Volksbefragung: ÖVP fürchtet Genderdebatte

Die Fragestellung für die Bundesheer-Volksbefragung im Jänner wurde von SPÖ und ÖVP fixiert. Zur Abstimmung stehen bekanntlich der SPÖ-Vorschlag für ein Berufsheer und freiwillige soziale Dienste und der ÖVP-Vorschlag für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes. Das Ergebnis der Volksbefragung soll bindend sein und es dürfen auch die Frauen mitentscheiden, obwohl sie eigentlich nicht betroffen sind.

Eine „allgemeine" Wehrpflicht gibt es nicht, da sie bekanntlich – ebenso wie der Zivildienst als Ersatzdienst – nur für Männer gilt. Der ÖVP-Vorschlag widerspricht dem Staatsziel gleicher Rechte und Pflichten für alle Staatsbürger und ist als männerdiskriminierend abzulehnen.

Unterstützt wird er von der oppositionellen FPÖ, auch wenn diese in einer ersten Reaktion etwas daran herummeckerte, weil sie nicht eingebunden worden sei und eine einfachere Fragestellung im Abstimmungstext (Wehrdienst und Zivildienst ja oder nein) vorgezogen hätte. FPÖ-Chef H.C. Strache lobte am 19. September neuerlich die „allgemeine Wehrpflicht" als „Garant für die Einbindung und Integration der jungen Menschen in das soziale Gefüge unserer Gesellschaft", ohne auch nur ein Wort über die Männerdiskriminierung zu verlieren, ebenso wie ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die im November 2011 den Wehrdienst als „gut für junge Leute" bezeichnete. Tatsächlich werden Soldaten zu Befehlsempfängern „ausgebildet". Wobei aber selbst in der ÖVP die Erkenntnis dämmert, dass das Bundesheer, so wie es jetzt ist, nicht bleiben kann.

Die Erwähnung des Zivildienstes in der Fragestellung kann als Vorteil für die ÖVP gesehen werden, zumal die Österreicher eher dazu neigen, an Bestehendem festzuhalten („Das Volk der Raunzer scheut die Tat"). Viele soziale Organisationen profitieren von den bisher geringen Kosten für bei ihnen beschäftigte Zivildiener, was auf das gesamte Lohnniveau im Sozialbereich abfärbt.

Nach Medienberichten haben sich ÖVP-Frauen entschieden gegen eine Gleichverpflichtung ausgesprochen. Der ÖVP-Klubsekretär im Parlament, Bernhard Peer, argumentierte dem Verein Freimann gegenüber so: „Eine Ausdehnung der Dienstpflicht auf Frauen stand dabei in den koalitionsinternen Überlegungen nie zur Debatte, wiewohl ich Ihnen recht gebe, dass man auch ein derartiges Modell durchaus diskutieren könnte. Es steht aber zu befürchten, dass die eigentliche Frage um die es geht, nämlich ob das österreichische Bundesheer in seiner jetzigen Form und Mannstärke erhalten bleiben soll, durch das Gender-Thema verdrängt wird. Damit wäre unserem Anliegen – nämlich Wehrdienst und Zivildienst aufrecht zu erhalten – nicht gedient."

Eine Einbeziehung von Frauen in den zweiten Teil der Fragestellung wäre im Interesse des Allgemeinwohls, wurde aber anscheinend aus taktischen Gründen verworfen. Wie Leserbriefe beweisen, lässt sich aber das „Gender"-Thema nicht wunschgemäß ausblenden. Mittlerweile hat sich der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner in der „Ganzen Woche" vom 19. September für eine Dienstpflicht auch für Frauen ausgesprochen. Der oberösterreichische Kameradschaftsbund hatte bekanntlich im November 2010 sogar ein Volksbegehren für die „Allgemeine Wehrpflicht für alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger" angekündigt.

Und in der „Kleinen Zeitung" vom 11. Februar 2011 hatte eine profilierte Grazer Feministin eine für Privilegienritterinnen, aber auch für mutlose Parteien peinliche Frage gestellt. Brigitte Trip wörtlich: „Vielleicht kapiere ich irgendetwas nicht mehr, aber wieso soll es nicht möglich sein, Burschen und – ganz im Sinne von Gender – auch Mädchen für einen bestimmten Zeitraum (ein Jahr) zu einem sozialen Dienst – zur Arbeit an ökologischen Projekten, zur Mithilfe bei Kulturinitiativen oder was auch sonst Sinn an gemeinschaftlicher Arbeit macht, zu verpflichten?"

Viktor Pölzl ist Obmann des Vereins Freimann, der sich für Gleichberechtigung auch für Männer einsetzt.
www.freimann.at

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