Was Hänschen nicht lernt…

„Wer anderen eine Grube gräbt, der ist ein Baggerfahrer“, meinte unlängst mein Sohn in Abwandlung eines alten Sprichworts.
Sprichworte sind aus der Mode gekommen, „uncool“ geworden. Dabei könnte man manch alter Weisheit auch im 21. Jahrhundert noch einiges abgewinnen.

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, bedarf wohl im zweiten Teil einer Abwandlung auf „nur sehr, sehr schwer“, hat aber sonst nichts an seiner Gültigkeit verloren. Im Sport und beim Erlernen von Musikinstrumenten zweifelt seit Jahrzehnten niemand daran, dass möglichst frühes Lernen und intensives Üben unerlässlich sind, um ein hohes Niveau zu erreichen. Nur beim schulischen Lernen schien den „Experten“ Frühförderung als gefährlich, wenn nicht sogar schädlich. Der Kindergarten wurde zum lernfernen Spielzimmer degradiert, und noch immer ist es bei uns geradezu verpönt, wenn Kinder vor dem Schuleintritt spielerisch lesen und rechnen lernen. In anderen Ländern ist das hingegen selbstverständlich.

Lange Zeit sang die Unterrichtsministerin im Chor der Vorschulgegner. Von „Ghettoklassen“ für Kinder mit Deutschdefiziten war die Rede. Alle sollten gemeinsam in einer Klasse sitzen. Je heterogener das Leistungsniveau, umso besser. Danach würde man dann „Binnendifferenzierung“ betreiben, um jedes Kind optimal zu fördern. Mir fällt dazu das geflügelte Wort von der „Quadratur des Kreises“ ein. Und jeder Mathematiker weiß, dass bereits im 19. Jahrhundert die Unlösbarkeit dieses klassischen Problems der Geometrie bewiesen worden ist. Niemand käme auf die Idee, Marcel Hirscher und mich sekundären Ski-Analphabeten gemeinsam zu trainieren, weil wir beide ja sooo viel voneinander profitieren könnten. Aber wenn es um intellektuelle Leistungen geht, ist das alles ganz anders, nicht?

Wie die „Presse“ berichtet, hat „auch die von Ministerin Schmied eingesetzte Arbeitsgruppe zur Sprachförderung die Arbeit der Vorschulen“ schätzen gelernt. „Besser spät als nie“, tönt es dazu aus dem Sprichwortfundus. Dabei hätte Claudia Schmied nach der diesbezüglichen Initiative von Staatssekretär Sebastian Kurz einfach nur über ihren Schatten springen und die Idee näher reflektieren sollen, anstatt sie reflexartig mit dem „Ghetto“-Argument abzuschmettern. „Ende gut, alles gut!“, könnte man sagen, gäbe es nicht eine Reihe weiterer Baustellen…

Viele meinten ja schon bald nach Amtsantritt Schmieds, die Bankerin hätte sich am Sprichwort „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“ orientieren sollen. Zweifel daran sind durchaus angebracht. Wäre es wirklich besser gewesen, Claudia Schmied hätte im Vorstand der – mittlerweile notverstaatlichten – Kommunalkredit weitergewirkt? Der Staatsanwalt ermittelt noch in der Causa. Für Schmied gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Für ihr ministerielles Wirken am Minoritenplatz wird Claudia Schmied sicherlich nie zur Verantwortung gezogen werden, obwohl der dort angerichtete Schaden deutlich schwerer wiegt als eine Bankenpleite. Büßen müssen ihn Schüler und Lehrer.

Dr. Eckehard Quin ist AHS-Lehrer für Chemie und Geschichte sowie Vorsitzender der AHS-Gewerkschaft. 

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