arbeiterkammer „zwei Jahre Kindergartenpflicht“ einfordert.
Besagter Rudolf Kaske ist jenen Zeitgenossen, die über ein gewisses Erinnerungsvermögen verfügen, allein schon dadurch in Erinnerung, dass er, anlässlich der Angelobung einer ihm nicht genehmen Bundesregierung (damals in seiner Eigenschaft als Chef der Dienstleistungsgewerkschaft), die als düstere Bürgerkriegsdrohung zu interpretierende Verwünschung ausstieß: „…dann brennt die Republik.“ Kaske, der keinen Tag seiner Karriere außerhalb geschützter Werkstätten absolviert hat, wird in dieser Sache sicher nicht locker lassen.
Der rote Berufsklassenkämpfer steht mit seiner Forderung nach einer möglichst frühzeitigen Kindesverstaatlichung indes nicht alleine da. Auch aus den Reihen der Grünen und Konservativen – gelegentlich sogar von „Liberalen“ – wird immer wieder robustes staatliches Engagement eingemahnt, wenn es um die (V)Erziehung des Nachwuchses geht. Was dabei herauskommt, ist – nach mehr als 40 Jahren realsozialistischer Schulpolitik im Land der Hämmer – nicht zu übersehen: Die Bildungsplanwirtschaft produziert – bei stetig zunehmendem (nahezu 100-prozentig gewerkschaftlich organisiertem) Personalstand und explosionsartig steigenden Kosten – immer katastrophalere Ergebnisse.
Sind einerseits die Lehrherrn im Handwerk mit zunehmenden Zahlen 15-jähriger Asozialer konfrontiert, klagen andererseits die Hochschulen über Studieneinsteiger, die kaum noch einen geraden Satz formulieren können. Von der rechtschreibfehlerfreien Abfassung komplexer Texte ganz zu schweigen. Nennen wir das Kind beim Namen: Die Zwangsbeschulung verblödet den Nachwuchs. Das (Bildungs-)Monopol tut eben, was für Monopole typisch ist: Es produziert Mist – zu maximalen Kosten. Die Folgen der Monopolbildung im Bereich der Bildung unterscheiden sich nicht von denen im Telekom-, Transport- oder Sicherheitsbereich. „Was, Travnicek, haben Sie sich Ihnen denn erwartet?“
„Der Staat ist eine Maschine in den Händen der herrschenden Klasse zur Unterdrückung des Widerstands ihrer Klassengegner. (…) Der proletarische Staat ist eine Maschine zur Niederhaltung der Bourgeoisie." Das bemerkte ein gewisser Jossif Wissarionowitsch Dschugaschwili in den 1930-er Jahren ebenso hellsichtig wie zutreffend. Der Mann verfügte offenbar auch über die Gabe, den Sinn des österreichischen Bildungssystems am Beginn des neuen Millenniums zu beschreiben. Wer Kinder erfolgreich indoktriniert, dem gehört die Zukunft – wenn auch nur bis zum absehbaren Kollaps dieses unübersehbar autodestruktiven Systems.
„Der Staatsapparat ist ein Zwangs- und Unterdrückungsapparat. Das Wesen der Staatstätigkeit ist, Menschen durch Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung zu zwingen, sich anders zu verhalten, als sie sich aus freiem Antriebe verhalten würden." Das stellte der Ökonom Ludwig Mises 1938 in seinem Schweizer Exil fest.
Eltern, die sich frei entscheiden könnten, würden ihre Kinder kaum den Bütteln des „kältesten aller kalten Ungeheuer“ ausliefern, sondern sich auf einem freien Bildungsmarkt das Angebot ihrer Wahl suchen. Sie hätten es dann nicht länger mit überwiegend autoritären, staatsverliebten, politisch korrekten, feministischen Typen zu tun, die den – überaus anspruchsvollen – Beruf des Lehrers hauptsächlich deshalb ergreifen, weil sie ihn als pragmatisierten Halbtagsjob mit Dreifachurlaub und obligater Frühpensionsberechtigung betrachten, sondern mit Menschen, die sich in einem Wettbewerbssystem als die für diese Tätigkeit am besten Geeigneten erweisen.
Der seit Jahrzehnten tobende Reformirrsinn im Bildungsbereich kann bis in alle Ewigkeit fortgesetzt werden. Bessere Ergebnisse – nämlich bestmöglich für das Leben in Freiheit und Verantwortung gerüstete Jugendliche – sind allerdings erst dann zu erwarten, wenn dem Staat die Bildungskompetenz entrissen wird. Alle Probleme lösten sich im Handumdrehen in Wohlgefallen auf, könnte der Generator allen Fortschritts und jeder Wendung zum Besseren – der freie Wettbewerb unter Marktbedingungen – auch im Bildungsbereich wirken.
Das bürokratische, planwirtschaftliche Kommandosystem zeigt ja gerade hier seine verheerende Wirkung überdeutlich. Nur eine markwirtschaftlich organisierte Durchlüftung des Schulsystems kann unsere Jugend erfolgreich auf die sie erwartenden Herausforderungen der Zukunft vorbereiten. Staatliche Tintenburgen voller beamteter linker SpießerInnen, können das offensichtlich nicht leisten.
„Regiert sein heißt, unter polizeilicher Überwachung stehen, inspiziert, spioniert, dirigiert, mit Gesetzen überschüttet, reglementiert, eingepfercht, belehrt, bepredigt, kontrolliert, eingeschätzt, abgeschätzt, zensiert, durch Leute kommandiert zu werden, die weder das Recht, noch das Wissen, noch die Tugend dazu haben.“ Das stellte der französische Anarchist Pierre-Joseph Proudhon fest. Können wir das unseren Kindern guten Gewissens zumuten?
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.