Bei einer unerwartet hohen Wahlbeteiligung von über 50 Prozent steht fest: Rund 60 Prozent der Wähler wünschen eine Beibehaltung der von Sozialisten und Grünen bekämpften Wehrpflicht. Nach einer auf niedrigstem Niveau geführten Wahlauseinandersetzung wurde eine primär militärisch relevante Frage großteils durch nicht-militärische Erwägungen entschieden. Hauptmotive der siegreichen Wehrdienstbefürworter waren nämlich die Beibehaltung des (für verschiedene Blaulichtorganisationen wichtigen) Zivildienstes, ein weiterhin gesicherter Katastrophenschutz und die Überzeugung, der Militärdienst übe auf junge Männer eine, auf welche Weise auch immer, disziplinierende Wirkung aus.
Einige interessante Details: In den Bundesländern gab es – teilweise sehr deutliche – Mehrheiten für die Wehrpflicht. Einzig in der rot-grün regierten Bundeshauptstadt fand sich eine Mehrheit zugunsten des Wechsels zu einem Berufsheer. Ob die Lorbeeren für diesen Erfolg nun eher den roten Wiener Parteisoldaten oder den Unterschichtmedien zustehen, die bis zuletzt – natürlich absolut selbstlos und nur der Sache verpflichtet – vehement die Geschäfte der Genossen besorgt hatten, ist schwer abzuschätzen.
Die Jungen stimmten mit deutlicher Mehrheit pro Berufsheer, mussten sich aber der erdrückenden Macht der Alten (die mit ebenso großer Mehrheit für die Beibehaltung der Wehrpflicht stimmten) beugen. Gegen die Interessen der Silberlocken ist in der rapide vergreisenden Alpenrepublik heute eben keine Wahl mehr zu gewinnen.
Besondere Bedeutung erhält diese Entscheidung angesichts der Tatsache, dass im Frühjahr in mehreren Bundesländern (in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg und Tirol) Wahlen anstehen und im Herbst des Jahres auch zum Nationalrat gewählt wird. Hätten sich die Sozialisten bei der Wehrpflichtabstimmung durchgesetzt, hätten sie – und deren grüne Wunschpartner für eine Koalitionsregierung – damit kräftigen Rückenwind für diese wesentlich wichtigeren Abstimmungen erhalten. Der Umstand, dass die geballte Medienmacht der „Kronen Zeitung“, einiger Gratisgazetten und des ORF den Roten keinen strahlenden Sieg bescheren konnte, lässt für den Herbst hoffen. Eine (radikal) linke Mehrheit scheint heute so unwahrscheinlich zu sein, wie schon lange nicht mehr.
Dass die Frage der Wehrpflicht am 20. 1. 2013 nicht ein für allemal entschieden wurde, liegt auf der Hand. Nicht deshalb, weil es wohl auch weiterhin Raum für berechtigte Kritik am bestehenden System geben wird, sondern weil jene (in- und ausländischen) Kräfte, die österreichische Truppen unbedingt als dauerhaften Bestandteil eines – jederzeit auch zu aggressiven Missionen „out of area“ bereiten – Militärbündnisses sehen wollen, wegen einer schief gegangenen Volksbefragung natürlich nicht aufgeben werden…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.