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Norbert Darabos, der Minister von der traurigen Gestalt, verkündete mit bebender Stimme den „sensationellen“ Fund der im Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs versteckten Kapsel. Bildhauer Wilhelm Frass hatte darin 1935 ein flammendes nationalsozialistisches Bekenntnis versteckt. Wieder ein Mosaiksteinchen zur Aufarbeitung unserer Geschichte, verkündete Darabos. Das in der selben Kapsel enthaltene pazifistische Bekenntnis des zweiten Bildhauers, Alfons Riedel, versetzte ihn hingegen kaum in Entzücken.
Dabei könnte man den Kapselfund gerade deshalb auch als Mosaiksteinchen zur Aufarbeitung der Gegenwart verstehen.
Ständig erklären uns Künstler unsere österreichische Welt. Besonders intensiv natürlich seit der Regierungsbildung im Jahr 2000. Sie sagen uns mit dem Pathos von Demiurgen, wen wir wählen dürfen und wen nicht, wer regieren darf und wer nicht, wer böse ist und wer gut. Mit dem Aplomb des erleuchteten Sehers fordern sie „Wehret den Anfängen!“
Als wären sie berufen, unfehlbare Hüter der nationalen Moral zu sein.
Und Mainstream-Medien wie Staats-Funk bieten ihnen die schier unermessliche Plattform dafür.
Dass sich Künstler genauso oft irren, dass sie genauso oft mit den Mächtigen laufen (vielleicht sogar ein bisschen öfter, weil die Mächtigen ja auch den wohligen Subventionsregen über sie ausschütten können) wie jeder andere Bürger auch, das ist in der Gegenwart so, wie es in der Vergangenheit war. Wer das vergessen hat, den könnte die Kapsel daran erinnern.
Und dann könnte man uns vor den moraltriefenden Plattitüden politisierender Selbstdarsteller bewahren.