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Nicht ganz dicht

Ein Telefonat im Jahr 2025: „Ich habe einen Wasserrohrbruch. Mein Badezimmer ist überflutet. Schicken Sie mir bitte einen Installateur!“ Die Antwort aus der Notrufzentrale: „Halten Sie den Finger drauf! In einer halben Stunde ist ein Psychologe bei Ihnen. Der Installateur hat leider erst übermorgen einen Termin frei.“

Was heute noch wie ein schlechter Witz klingt, könnte morgen schon bittere Realität werden. Eine absurde Koalition aus einfachen Gemütern, linken Bildungsideologen („Jedem seine Matura!“) und USA-hörigen OECD-„Experten“ hat zu einem dramatischen Prestigeverfall des Handwerks geführt. Körperliche Anstrengung und Transpiration sind nur dann chic, wenn sie in der Freizeit stattfinden – womöglich im sündteuren Fitnessstudio.

Der „goldene Boden“ des Handwerks existiert nur mehr im Sprichwort und nicht mehr in den Köpfen der Menschen, auch wenn sich die wenigen verbliebenen Meister ihres Faches längst goldene Nasen verdienen. Da Knappheit den Preis bestimmt, klaffen gesellschaftliches Prestige und persönlicher Kontostand mittlerweile weit auseinander.

Während Jobsicherheit und gutes Einkommen für gute Junghandwerker selbstverständlich sind, jobben Jungakademiker – und längst nicht mehr nur Orchideenfach-Absolventen – mittlerweile massenhaft in miserabel dotierten Praktika. Bereits heute hätte jeder dritte Akademiker in Österreich sein Studium nicht für seinen Beruf benötigt![i] Und trotzdem fordert die oben beschriebene absurde Koalition eine drastische Erhöhung der Akademikerquote…

In der Berliner Zeitung vom 30. August stellt Felix Rauner, Professor für Berufsbildungsforschung an der Universität Bremen (ein Fachmann, kein „Experte“), fest, dass der Bedarf an Hochschulabsolventen bei nur rund zwanzig Prozent eines jeden Jahrgangs liege. Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge geht der Trend zum Studium in fast allen EU-Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit einher. „Pauschal höhere Akademikerquoten zu fordern, ist Unfug“, so das simple Fazit Rauners.[ii]

Natürlich kann man einen 28-Jährigen Bachelor der Theaterwissenschaften zum Installateur umschulen. Ob eine solche Strategie allerdings unter demographischen wie volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist und ob sie den Installateur von morgen glücklich macht, sei dahingestellt.

„Die USA kennen das Ganze seit 50 Jahren, denn sie haben mit dem gleichen Unsinn bereits ihre eigene Wirtschaft ruiniert.“[iii]Dort stiegen die Studentenzahlen bereits vor einem halben Jahrhundert stark an, worunter die Qualität der Studiengänge litt. Aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist ein Land grenzenloser Unmöglichkeiten geworden: „Es gibt dort Seminare, in denen das Ausrichten von Hochzeiten oder Haus- und Gartenpflege gelehrt wird. Das bewegt sich auf Volkshochschulniveau.“[iv]

Aus den Fehlern anderer zu lernen, ist ein Zeichen von Klugheit. Aber gelegentlich habe ich den Eindruck, dass nicht nur manche Wasserrohre nicht ganz dicht sind…

Dr. Eckehard Quin ist AHS-Lehrer für Chemie und Geschichte sowie Vorsitzender der AHS-Gewerkschaft

Endnoten

[i]„Der Anteil der im Ausland geborenen Akademiker, die unter ihrem Qualifikationsniveau eingesetzt werden, liegt bei etwas über 47 %, bei den im Inland geborenen Akademiker bei etwas über 30 %.“ WIFO, Die ökonomischen Wirkungen der Immigration in Österreich 1989-2007 (2008), S. 39

[ii]Stefan Sauer, Viele Studenten, wenig Lehrlinge. In: Berliner Zeitung Online vom 30.8.2012, http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/bildung-viele-studenten--wenig-lehrlinge,10808230,17002322.html

[iii]Prof. Dr. Jochen Krautz, www.bildung-wissen.eu am 3. September 2012

[iv] Sauer, Viele Studenten, wenig Lehrlinge

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