„Menschliches Leben ist nicht patentierbar." Der Satz dürfte keine besondere Überraschung hervorrufen. Im Falle des Urteils „Brüstle vs. Greenpeace“ durch den EU-Gerichtshof sorgte dieses Prinzip allerdings für einigen Wirbel. Die höchstrichterliche Instanz der Europäischen Union hatte entschieden, dass dem Stammzellenforscher Oliver Brüstle kein Patent auf die von ihm erforschten embryonalen Stammzellen zustehe, da die Würde des Menschen bereits mit der Befruchtung beginne.
Als im April 2012 offiziell die Europäische Bürgerinitiative als neues Instrument der Bürgerbeteiligung in der EU eingeführt wurde, nutzen einige Organisationen und Bürger die einmalige Gelegenheit und reichten „One of Us“ als eine der ersten Petitionen ein. Die Mitwirkenden berufen sich dabei auf das eben erwähnte Urteil des EuGH. Es geht darum, nun auch die entsprechenden Konsequenzen aus diesem Urteil zu ziehen. Das würde insbesondere bedeuten, dass EU-Institutionen jede Finanzierung von Aktivitäten einstellen, mit denen die Vernichtung menschlicher Embryonen einhergeht. Dies würde besonders die Forschung – den massiv geförderten Bereich der embryonalen Stammzellenforschung – aber auch manche Projekte der Entwicklungshilfe betreffen.
Interessanterweise würde das Ende dieser Art von Forschungsförderung aber weder eine Absage an die Wissenschaft noch einen Rückschlag bei der Behandlung bisher unheilbarer Krankheiten bedeuten. Der Arzt und Europa-Parlamentarier Dr. Peter Liese (CDU) meint dazu: „Adulte Stammzellen und Stammzellen aus Nabelschnurblut werden bereits sehr erfolgreich in der Behandlung von über 70 Krankheiten eingesetzt. Menschliche embryonale Stammzellen hingegen haben noch keinen einzigen Patienten auf der Welt geheilt.“
In der von der EU geförderten Entwicklungszusammenarbeit sind die moralisch fragwürdigen Punkte anderer Art. Im Rahmen des Programms „AccessRH“, das der „reproduktiven Gesundheit“ in Entwicklungsländern dienen will, subventioniert die Europäische Kommission zum Beispiel „Mary Stopes International“ (MSI). Diese Organisation wirbt damit, „zu Abtreibungen zu ermutigen“ und diese auch durchzuführen. Über 19 Millionen Euro hat MSI zwischen 2005 und 2009 von der EU für ihre Arbeit erhalten. Diese Art von Subventionen war selbst vor dem eingangs zitierten EuGH-Urteil schon rechtlich umstritten. Denn das die Entwicklungshilfe regelnde EU-Recht untersagt ausdrücklich „Anreize zum Schwangerschaftsabbruch“.
Ein europaweites Bündnis fordert nun das Ende der Finanzierung dieser ethisch bedenklichen Tätigkeiten. Aus zwanzig Mitgliedsstaaten haben sich Organisationen zusammengetan und die Europäische Bürgerinitiative „One of Us“ ins Leben gerufen. Europäische Bürgerinitiativen geben EU-Bürgern die Möglichkeit, ein Anliegen direkt vor die Kommission zu bringen, sofern es von einer Million Unterstützern aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedsstaaten unterzeichnet wird. Konzipiert als Instrument gegen das altbekannte Problem des Demokratiedefizits der EU, dürften gerade die ersten Europäischen Bürgerbegehren auf reges Interesse bei der Kommission stoßen.
Die Unterstützung der Initiative ist online und auf Unterschriftenlisten möglich, in Österreich sogar schon ab dem Wahlalter von 16 Jahren. Weitere Infos zu „One of Us“, online Unterzeichnung und Listen zum Sammeln von Unterschriften unter www.lebenskonferenz.at oder www.oneofus.eu.
Anne Fleck hat in Berlin Politik studiert und arbeitet für die Initiative One of Us.
Martin Kugler, Historiker, leitet die Agentur Kairos Consulting für Non-Profit Organisationen in Wien.