Vor einigen Wochen tötet ein 37jähriger in einer Volksschule in St. Pölten seinen achtjährigen Sohn mit einem Kopfschuss. Die Medien berichten ausführlich über diese unfassbare Tat. Eine Information fehlte allerdings in den meisten Berichten: Der Täter ist ein Türke bzw. türkischer Herkunft. Warum wird den Lesern, Hörern und Sehern diese Information vorenthalten, warum diese Selbstzensur?
Der Wiener Publizistikwissenschafter Fritz Hausjell weiß die Antwort: „Hinweise auf Migrationshintergrund sind völlig entbehrlich.“[i]
Diese Meinung hat sich mittlerweile bei fast allen politisch-korrekten Medien durchgesetzt. Der Nachrichtenkonsument braucht nicht zu wissen, woher der Täter kommt. Oder besser: Er darf es nicht wissen.
Diese Information ist nämlich rassistisch, so die wenig stringente Argumentation von Hausjell. Führt man den Gedankengang des Publizistikwissenschafters fort, dann kann man sich genauso gut die Frage stellen, ob die Angabe des Geschlechts nicht sexistisch ist. Und was ist mit dem Alter, dem Bildungsgrad, dem Familienstand oder der Religion?
Schließlich gibt es auch Altersdiskriminierung, soziale Benachteiligung, etc. Würde man Hausjells Argument zu Ende denken, dann würde der gemeine Zeitungskonsument nur noch Schlagzeilen wie diese zu lesen bekommen: „Irgendjemand schießt achtjährigen in den Kopf“ Politisch-korrekter Journalismus in seiner vollendeten Form.
Den Publizistikwissenschaftern und Mainstream-Journalisten geht es aber ohnehin um etwas anderes. Die Herkunft, die Nationalität oder der Migrationshintergrund spielt nämlich nur dann keine Rolle, wenn der Unhold aus ganz bestimmten Weltgegenden und Kulturkreisen kommt. Ist der Verbrecher ein autochthoner Europäer, ein Amerikaner, Japaner, Koreaner oder Australier, ja dann ist das plötzlich höchst relevant. Beispiel gefällig?
Der politisch stets äußerst korrekte ORF, der seinen Rezipienten die Herkunft des 37jährigen Türken selbstredend nicht verraten hat, hat bei einem früheren Fall ganz anders berichtet.
Im sogenannten Mordfall Nickelsdorf war die Herkunft des Täters nicht nur durchaus relevant, sie war sogar der Aufhänger der Meldung. Im Internet berichtet der ORF:
„Das Urteil der Geschworenen war einstimmig: Der gebürtige Argentinier Agustin S. ist demnach schuldig des Mordes an der 72-jährigen Wiener Pensionistin Lydia D.“[ii]
Da fragt man sich als einfacher ORF-Nachrichtenkonsument, warum muss man wissen, dass der Mörder einer Wiener Pensionistin gebürtiger Argentinier mit Vornamen Augustin ist und warum darf man nicht wissen, dass der mutmaßliche Kindesmörder einen türkischen Hintergrund hat. Warum ist das in einem Fall rassistisch, im anderen nicht?
Politische Korrektheit gegen die Kriminalstatistik
Sind die politisch-korrekten Journalisten schlicht und einfach dumme Rassisten unter anderen Vorzeichen? Denn man muss nicht Sherlock Holmes heißen, um die Absicht und das System dahinter zu erkennen. Selbstverständlich wissen auch der kleine ORF-Chronikredakteur (aus täglicher Erfahrung) und Herr Hausjell, dass Gruppen mit bestimmtem Migrationshintergrund in der heimischen Kriminalstatistik überrepräsentiert sind. Das ist evident. Außerdem: Wäre dem nicht so, hätte die von Hausjell angedachte Zensur auch gar keinen Sinn.
Dann würden nämlich die Mörder, Gewalttäter, Vergewaltiger oder Räuber, entsprechend den demographischen Verhältnissen in Österreich, überwiegend Franz, Kevin, Herbert oder Walter heißen. Also alles paletti, eine Zensur wäre nicht notwendig. Was dem gemeinen Zeitungs- oder TV-Konsumenten an Wahrheit zugemutet werden kann, das entscheiden die politisch-korrekten Medienmenschen – dank ihrer sich selbst zugesprochenen Autorität – auch ganz ohne Wahrheitsministerium.
Sie begründen das damit, dass es keinen Zusammenhang zwischen Herkunft und Kriminalität gibt.“[iii]
Seriöse wissenschaftliche Untersuchungen, wie etwa jene des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsens, sagen allerdings etwas anderes. Die Conclusio dieser repräsentativen Dunkelbefragung: „Junge türkische Männer sind um ein vielfaches gewalttätiger als deutsche.“[iv]
Solche Ergebnisse sind für die selbstgerechten politisch-korrekten Meinungsmacher bestenfalls Petitessen und werden nicht einmal ignoriert. Wer Rassismus bekämpfen will, indem er den Menschen Informationen vorenthält und sie damit belügt, der hat von Demokratie, Meinungsfreiheit und einer liberalen Gesellschaftsordnung recht wenig, eigentlich gar nichts, verstanden. Zensur und Lüge sind die Instrumente ganz anderer Weltanschauungen.
Denn die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.
Werner Reichel ist Autor und Journalist. Den Tagebuch-Lesern ist er durch die Serie „Die roten Meinungsmacher“ (auch als Buch erhältlich) bekannt.
Endnoten
[i] http://derstandard.at/3323930/Hinweise-auf-Migrationshintergrund-sind-voellig-entbehrlich
[ii] http://burgenland.orf.at/news/stories/2518359/
[iii] ebenda
[iv] Siehe Die Presse 27.5.2012