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Die Reichen-Abgabe als neues Modegift

Die neueste Idee zur Milderung der europäischen Schuldenkrise klingt aufs erste durchaus plausibel. Sie ist auch in vielen Medien wohlgefällig aufgenommen worden: Es ist der Vorschlag einer Zwangsabgabe für reiche Bürger der Schuldenstaaten. Das scheint harmlos. Es trifft ja eh nur die Reichen; es geht eh nur um Griechen & Co; und es ist eh nur ein Kredit, muss also zurückgezahlt werden.

In Wahrheit jedoch sollte dieser von einem deutschen Wirtschaftsforscher ausgebrütete Plan sofort wieder in den Giftschrank absolut tödlicher Ideen versperrt werden.

  • Denn erstens hat die Politik die meisten Zwangsanleihen der Geschichte nie zurückgezahlt; sie hat ihre Raubzüge meist nur so getauft, um so den Widerstand zu reduzieren.
  • Denn zweitens trifft die vorgeschlagene Höhe von 250.000 Euro durchaus viele Menschen. Auf Grund des grundrechtlichen Gleichbehandlungszwangs kann es dabei nämlich nicht nur um Sparbücher und Aktien gehen, sondern muss auch Wohnungen, Häuser, Autos, Bilder, Schmuck und insbesondere jeden Unternehmenswert erfassen.
  • Denn drittens wird die durch die Gelddruckmaschinen angeheizte Inflation (die bei Immobilien oder Gold im Gegensatz zum Konsumentenindex schon üble Blasen bildet!) noch viel mehr Menschen zum Opfer machen, die sich derzeit noch weit weg von einem dreieinhalbfachen Schilling-Millionär wähnen.
  • Denn viertens unterscheiden sich Deutschland und Österreich in Wahrheit durch keinen echten Parameter mehr von Pleiteländern wie Spanien (das eine niedrigere Staatsschuldenquote hat!) oder Italien (das einen echten Primärüberschuss hat), sondern nur durch den noch vorhandenen Vertrauensvorschuss der Investoren. Aber diese werden erwachen, sobald in den heimischen Schuldenziffern die Milliardenkosten für die diversen Schuldenfonds auftauchen. Das heißt: Jedes Rezept, das scheinbar nur für andere Länder empfohlen wird, kann im Handumdrehen auch gegen deutsche und österreichische Bürger angewandt werden.
  • Denn fünftens wird man mit Zwangsabgaben auch künftig nicht die wirklichen Übeltäter treffen, wie etwa die ominösen griechischen Reeder: Die schaffen es nämlich am leichtesten, ihr Vermögen in sichere Drittländer zu transferieren. Wenn sie das nicht ohnedies schon längst getan haben.
  • Denn sechstens schadet schon die öffentliche Diskussion dieser skurrilen Idee enorm: Jeder Investor wird nun doppelt nachdenken, ob ihm in Deutschland oder Österreich nicht schwupps gleich wieder ein dickes Stück seiner Investition mit solchen Zwangsabgaben geraubt wird.
  • Und siebentens: Jede Möglichkeit, die den Staaten eingeräumt wird, sich noch mehr bei den Bürgern zu bedienen, nimmt den Druck von den Regierungen, endlich  bei sich selber zu sparen, zu deregulieren und privatisieren.

Kein Wunder, dass das deutsche Finanzministerium den Vorschlag sofort als „interessant“ bezeichnet hat, obwohl die Idee nur von einem einzigen Ökonomen kommt. Während die Regierung die Warnungen von 200 anderen, seriösen Ökonomen ignoriert.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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