Noch heuchelt die politische Elite der EU Optimismus hinsichtlich der Zukunft des von ihr verordneten, gemeinschaftlichen Zwangsgeldes. Indessen mehren sich die Signale, dass es – all ihrem kostspieligen Aktionismus zum Trotz – demnächst zum Untergang dieses historisch beispiellosen Währungsexperiments kommen könnte. Das ist durchaus kein Grund zur Panik, denn – anders als uns die Regierenden unter Beschwörung der behaupteten „Alternativlosigkeit“ des ungeliebten Esperantogeldes weismachen wollen – wird das weder ein Ende Europas, noch des Friedens daselbst bedeuten – eher im Gegenteil.
Es ist daher angebracht, sich langsam Gedanken über die „Zeit danach“ zu machen – auch wenn es den Regierenden und den Zentralbankern gelingen sollte, das zur Groteske entartete „Wir-retten-den-Euro-Drama“ noch eine Weile auf dem Spielplan zu halten. Wie soll es weitergehen? Kann Europa, nachdem das monopolisierte Schuldgeldsystem ein wirtschafts- und gesellschaftspolitisches Trümmerfeld produziert hat, zu „echtem“ Geld zurückkehren? Und – wenn ja – wie sollte es beschaffen sein?
Antworten auf diese Fragen zu finden, ist deshalb so schwierig, weil auf dem Boden des real existierenden Wohlfahrtsstaates politisch durchsetzbare Lösungen keine nachhaltigen Ergebnisse zeitigen können, ökonomisch richtige Lösungen aber nicht mehrheitsfähig sind. Zu lange haben die führenden Köpfe in Banken und Regierungen das Volk darauf konditioniert, jederzeit auf Knopfdruck „billiges Geld“ zur Finanzierung schier jeden Unfugs abrufen zu können. Und Süchtige sind bekanntlich schwer zu entwöhnen.
Trotzdem sei hier der Versuch unternommen, ein nachhaltig funktionierendes Geldsystem – allerdings ohne Rücksicht auf die Wahrscheinlichkeit seiner Umsetzung – zu skizzieren.
Die neoklassische Wirtschaftstheorie – insbesondere die bis heute tonangebende Fraktion der (Neo-)Keynesianer – hat das Fundament für die gegenwärtige Krise gelegt. Schließlich hat die von ihr propagierte Methode, Geld nach dem Gusto der Regierenden aus dem Nichts zu schöpfen, die Welt dahin geführt, wo sie heute steht: An den Rand des Abgrunds. Sparer als Volksschädlinge zu denunzieren, die durch ihr Verhalten die Wirtschaft ruinieren; kreditfinanzierten Konsum zur Kardinaltugend und den goldenen Weg zum Wohlstand hochzujubeln; das Auffressen der buchstäblich letzten Reserven zu propagieren, um die Illusion scheinbar mühelos zu schaffenden Überflusses aufrechtzuerhalten; das hat´s, wie Herr Hinz und Frau Kunz soeben auf die harte Tour lernen müssen, nicht gebracht. Zahltag!
Von den Protagonisten der beschriebenen Voodoo-Ökonomie – in welcher Bank oder geschützten (steuerfinanzierten) Werkstätte sie auch immer hocken mögen – ist daher keine plausible Antwort auf die Frage nach dem „richtigen“ Geldsystem zu erwarten. Denn sie alle gehören, dank des nach R. Cantillon benannten Umverteilungseffekts der monopolisierten Geldproduktion, zu den bis in die Haarspitzen korrupten Profiteuren dieses Systems. Fündig wird man dagegen bei der im Zuge des vollständigen Bankrotts der Mainstreamökonomie einen regelrechten Popularitätsschub erlebenden „Österreichischen Schule der Volkswirtschaftslehre.“
Ein Blick auf die Geschichte der Geldes zeigt, wo der Hase im Pfeffer liegt: Einerseits ist es die staatliche Monopolisierung der Geldproduktion, andererseits die den Regierungen, dank der Abkehr von jeglicher Warenbindung und die Einführung der Teilreservehaltung der Geschäftsbanken, in die Hand gegebene Möglichkeit zur theoretisch unbegrenzten Ausweitung der Geld- und Kreditmenge.
(Literaturempfehlungen:
http://www.amazon.de/Ethik-Geldproduktion-Edition-Sonderwege-H%C3%BClsmann/dp/3937801197
http://www.amazon.de/Die-Trag%C3%B6die-Euro-System-zerst%C3%B6rt/dp/3898796701
http://www.amazon.com/Money-Bank-Credit-Economic-Cycles/dp/0945466390 ).
Um zu einem soliden Geldsystem zu kommen, ist zweierlei unerlässlich: Eine „Entstaatlichung des Geldes“ (wie von F. A. Hayek 1990 gefordert) und/oder eine Gelddeckung durch eine allgemein begehrte, „werthaltige“ Ware (z. B. Gold). Papiergeld würde in diesem Fall (wieder) den Charakter eines „Depotscheines“ annehmen.
Die „Austrian School“ kennt also zwei Modelle: Einmal das Hayek´sche, das private, miteinander konkurrierende Währungen vorsieht (das in seinem Buch „Denationalisation of Money“ präsentiert wird. Gratisdownload: http://mises.org/books/denationalisation.pdf). Der auf dem Markt stattfindende „Entdeckungsprozess“ sorgt dafür, dass das beste Geld davon, dasjenige nämlich, dem die Geldbenutzer am ehesten vertrauen, sich am Ende durchsetzt, bzw. die größten Marktanteile erringt. Betrugsversuche, z. B. durch eine hemmungslose Herausgabe von Noten, würden vom Publikum nicht hingenommen werden, da – anders als im Falle eines zwangsbewehrten, staatlichen Monopolgeldes – jederzeit Alternativen zur Verfügung stünden.
Zum anderen das 1963 von Murray Rothbard präsentierte, einer zu 100 Prozent durch Gold gedeckten Währung, wie er es in seinem Buch „What has Government Done to Our Money?“ gefordert hat. (Gratisdownload: http://mises.org/books/whathasgovernmentdone.pdf.)
In beiden Fällen haben die Regierenden keine Möglichkeit, sich durch ungebremste Geldproduktion (Inflation) am Eigentum ihrer Untertanen, namentlich dem der Sparer, zu vergreifen. Beim Hayek-Modell würden nicht länger die Büttel des Leviathans, in Gestalt von Notenbankern, sondern der Markt die Geldmenge limitieren; Im Rothbard´schen das (Förder-) Potential der Goldminen.
Die „Stock to Flow-Ratio“ (das Verhältnis der bereits existierenden zur laufend geförderten Menge) von Gold würde das Geldmengenwachstum auf etwa 1,5 Prozent p. a. begrenzen. Das ist die jährlich geförderte Menge, gemessen am bereits vorhandenen Bestand. Dieser (50 Prozent davon wurden in den letzten 50 Jahren aus dem Boden geholt) beläuft sich gegenwärtig auf rund 165.000 Tonnen (was einem Würfel von etwa 20m Seitenlänge entspricht). Die Jahresproduktion beträgt gegenwärtig rund 2.500 Tonnen – Tendenz fallend. Gold ist rar und nicht beliebig vermehrbar. Eine galoppierende Geldentwertung, wie wir sie heute kennen, wäre daher unmöglich. Hyperinflationen würden der Geschichte angehören.
Die dadurch verlorene Möglichkeit zur (betrügerischen) Manipulation aber garantiert den erbitterten Widerstand der politischen Klasse, die, wie J. M. Keynes, goldgedecktes Geld gerne als „barbarisches Relikt“ verunglimpft. Da das Wesen moderner Demokratien in der systematischen Verletzung von Eigentumsrechten – der Umverteilung des Wohlstands von Produktiven zu Unproduktiven – besteht, ist deren Festhalten am beliebig produzierbaren, nur durch heiße Luft gedeckten Papiergeld, tatsächlich „alternativlos“.
An die Einführung eines von privaten Produzenten herausgegebenen, nichtmonopolisierten Fiat-Money, oder (die nach Meinung des Autors solideste aller Varianten) eines Warengeldes – am besten des Goldstandards mit 100prozentiger Notendeckung – ist ohne eine tiefgreifende Änderung des politischen Systems nicht zu denken. Solange Regierungen nicht von Bürgern bestimmt werden, die für die Gesellschaft die wertvollsten Leistungen erbringen, sondern von denjenigen Parteien, welche die größte Wählerzahl repräsentieren, ist eine Abkehr vom herrschenden Schwundgeldprinzip nicht durchsetzbar.
Je größer (und verantwortungsloser) der Kreis der Wahlberechtigten, desto mieser das Geld! Die langfristige Abwesenheit wertbeständiger Zahlungsmittel indes steigert die Zeitpräferenz, reduziert die Bereitschaft zu sparen, behindert die Kapitalakkumulation und reduziert damit den künftigen Wohlstand. Ohne radikalen Systemwechsel scheint die Tendenz zur langfristigen materiellen Verarmung demokratischer Gesellschaften folglich unvermeidlich…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.