Sexismus-Debatte: Einseitiger Sturm im Wasserglas?

In Deutschland wird gerade heftig über „sexuelle Belästigungen" gestritten, ausgelöst durch das „lose Mundwerk" des FDP-Politikers Rainer Brüderle, der vor einem Jahr der „Stern"-Journalistin Laura Himmelreich gegenüber zu später Stunde an einer Bar anzügliche Bemerkungen gemacht haben soll. Die Wiener Zeitung „Die Presse" blies die Debatte am 27. Jänner zur Blattaufmacher-Geschichte auf, später zogen „Kurier" und „Salzburger Nachrichten" gleichermaßen nach. An der deutschen „#aufschrei"-Debatte auf Twitter hatten sich auch Männer beteiligt, die sich für ihr Geschlecht pharisäerhaft „fremdschämten" und damit selbst erhöhen wollten.

In der ARD-Diskussionsrunde bei Günther Jauch (27. Jänner) hatten die Moralwächterinnen einen eher schweren Stand. Hauptsächlich wurden berufliche Abhängigkeitsverhältnisse ins Treffen geführt. Dafür gibt es aber jede Menge Frauenberatungsstellen, die Übergriffe im Arbeitsumfeld abzustellen helfen und darauf schauen, dass keine beruflichen Nachteile entstehen, wenn sich Betroffene wehren (in Österreich nimmt z.B. die Gleichbehandlungskommission Beschwerden entgegen, unter anderem sind auch Schadenersatzforderungen möglich). In der ZDF-info-Sendung „log in" (28. Jänner) beklagte sich die „Aufschrei"-Initiatiorin, ein Student hätte ihr mal aufs Knie gegriffen. Die ehemalige Goslarer Gleichstellungsbeauftragte Monika Ebeling: Nach vierzig Jahren Frauenbewegung sollten Frauen in der Lage sein, sich zu wehren.

Christine Bauer-Jelinek schreibt auf ihrer Facebook-Seite zur aktuellen Debatte:
„Gleiches Recht für alle: Wenn jetzt Männern mehr Selbstkontrolle abverlangt wird, dann sollte das auch für Frauen gelten.

Frauen spielen bewusst oder gezielt mit ihrer sexuellen Wirkung, reagieren die Männer darauf, wird ihnen allein die Schuld zugeschoben. Dies ist eindeutig auch als Machtstrategie zu bezeichnen, doch das wird vom Feminismus und Teilen der Medien konsequent geleugnet.

Die Sexismus-Diskussion wird nicht fair geführt, doch das wird den Frauen mehr schaden als nutzen. Die Männer werden immer weniger Risiko eingehen und den beruflichen Kontakt zu Frauen einschränken. Dann wird es zwar vielleicht korrekter zugehen, aber die Chancen der Frauen auf Vorteilsgewinn werden auch sinken.

Wenn die traditionellen „Waffen der Frauen“ nicht mehr wirken, müssen sie sich erst wieder etwas Neues einfallen lassen."

Der Soziologe Walter Hollstein schreibt im Züricher „Tagesanzeiger" (29. Jänner):
Wieder nur Täter? – Die Sexismus-Debatte und die Doppelmoral

Im sonntäglichen Politik-Talk der ARD ging es um die Frage, ob Deutschland ein Sexismus-Problem hat. Günther Jauch, der Moderator, wies Alice Schwarzer darauf hin, dass sie ihm mal in einer Talkrunde gesagt habe, seine Krawatte sei auch nur ein Penisersatz. Schwarzer überhörte das. Jauch wurde grundsätzlicher und meinte, wenn er Vergleichbares zu einer Frau gesagt hätte, wäre das sexistisch gewesen. Schwarzer ignorierte ihn erneut.

Das ist typisch für die gegenwärtige Debatte. Sexismus wird nur auf Frauen als Opfer bezogen; die Täter sind ausschließlich Männer. Damit kein Missverständnis entsteht: Sexismus ist widerwärtig, und es ist gut, dass es darüber eine öffentliche Diskussion gibt. Aber: Sexismus gibt es ebenso sehr gegen Männer. Wenn z.B. Merilyn French in ihrem millionenfach verkauften Roman „Frauen" in die Welt schaut, erblickt sie „verrottete Männer" und „so großartige Frauen". Bereits diese Dichotomie ist sexistisch. Es geht aber noch weiter: Männer sind für French allesamt Nazis, die als Unterdrücker und Widerlinge nichts anderes als den Tod verdienen.

„Was ist ein Mann in Salzsäure?" fragt Schwarzers „Emma" und antwortet lakonisch: „Ein gelöstes Problem." Das war – nur en passant – in der nationalsozialistischen Epoche ein Judenwitz. Als in den USA Lorena Bobbit ihren Gatten – einen offenbar notorischen Ehebrecher – im Schlaf mit einem Messer entmannte, kommentierte Alice Schwarzer, dass Lorena Bobbit „ihren Mann entwaffnet" habe. „Eine hat es getan. Jetzt könnte es jede tun. Der Damm ist gebrochen, Gewalt ist für Frauen kein Tabu mehr. Es kann zurückgeschlagen werden. Oder gestochen."

Das ist von gestern, aber heutzutage ist es nicht besser:
Sybille Berg bezeichnet in ihrem Stück „Missionen der Schönheit" alle Männer als „Schweine". Acht Frauen erzählen, wie sehr sie unter den Männern gelitten haben und was diesen also dafür gebührt. Strafen sind z.B., dass ihnen die Kehle durchschnitten werden soll oder Fesseln, Verhungern lassen, „die Eier abschneiden".

Am 11.2. 2012 schreibt Berg in der Wiener „Die Presse": „Männer sind eben so. Sie müssen sich vermehren, das ist ihr Job. Egal, ob hetero- oder homosexuell, da muss immer was gehen, da müssen Pornos geschaut werden, Prostituierte gekauft, da muss gefummelt und einer weggesteckt werden". Im April 2012 ergänzt sie ihre Welt- und Geschlechtersicht in einer S.P.O.N.-Kolumne: „In der Welt der Männer langt es vermutlich, das Kinn nach vorne zu schieben, den Gegner beiseite zu walzen, nicht zuzuhören, keine Rücksicht auf Verluste".

Die amerikanischen Wissenschaftler Katherine A. Young und Paul Nathanson haben in ihrer Untersuchung "Spreading Misandry" minutiös belegt, wie die moderne Populärkultur unter dem feministischen Einfluss vor allem im Fernsehen, im Film und in der Massenliteratur „die Verachtung gegenüber Männern" propagiert. "Male bashing" nennt man das in den USA. Die preisgekrönte amerikanische Journalistin Kathleen Parker beschreibt in ihrem neuen Buch "Save the Males", wie verbales Eindreschen auf Männer inzwischen nachgerade zum Volkssport geworden ist.

Das muss Mann nicht auf sich sitzen lassen. Kritik ist selbstverständlich berechtigt, wenn es um männliche Vergehen und Fehler geht. Doch kein Mann muss sich, weil er nun mal eben Mann ist, als Vergewaltiger, Idiot oder Missgeburt der Natur beschimpfen lassen. Da ist Widerstand eine Frage der männlichen Selbstachtung. Auch Empörung, Wut und Korrektur sind mehr als berechtigt, und angesichts der Hasstiraden des ideologischen Feminismus ist es eigentlich befremdlich, dass sie auf Männerseite so moderat ausfallen. Nehmen wir uns ein Beispiel an den Frauen.

Im Grunde genommen wäre es ja ganz einfach: Es geht um Anstand und Respekt. Was man selber nicht angetan bekommen möchte, sollten wir auch nicht anderen antun. Nur eben: Das gilt für beide Geschlechter. Und zwar: gleichermaßen."

Christiane Hoffmann schreibt im „Spiegel" (28. Jänner):
„Das Klima wird politisch korrekter werden. Das ist keine attraktive Aussicht. Politische Korrektheit zwingt den Alltag, das ganze Leben in ein moralisches Korsett. Der kleine Unterschied wird wegmoralisiert. An die Stelle der alten Tabus treten neue. Ich habe keine Lust auf diese Intoleranz. Ich habe keine Lust, in einem moralpolizeilich gesicherten Umfeld zu arbeiten, wo Männer nicht mehr Männer sind und Frauen nicht mehr Frauen, sondern alle nur noch Arbeitsbienen."

Und Birgit Kelle im „European":
„Nein, mein Gott, ich möchte nicht Mann sein in dieser Welt, in der bereits 13-Jährige mit Push-up-BHs zur Schule gehen. Ich möchte nicht Mann sein in einer Welt, in der man überlegen muss, ob man noch mit einer Kollegin Kaffee trinken kann. Und vor allem möchte ich als Frau nicht in einer Welt leben, in der ich als armseliges Opfer betrachtet werde und Männer vor lauter Angst, etwas Falsches zu sagen, lieber gar nichts mehr sagen. Wir haben es selbst in der Hand als Frauen, wir haben die Männer in der Hand."

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wärmte soeben wieder ihre Forderung auf, „Grapscher" strafrechtlich zu verurteilen, Justizministerin Beatrix Karl ist dagegen. Auch Helmut Fuchs, Vorstand des Institutes für Strafrecht an der Uni Wien, hält die bisherigen Strafnormen für ausreichend.

Überlastete Gerichte und Staatsanwaltschaften dafür einzuspannen, scheint kaum sinnvoll. Denn dieses Fehlverhalten (Anlass der Debatte war ein afghanischer Po-Grapscher in Graz) kann bereits jetzt mittels Landesgesetz als Anstandsverletzung verwaltungsstrafrechtlich sowie zivilrechtlich geahndet werden, was unter anderem der ORF-„Report" und die Ö1-Büchersendung „Kontext" unter den Tisch fallen ließen. Auch die grüne feministische Frauensprecherin Judith Schwentner hält verwaltungsstrafrechtliche Sanktionierung für den gangbaren Weg.

Viktor Pölzl ist Obmann des Vereins Freimann, der sich für Gleichberechtigung auch für Männer einsetzt.
www.freimann.at

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