Geldpolitik: Totale Niederlage der Liberalen

Die Geschichte der Kassandra ist bekannt. Sie sah das Unheil kommen und warnte davor – doch keiner wollte ihr glauben. Am Ende teilte sie das traurige Schicksal der verblendeten Trojaner, die nicht auf sie hörten. Sie fand ein tragisches Ende.

In einer davon möglicherweise nicht ganz verschiedenen Lage befinden sich heute jene Liberalen, die seit Jahr und Tag vor den Gefahren einer immer stärkeren Zentralisierung politischer Institutionen, einer damit verbundenen, immer massiveren Machtakkumulation und einer von den politischen Eliten erzwungenen europaweiten Gleichmacherei warnen. Keiner will ihre Botschaften hören – ja man greift sie für ihre Skepsis gegenüber der Hybris der Eurokraten sogar unentwegt an. Sollten sie mit ihren Mahnungen am Ende recht behalten, wird man ihnen wohl vorwerfen, „selbst-erfüllende Prophezeiungen“ in die Welt gesetzt und damit die Schuld am absehbaren Finanzdebakel auf sich geladen zu haben. Ihre „Sehergabe“ wird ihnen daher nicht helfen.

Besonders in Fragen der Geldpolitik stehen die auf dem Boden der „Österreichischen Schule“ stehenden Mahner auf verlorenem Posten. Der illusionäre Glaube weiter Teile der Wählerschaft – insbesondere aber der Regierenden, der Zentralbanker und der Hauptstrommedien – mittels der Notenpresse strukturelle, volkswirtschaftliche Defizite beheben zu können, ist übermächtig. Der deutsche Ökonom Christoph Braunschweig hat dafür den Begriff eines „fatalen Teufelskreises aus Politikerversprechen und Wähleransprüchen“ gefunden. Ein Entzug der Droge „billiges Geld“ scheint inzwischen politisch nicht mehr durchsetzbar, wenn nicht völlig unmöglich geworden zu sein.

An kritischen Stimmen fehlte und fehlt es indessen nicht. Der US-Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman sagte bereits vor Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung deren Scheitern voraus. Er meinte außerdem: „Eine Währungsunion, die unter ungünstigen Bedingungen oktroyiert wird, wird sich als Hindernis für das Erreichen von politischer Einheit erweisen." Das Urteil darüber, ob es eher einen Schaden oder einen Segen bedeutet, der politischen Einheit (Europas) Hindernisse in den Weg zu legen, hängt indes stark vom Standpunkt des Betrachters ab. Angesichts des manischen Aktionismus´ der Eurokraten, die immer neue Ge- und Verbote produzieren und die Reste der Freiheit immer mehr ersticken, ist es kein Wunder, dass etwa in Deutschland bereits eine Mehrheit der Bürger für einen Ausstieg aus dem Albtraum Euro plädiert.

Faktum ist, dass die, wie Friedman es formulierte, „oktroyierte Währungsunion“ eine ganze Reihe von Problemen geschaffen hat, derer die Union bis heute nicht Herr werden konnte. Der martialische Sprachgebrauch im Kampf gegen die Krise, in der u. a. der Einsatz einer „Bazooka“ und die „Erhöhung der Feuerkraft“ der zum Einsatz kommenden Instrumente gefordert wird, zeigt auf erschreckende Weise, welcher Geist in den Politbüros herrscht: Man wähnt sich im Krieg! Die Erkenntnis, dass der Wohlstand der Nationen nicht von todesmutigen Bomberpiloten und Panzermännern, sondern von tüchtigen Ingenieuren, Facharbeitern und Kaufleuten geschaffen wird, scheint den militarisierten Machthabern vollständig abhanden gekommen zu sein.

Der Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH, Thorsten Polleit, kommentierte bereits im Juli dieses Jahres: „Die Notenbanken sind auf einem gefährlichen Weg, der in einer Hyperinflation enden muss.“ Das war – wohlgemerkt – noch vor dem Beschluss der EZB, „unbegrenzt“ Staatsanleihen aufkaufen zu wollen und noch ehe das Deutsche Bundesverfassungsgericht sein unheilvolles Urteil zum ESM, mit dem wohl das endgültige Ende seriöser Budgetpolitik in Euroland besiegelt wurde, gefällt hat.

Die Größenordnungen, um die es geht, sind Schwindel erregend. Insgesamt wurden von den wichtigsten Notenbanken der Welt, der FED, der EZB, der Bank of England und der Bank of Japan, seit Ausbruch der Krise im Jahr 2008 rund sechs Billionen Dollar aus dem Nichts geschaffen und zum Großteil in Staatsanleihen „investiert“. Es ist wichtig zu sehen, das diesen gewaltigen, neu geschöpften Geldsummen keinerlei Zuwachs an realen Werten gegenübersteht!

Polleit warnt folgerichtig davor, die Inflationsgefahr zu unterschätzen. Die derzeit relativ niedrigen Teuerungsraten wären allein auf die flaue Weltkonjunktur zurückzuführen, welche die Wirkung der expansiven Geldpolitik derzeit noch begrenzen würde. In der Tat ist mit einer galoppierenden Inflation erst ab dem Zeitpunkt zu rechnen, an dem das ins Finanzsystem gepumpte Geld in großen Mengen die Realwirtschaft erreicht. Gegenwärtig beschränkt sich die Teuerung noch auf Aktien und den Immobiliensektor. Die Börsen nehmen jede Ankündigung weiterer Geldmengenausweitungen freudig auf und reagieren – trotz einer unverändert prekären Lage der Weltwirtschaft – mit Kursfeuerwerken.

Ob der dräuenden Gefahr der Geldentwertung, „flüchten“ verunsicherte Anleger außerdem in scheinbar sichere Immobilienanlagen und in Gold und Rohstoffe. Irgendwo muss ihr Geld ja schließlich platziert werden. Dass allerdings selbst in den Hauptstrommedien zuletzt vermehrt Kommentare erscheinen, die vor der Inflationsgefahr warnen, sollte zu denken geben…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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