Ermittlungen gegen Durnwalder: Zusammenhang mit Laurin-Causa?

Gegen den Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder ermittelt die Bozener Staatsanwaltschaft wegen des angeblichen Delikts der Amtsunterschlagung. Die Strafverfolgung gründet auf dem so genannten Anfangsverdacht, welchen der Rechnungshof im Zusammenhang mit Durnwalders Sonderfonds und daraus getätigten Ausgaben erhebt. Die in Durnwalders Amtssitz beschlagnahmten Akten – derlei kam erstmals am Sitz eines Südtiroler Landeshauptmanns vor – wurden an den Leitenden Staatsanwalt übermittelt.  Beanstandet werden Ausgaben in Höhe von insgesamt 1,3 Millionen Euro zwischen 1994 und 2012.

Neben einem Reptilienfonds (Repräsentationsgeldern) verfügen die Mitglieder der Südtiroler Landesregierung jeweils über einen Sonderfonds, dessen Ausgaben nicht belegt, sondern nur aufgelistet werden. Durnwalder steht eine jährliche Summe von 72.000 Euro zur Verfügung. Dieses Geld, so der Rechnungshof, sei vielfach für unzulässige Zwecke wie Geschenke, Eintrittskarten oder Arzneimittel ausgegeben worden – ein Vorwurf, den Durnwalder bestreitet: Er habe aus seiner eigenen Brieftasche Ausgaben vorgestreckt; am Monatsende seien sie mit dem Sonderfonds verrechnet worden.

Die Staatsanwaltschaft, die dem Vernehmen nach unter anderem Kosten für Durnwalders opulente Feier aus Anlass seines 70. Geburtstags auf Schloß Tyrol bei Meran unter die Lupe nimmt, scheint jedoch anderer Ansicht zu sein und stellt das bisherige System in Frage. Sie beruft sich auf einen sizilianischen Präzedenzfall des Jahres 2009, zu dem das Kassationsgericht entschieden hatte, dass alle Sonderfondsausgaben dokumentiert und begründet werden müssen. Laut italienischem Strafgesetzbuch begeht eine Amtsperson selbst dann Unterschlagung im Amt, wenn sie sich Geld oder eine andere bewegliche Sache nur für kurze Zeit leiht bzw. aneignet und die Verrechnung später erfolgt.

Leitender italienischer Staatsanwalt in Bozen ist Guido Rispoli. Dessen Vorgehen mit publizistischem Getöse gegen Durnwalder, den mächtigsten Mann Südtirols, scheint indes zwei Ziele zu verfolgen: Seht her, wir ermitteln gegen jeden, gleich welchen Ranges, Amtes oder Standes, lautet die Botschaft. Und er verfolgt damit zugleich eine klare Entlastungsstrategie für sich selbst in einem anderen Fall, der im Rechtsgeflecht zwischen Italien, Österreich, Deutschland und Liechtenstein einigen Staub aufgewirbelt und bei dem sich Rispoli mittlerweile zwei kräftige Abfuhren eingehandelt hat.

Seit zwei 2010 Jahren lässt Rispoli gegen die Laurin-Stiftung ermitteln, eine in Liechtenstein ansässige Privatstiftung, in welche die in Australien lebende Philantropin Helga Christian, Tochter eines Wiener Industriellen, große Teile ihres ererbten Vermögens einbrachte. Die Stiftung unterstützt vornehmlich in Not geratene Bergbauern. Stiftungsgelder fließen zudem in die Kulturarbeit Südtirols. Der Eifer Rispolis richtet sich hauptsächlich gegen zwei Mitglieder des Stiftungskuratoriums: Erhard Hartung und Peter Kienesberger, zwei in Deutschland lebende Österreicher, die zu den Südtiroler Freiheitskämpfern zählen.

Im Vorjahr ließ Rispoli das Bozener Stiftungsbüro durchsuchen. Im Frühjahr rückte er in Nürnberg an und ließ bei Kienesberger Rechner, Speichermedien sowie Unterlagen beschlagnahmen. Das Amtsgericht Nürnberg hatte Rispolis Rechtshilfeersuchen zunächst entsprochen, wogegen Kienesberger Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht einlegte. Dieses stellte hingegen die Unrechtmäßigkeit des Vorgehens fest.

Werner Neubauer (FPÖ), Mitglied im Südtirol-Unterausschuss des österreichischen Parlaments, frohlockt und spricht von einer „Zurechtweisung und rechtsstaatlichen Belehrung der italienischen Staatsanwaltschaft in Bozen“. Und fährt fort: „Wie aus Innsbruck zu vernehmen ist, hat sich Rispoli mit seinem Ansinnen, maßgebliche Vertreter aus Politik und Gesellschaft in Tirol und Südtirol, aber auch Vertreter der Laurin-Stiftung, politisch motiviert zu verfolgen, eine Abfuhr bei der österreichischen Justiz eingeholt".

In einem Rechtshilfeersuchen hatte der Leiter der italienischen Staatsanwaltschaft Bozen begehrt, dass die österreichischen Justizbehörden im Zuge von Hausdurchsuchungen „Unterlagen sicherstellen sollten, die sich auf die Laurin-Stiftung, auf politische Parteien Südtirols (Die Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit, Union für Südtirol), auf deren Vertreter (Pius Leitner, Ulli Mair, Eva Klotz, Sven Knoll, Andreas Pöder), auf Bürgermeister Südtirols, auf den Schützenbund“ beziehen. Als „Begründung" war unterstellt worden, dass die in Liechtenstein registrierte Stiftung „eine illegale Geheimgesellschaft“ sei.

Ebenso wie zuvor die liechtensteinische und deutsche Justiz wies nun auch das Innsbrucker Landesgericht das Rechtshilfeersuchen Rispolis zurück. Es verweigerte Hausdurchsuchungen sowie die Auslieferung sämtlicher Stiftungsunterlagen und der damit verbundenen Kontenöffnungen. Damit ist auch der lächerliche Vorwurf der Steuerhinterziehung, welcher ohnedies jeder Grundlage entbehrte, vom Tisch.

Neubauer freut es, „dass nach der deutschen nun auch die österreichische Justiz gegen diese ungerechtfertigte Vorgehensweise der italienischen Staatsanwaltschaft entschieden“ habe. Ebenso Sven Knoll, Landtagsabgeordneter der Partei Süd-Tiroler Freiheit: Damit hätten die österreichischen Justizbehörden den „politisch motivierten Untersuchungen“ Rispolis eine klare Absage erteilt. Man darf nun gespannt sein, welchen Ausgang die „Causa Durnwalder“ nimmt.

Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist

 

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