Unbeliebte Energieeffizienz

Ein heftiges Tauziehen findet derzeit darüber statt, wie künftig in Österreich Energie gespart werden soll. Es geht um das heimische Energieeffizienzgesetz, das langsam und bedächtig auf Schiene gebracht wird. Die Begutachtungsfrist ist zu Ende, mehr als 70 Stellungsnahmen wurden eingebracht, aber es gibt nach wie vor große Unstimmigkeiten, wer denn nun die Sparziele exekutieren soll. Bereits im Juni 2012 einigte sich die EU auf eine neue Eneregieeffizienz-Richtlinie, in der ein jährliches Einsparziel von 1,5 Prozent festgelegt wurde. Danach hat ein wildes Politgezerre stattgefunden, bei dem sich Österreich besonders hervorgetan hat. Österreichs Vertreter versuchten den Richtlinientext so weit zu verbiegen, dass Österreich möglichst wenig hätte machen müssen. Österreich versuchte herauszuschinden, dass alle Maßnahmen seit dem Jahr 2000  zur Zielerfüllung angerechnet werden dürfen, man einigte sich auf 2008.

Das heißt, dass zwar grundsätzlich 1,5 Prozent beim Energieverbrauch eingespart werden sollen – was allerdings eine theoretische Größe ist, da bereits getroffene Einsparungen (25 Prozent als „early actions") abgezogen werden können.Dadurch liegt der Zielwert nur mehr bei 1,1 Prozent. Insgesamt geht es bis 2020 um 200 Petajoule, die durch Effizienzmaßnahmen eingespart werden sollen, durch die erneuerbaren Energiequellen soll der Saldo nur um 70 PJ verbessert werden. Allein daraus ist schon zu erkennen, dass Effizienzmaßnahmen überaus wichtig wären, aber durch zu viele Lobbys nicht durchführbar sind; das Geld fließt meist in Richtung Erneuerbare.

Große Meinungsverschiedenheiten gibt es darüber, wie im Strombereich eingespart werden soll. Der Ministeriumsentwurf sieht vor, dass dafür die Energieversorger zuständig sein sollen, was nicht nur bei den Stromkonzernen auf gehörigen Widerstand stößt: Auch die Kontrollbehörde E-Control kann diesem Plan nichts abgewinnen. Es wäre weit sinnvoller, wenn die Netzbetreiber für die Maßnahmen der Energieeffizienz zuständig wären, wird betont. Im Ministerium ist man der Ansicht, dass die Stromlieferanten die Sparmaßnahmen breitflächiger anlegen könnten.

Ein großer Beschwerdepunkt ist auch immer der Verkehrsbereich, der mehr oder weniger ausgeklammert bleibt, meinen Kritiker. Der zuständige Sektionschef im Wirtschaftsministerium Christian Schönbauer sieht dies gar nicht so. Auch der Verkehrsbereich habe das 1,5 Prozent-Einsparungsziel zu erreichen. Wer dafür zuständig sein soll ist allerdings nebulös. Laut Schönbauer wäre das der Handel. Kleine Tankstellen sollen allerdings nicht betroffen sein.

Wie das in der Praxis funktionieren soll ist aber weitgehend unklar. Als Basis für die Zielerreichung wird der jeweilige Sektor herangezogen. Betrachtet wird dabei die Periode 2011 bis 2013, aus der ein Durchschnitt errechnet wird. Wird das Ziel nicht erreicht, müssen im darauf folgenden Jahr die einzelnen Firmen selbst nachweisen, dass die Vorgabe doch erreicht wurde. Kontrollieren soll das alles eine Monitoringstelle bei der E-Control, wo dann auch eventuelle Strafzahlungen festgelegt werden. Die Gefahr, dass dabei ein administrativer Moloch entsteht ist allerdings groß. Sogar die E-Control selbst ist nicht sehr glücklich, dass sie dafür zuständig sein soll.

Das umstrittene Bundes-Energieeffizienzgesetz könnte in der zweiten März-Hälfte in den Ministerrat kommen und anschließend als Regierungsvorlage ins Parlament. Rasche Beratungen auf parlamentarischer Ebene vorausgesetzt müsste das Paket Anfang Juli in den Nationalrat, um noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden zu können. „Das halten wir für realistisch, aber noch nicht für gegessen", sagt man im Ministerium. Das Gesetz benötigt eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also die Zustimmung zumindest einer Oppositionspartei.

Verbund-Chef Anzengruber plädiert dafür, dass Österreich sein neues Energieeffizienzgesetz politisch und inhaltlich „mit Deutschland synchronisiert", also erst nach der Nationalrats- bzw. der Bundestagswahl verwirklicht. Dass dieses Gesetz, so wie der Entwurf aussehe, noch in dieser Regierungsperiode das Parlament passiert, glaubt er nicht.

Das Ziel, die Energieeffizienz bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent zu steigern, dürfte die EU sowieso verfehlen. Derzeit liegen die Prognosen für 2020 bei 10 bis 15 Prozent, und selbst bei Umsetzung der Effizienz-Richtlinie sind es nur cirka 17 bis 18 Prozent.

Bereits bis 30. April muss Österreich der EU-Kommission den indikativen heimischen Zielwert für die Entwicklung bis 2020 übermitteln. Bis 5. Dezember ist dann die Festlegung der 1,5-prozentigen Einsparverpflichtung fällig. Zeit für die Umsetzung der (seit Dezember 2012 in Kraft befindlichen) EU-Richtlinie in nationales Recht ist bis 5. Juni 2014.

Aber vielleicht könnte man sich allzu große Anstrengungen überhaupt ersparen, wenn alle bereits existierenden und geplanten Maßnahmen voll ausgeschöpft und angerechnet werden. Das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat vor wenigen Tagen eine Studie zur Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie veröffentlicht. Die Studie zeigt: Werden alle bestehenden und geplanten politischen Maßnahmen, die in Deutschland zu Energieeinsparungen führen, genutzt und konsequent fortgesetzt, so kann Deutschland das in der Richtlinie festgesetzte Ziel zur Einsparung beim Endenergieabsatz für die Jahre 2014 bis 2020 einhalten und sogar übererfüllen. Also wozu die ganze Aufregung?

Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.

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