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Familienrecht: Justiz-Entwurf demontiert wieder einmal die Familie

Seit Mitte Oktober haben die begutachtenden Stellen das dicke Konvolut eines Entwurfes am Tisch, mit dem das Namensrecht, das Kindschaftsrecht und viele weitere Bestimmungen geändert werden sollen. In den Medien bereits ausführlichst bejubelt wurden die neuen Regelungen zur Obsorge.

Nachdem Justizministerin und Frauenministerin diesen Regierungsentwurf ausgehandelt haben, werden nur die notwendigsten Verbesserungen durchgeführt, nämlich jene Ungerechtigkeiten, die bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der österreichische Verfassungsgerichtshof bemängelt haben – der große Wurf blieb jedoch aus. Auch weiterhin wird es keine automatische gemeinsame Obsorge geben, bei unehelichen Kindern bleibt alleine die Mutter obsorgeberechtigt. Immerhin wurde aber erkannt, dass schon alleine durch die lange Dauer der Verfahren oft eine Entfremdung des Kindes von einem Elternteil (meist dem Vater) eintritt, und diese „nur mehr schwer zu revidieren ist“. „Besuchsmittler“ und eine Familiengerichtshilfe (derzeit erst im Stadium der Erprobung) sollen für Beratung und Beschleunigung sorgen.

In diesem Artikel sollen aber ein paar kleinere, quasi versteckte, Änderungen aufgezeigt werden, die den seit langem eingeschlagenen Weg der Demontage von Ehe und Familie fortführen. Da wären zunächst die umfangreichen Änderungen im Namensrecht, die mit einem angeblichen „Wunsch in der Bevölkerung“ nach einem flexibleren Namensrecht begründet werden. Künftig sollen Doppelnamen auch für die Kinder möglich sein. Das Ende des gemeinsamen Familiennamens gab es ja schon mit dem Namensrechtsänderungsgesetz 1995, nun sollen Vater, Mutter und Kinder jeweils verschiedene Namen tragen können. Wird das das Gefühl der Zusammengehörigkeit in den Familien stärken?

In den Erläuterungen zum Entwurf führt das Justizministerium sogar an, dass derzeit einige Ehen nicht geschlossen würden, weil das geltende Namensrecht so begrenzt sei. Derzeit bekommt die Familie den Geschlechtsnamen des Mannes, sofern nicht ein gemeinsamer Familienname bestimmt wird oder die Frau aktiv ihren Familiennamen behält. Künftig soll es der Normalfall sein, dass der eigene Familienname behalten wird.

„Uneheliche Kinder“ gibt es nicht mehr

Bei unehelichen Kindern sehen die Juristen des Justizressorts angeblich einen speziellen Reformbedarf. Das Ministerium vermutet, dass die Mehrzahl dieser Kinder in einer „intakten eheähnlichen Lebensgemeinschaft zur Welt kommt und aufwächst“. Damit meinen die Autoren des Entwurfs offenbar nicht-eheliche Lebensgemeinschaften. Auch in diesen Fällen soll der Name des Vaters (derzeit hat ein uneheliches Kind den Namen der Mutter) oder ein Doppelname geführt werden können. Diese unscheinbare Regelung hätte den Effekt, dass eheliche und nicht-eheliche Verbindungen nach außen hin nicht mehr zu unterscheiden wären. Offenbar ein weiterer Versuch der gesellschaftlichen Reformatoren, die Ehe rechtlich und gesellschaftlich abzuwerten. Bald bleiben nur noch die Verpflichtungen der Ehepartner über, wie Unterhaltspflicht und Treue, während die Vorteile jede beliebige Lebensgemeinschaft ernten darf.

Überhaupt geht der Entwurf davon aus, dass uneheliche Kinder dadurch Gleichbehandlung erfahren sollen, dass der Begriff „uneheliche Kinder“ legistisch gestrichen werden soll, ebenso wie die Legimitation durch nachfolgende Ehe oder die Ehelicherklärung durch das Staatsoberhaupt. „Ehe“ und „ehelich“ haben im österreichischen Justizwesen offenbar keinen Wert mehr. Es ist auch stark zu bezweifeln, dass durch die Beseitigung des Legalbegriffs „uneheliche Kinder“ tatsächlich auch die soziale Wirklichkeit geändert werden kann, gerade in Zeiten, wo die Unehelichenquote mehr als 40 Prozent der bundesweiten Geburten beträgt.

Ja zur Tradition – aber nur bei Migrationshintergrund

Sehr viel Verständnis bringt der Entwurf für Personen auf, die einen „ihrer Tradition oder Herkunft entsprechenden geschlechtsspezifischen Namen führen“, etwa Personen aus der slawischen Welt. Die Deklination solcher Namen kann künftig durch eine simple Erklärung vor dem Standesamt erfolgen. Schön, dass das Justizministerium wenigstens bei Personen mit Migrationshintergrund die Traditionen ernst nimmt.

Damen und Herren mit einer häufigen Scheidungserfahrung können sich ebenfalls freuen, denn das neue Namensrecht sieht vor, dass jeder schon einmal getragene Name wieder angenommen werden kann. Derzeit ist dies nur erlaubt, wenn aus dieser Ehe Kinder vorhanden sind.

„Kleine Obsorge“ für den Lebensabschnittspartner

Bei den Änderungen zur Obsorge ist ein altes Anliegen des Justizressorts versteckt, das bisher verhindert werden konnte: Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens können auch von Personen ausgeübt werden, die im Haushalt leben und mit dem Elternteil „in einem familiären Verhältnis stehen“, also beispielsweise der Lebensgefährte der Mutter oder auch – in den Erläuterungen extra angeführt – eine Person die mit dem Elternteil eine eingetragene Partnerschaft begründet hat, also eine gleichgeschlechtliche Beziehung hat. Bisher hatte diese „kleine Obsorge“ nur der verheiratete Partner des Elternteils inne, also z.B. der Stiefvater. Wieder ein Beleg dafür, dass der Justizministerin die Ehe nicht wichtiger ist als eine beliebige Beziehung ohne rechtliche Verbindlichkeit. Als Beispiel für die Anwendung dieser Bestimmung führt der Entwurf zum Beispiel auch die Zustimmung in eine nicht schwerwiegende medizinische Behandlung an.

Nun gibt es ja den nicht seltenen Fall, dass auch der zweite leibliche Elternteil die Obsorge hat. Laut Entwurf müssten beide Elternteile verhindert sein, damit der Lebensgefährte diese Obsorgeangelegenheiten regeln darf. Zu dem gleichen Thema, nämlich die Einbeziehung des zweiten Elternteils, sieht der neue § 137 ABGB allerdings neue Einschränkungen vor, die das Gerede von der gemeinsamen Obsorge ad absurdum führen. Gilt derzeit die Bestimmung, dass die Eltern einvernehmlich vorgehen „sollen“, so wird das im Entwurf deutlich abgeschwächt und trägt offenbar die Handschrift der Frauenministerin.

Der neue Text spricht von der einvernehmlichen Obsorge dann, wenn dies „tunlich und möglich“ ist. Die Kontaktaufnahme mit dem zweiten Elternteil soll also nur stattfinden, wenn das Kriterium der Tunlichkeit zutrifft. Ansonsten würde der betreuende Elternteil „unnötig belastet“ werden. Die zweite Einschränkung „soweit möglich“ setzt nach den Erläuterungen „zeitliche und faktische“ Grenzen und führt als Beispiel eine dringende medizinische Behandlung an, es wird vermutet, dass die Zeit für die Kontaktaufnahme zu kurz sei. Möglicherweise ist dem Justizressort aber auch nicht bekannt, dass es seit geraumer Zeit Mobiltelephone gibt, mit denen man nicht nur jederzeit telefonieren kann, sondern auch Kurzmitteilungen und E-Mails empfangen kann.

Welcher Aufwand zur Erreichbarkeit verhältnismäßig ist oder überhaupt tunlich, damit werden sich in Zukunft wieder die Familiengerichte beschäftigen dürfen.

Mag. Dr. iur. Peter Pitzinger ist Familienvater von fünf Kindern, Jurist und als Beamter tätig.

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