Die Euthanasie der Rentiers: Vom Ende des Sparens

John, Maynard Keynes, der – zum Unglück von Generationen – einflussreichste Nationalökonom des 20. Jahrhunderts, dessen Konzepte auch heute noch rund um den Globus Anhänger finden, träumte in seinem 1936 veröffentlichten Hauptwerk, „The General Theory of Employment, Interest and Money“ von einer „Euthanasie des Rentiers“ – ja er wünschte diese sogar herbei. Gemeint hatte er den Sparer, benutzte aber lieber das Wort Rentier, um seine brutalen Überlegungen vor dem schlichten Mann auf der Straße ein wenig zu tarnen.

Nach seiner Überzeugung schade der Sparer der wirtschaftlichen Entwicklung deshalb, weil der sein Geld nicht dem Konsum zuführe. Die „unterdrückerische Macht des Kapitals“, so der in der Wolle gefärbte Sozialist Keynes, werde schließlich durch die Euthanasie des Rentiers zum Ende kommen. Welch ein Segen!

Wer sich den zitierten Schmöker tatsächlich antun möchte, sollte keinesfalls darauf verzichten, dazu simultan die vernichtende Kritik aus der Feder Henry Hazlitts zu lesen: The Failure of the New Economics.

Dem Himmel auf Erden – der durch ebenso geniale wie selbstlose Staatenlenker geschaffen würde, die sich auf nichts besser verstehen als auf die „Feinsteuerung“ der Wirtschaft – stünde dann kein kleinmütiger, selbstsüchtiger Bremser mehr im Wege. Wie alle überzeugten Etatisten war auch Lord Keynes, ein Bewunderer des nationalsozialistischen Deutschlands, vom Triumph des Willens der Regierungen überzeugt – wenn diese nur konsequent genug die richtigen Register zögen und an den passenden Schrauben drehten. Dass das Genie der Regierenden – von Lenin bis Hitler und von Kreisky bis Obama – in exakt 100 von 100 Fällen im Kriegführen, Gelddrucken und/oder in rücksichtsloser Schuldenmacherei gipfelt, ist eine von der Masse der Wahlberechtigten bedauerlicherweise bis heute nicht so recht gelernte Lektion.

Nun, 77 Jahre später, sind die Machthaber dieser Welt ihrem Ziel (den Sparer umzubringen) so nahe wie noch nie zuvor. Durch hoheitlichen Interventionismus herbeigeführte Negativzinsen, so weit das Auge reicht. Keine Chance, die Substanz seines Geldvermögens zu bewahren – falls man als Anleger nicht optimistisch und schwindelfrei genug ist, um sein sauer verdientes Geld in hochriskante Spekulationsgeschäfte zu stecken oder über Immobilienkäufe dem bevorzugten Zugriff des Fiskus anzudienen. Die für ihren Enkel sparende Oma täte jedenfalls – noch ehe sie am Schnabelhäferl saugt – wesentlich besser daran, ihr Geld zu verjubeln, anstatt es bei realen Teuerungsraten um die sieben bis acht Prozent (die offiziell kolportierten zwei Prozent sind reine Regierungspropaganda!) auf einem faktisch unverzinsten Sparbuch zu parken. Denn der Beschenkte oder der Erbe wird sich um ein paar Tausender in wenigen Jahren vermutlich gerade noch ein Wurstsemmerl kaufen können.

Merke: Zur Entfesselung einer Hyperinflation bedarf es keines Krieges! Als einzig wertbeständiger, nicht inflationierbarer Ausweg bietet sich heute – deprimierend genug – nur noch das Horten von Edelmetallen (bevorzugt Gold und Silber) an.

Ist nun die Welt, nachdem eine völlig moralfrei agierende Koalition aus Regierungen, Noten- und Geschäftsbanken das Sparen (mittels Sparbüchern, Lebensversicherungen und anderen festverzinslichen Anlageformen) erfolgreich geächtet oder sinnlos gemacht hat, tatsächlich zu einem besseren Ort geworden? Wohl kaum. Denn einiges spricht dafür, dass bereits im laufenden Jahr vielen von der Krise bis heute vermeintlich noch nicht Betroffenen klar werden wird, dass das nicht der Fall ist: Unbelastetes Eigentum macht frei. Schulden dagegen versklaven.

Der Jubel über die gerade noch umschiffte „Fiscal Cliff“ der USA kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zahlreichen Strukturprobleme der Vereinigten Staaten damit keineswegs gelöst sind. Der Zeitgewinn, den die EU durch die gerade noch abgewendete Pleite Griechenlands erzielt hat, wird wieder nicht dazu genutzt werden, um die europaweit nötigen, schmerzhaften Reformen umzusetzen. Um das vorauszusehen bedarf es keiner Kristallkugel. Und die Target-Verbindlichkeiten anderer Eurostaaten gegenüber Deutschland werden wohl auch anno 2013 weiter zunehmen. Die bundesrepublikanischen Sparer und Steuerzahler finanzieren auf diese Weise – was viele von ihnen noch nicht begriffen haben – den Export der deutschen Industrie in jene Länder, die ihre Rechnungen nie zu begleichen gedenken. Eine tolle Leistung – der Belieferten! Der Deutsche Michel hätte den PIIGS ihre Audis, BMWs, Mercedes´ und Werkzeugmaschinen also auch gleich schenken können – das hätte immerhin einigen Buchungsaufwand erspart…

Wie auch immer: Eine auf Bergen wachsender Schulden sitzende Staatengemeinschaft dürfte nicht gerade das sein, was man als Garant kollektiver Stabilität preisen könnte.

Wie formulierte es Paul Watzlawick: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.“

Prosit 2013!

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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