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Beamtendisziplin und neue Ungerechtigkeiten

Das Disziplinarrecht für Beamte wird verschärft. Alles jubelt. Wirklich nachgedacht hat dabei aber niemand, weder die Jubler noch die Gesetzesmacher. Denn statt Gerechtigkeit werden neue Ungerechtigkeiten geschaffen. Doch das ist bei populistischen Hüftschüssen unter Druck der Medien ja offenbar schon längst egal.

Die neue Regelung sieht bei ein paar willkürlich herausgesuchten Delikten, primär solchen im Sexualbereich, einen unmittelbaren und automatischen Amtsverlust vor – unabhängig von der durch das Strafgericht ausgesprochenen Strafe.

Das ist extrem seltsam und macht aus einer problematischen Regelung eine noch viel ungerechtere. Denn bisher war ein Beamter nur bei einer unbedingten Verurteilung ab sechs Monaten automatisch seinen Job los. Warum bitte werden manche Delikte nun völlig willkürlich viel strenger bestraft als andere? Warum werden selbst dann, wenn ein Richter massivste Milderungsgründe entdeckt (oder insgeheime Zweifel an der Schuld im Strafmaß versteckt) und daher nur eine bloß symbolische Strafe verhängt, plötzlich am Gericht vorbei Existenzen ruiniert?

Noch fragwürdiger ist der Katalog jener Paragraphen, die zum Amtsverlust führen. Weshalb soll ein Sexualdelikt im privaten, also völlig amtsfernen Bereich viel strenger bestraft werden als ein Raub? Muss die Rechtsordnung wirklich solche Verzerrungen erleiden, nur weil die Beamtenministerin gleichzeitig Frauenministerin ist und einen neuen Weg gefunden hat, wieder einseitig Männer zu verfolgen? Denn interessanterweise gibt es nur bei männerspezifischen Delikten jetzt diesen automatischen Jobverlust?

Als Begründung wird dann vage herumgeschwafelt, dass bestimmte Delikte besonders das Vertrauen in den öffentlichen Dienst stören würden. Mit Verlaub, das ist Gewäsch. Prinzipiell stört jedes Delikt. Man hat einfach willkürlich ohne jede strafrechtliche Systematik, ohne jede nachvollziehbare Wertung eine Handvoll Delikte herausgenommen, die zuletzt Schlagzeilen gemacht haben.

Aber skandalöserweise hat man jene Deliktgruppe, die die dicksten Schlagzeilen macht, nicht einmal erwähnt: nämlich den ganzen Bereich der Korruption. Dabei sind Korruptionsdelikte ganz unmittelbar dem öffentlichen Dienst zuzuordnen. Sie schaden also dessen Image ganz besonders. Hingegen verliert kein Österreicher das Vertrauen zu einer Behörde, weil sich auf einem Computer eines dortigen Beamten heruntergeladene Kinderpornografie-Bilder befunden haben. Niemand sieht in Sexualdelikten ein spezifisches Beamtenproblem, sondern es ist eines, das über die ganze (männliche) Gesellschaft verstreut ist.

Die Bürger können nur rätseln, warum die Korruption nicht mindestens so streng bestraft wird wie jedes Sexualdelikt. Etwa weil das auch für viele Politiker bis hin ins Bundeskanzleramt ein sehr unangenehmes Stichwort ist? Etwa weil beispielsweise in den mit Baugenehmigungen befassten Magistratsabteilungen der Gemeinde Wien (für die freilich ein gesondertes Dienstrecht gilt) zahlreiche Beamte gefährdet wären? Etwa weil dann auch weibliche Beamte exponiert wären?

Die gesamte Neuordnung des Disziplinarrechts ist in Wahrheit völlig absurd und willkürlich. Gerecht wäre alles, was Beamte mit Dienstnehmern in der Privatwirtschaft gleichstellt. Da darf es für Beamte keine Privilegien geben: Kein Beamter soll daher nach Taten im Job bleiben dürfen, die bei anderen Arbeitsnehmern von den Arbeitsgerichten als Entlassungsgrund akzeptiert werden.

Es darf aber auch keine Schlechterstellung geben. Und es ist zweifellos eine dramatische Schlechterstellung gegenüber normalen Angestellten, wenn ein Beamter für bestimmte Taten automatisch aus dem Job fliegt, während dieselbe Tat samt Prozess in normalen Dienstverhältnissen folgenlos bleibt. Vielfach bekommen Arbeitgeber nicht einmal mit, dass ein Mitarbeiter an einem Urlaubstag vor dem Richter gestanden ist, wenn der nur eine bedingte Strafe ausfasst.

Besonders schlimm sind die Folgen der neuen Ungleichbehandlung in all jenen Fällen, wo es noch das (langfristig auslaufende) System höherer Beamtenpensionen gibt. Denn der gefeuerte Beamte muss sich nicht nur einen neuen Job suchen. Er verliert auch einen Teil des Entgelts für Jahrzehnte schon einwandfrei geleisteter Arbeit. Die öffentliche Hand bezahlt ja Arbeitsleistungen nicht gleich, sondern zu einem guten Teil erst im Pensionsalter.

Man stelle sich nun vor, dass ein Beamter zwei Monate vor Pensionsantritt gefeuert wird, weil auf seinem PC verbotene pornographische Bilder gefunden werden, wie auch immer die dort hingekommen sind. Oder weil er einen „Schutzwürdigen“ vernachlässigt hat. Während andere Menschen ohne Vorstrafe für solche Taten in der Regel eine bedingte, also letztlich folgenlose Strafe ausfassen, verliert ein Beamter nicht nur den Job, sondern auch sechsstellige Summen an Pension.

Das alles passt nicht in einen um Gerechtigkeit bemühten Rechtsstaat. Das ist vielmehr eine neue Blüte eines Systems, das ständig neue Willkür-Gesetze auf Zuruf halbgebildeter Zeitungskommentatoren oder fanatischer Männerhasserinnen macht.

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