Endkampf um den Euro

Hätte die Sache einen weniger dramatischen und für alle Bürger Eurolands so unerfreulichen Hintergrund – man könnte über die wirtschaftsrelevanten Nachrichten der letzten Tage und Wochen glatt in Heiterkeit ausbrechen: „Griechenland wird seine Zusagen einhalten – oder auch nicht. Spanien wird sich unter den „Rettungsschirm“ begeben – oder doch nicht. Sollte man in Deutschland über einen Austritt aus der Eurozone und eine Rückkehr zur DM nachdenken (ein Schritt, den bereits 55 Prozent der Bundesbürger befürworten) – oder besser nicht?“ Die Halbwertszeit der Agenturmeldungen liegt inzwischen bei weniger als einem Tag.

Jetzt also ist, allen vorangegangenen Dementis zum Trotz, Spanien dran – vorerst einmal nur der Finanzsektor. Einige Banken des Landes sind, dank des Platzens einer kreditfinanzierten Immobilienblase, offenbar konkursreif. Man könnte in diesem Zusammenhang von einem wahren Triumph der „österreichischen“ Konjunkturtheorie sprechen, denn der spanische Immobilienboom und sein unheilvolles Finale bilden in beispielhafter Weise die verheerenden Folgen ab, die eine Vergabe aus dem Nichts geschaffener „Zirkulationskredite“ nach sich zieht.

Auf dem Kapitalmarkt kann sich Spanien nur noch zu Zinsen jenseits der sechs Prozent-Marke Geld leihen. Damit ist die „Todeszone“ erreicht. Dabei sehen die offiziell kolportierten Zahlen gar nicht so übel aus: Bei einem Bruttonationalprodukt von 1.295 Milliarden Dollar, werden die Verbindlichkeiten mit „nur“ 68,5 Prozent des BIP ausgewiesen. Unter Einbeziehung von Garantien und Haftungen, steht Spanien allerdings mit insgesamt 1.733 Milliarden Dollar in der Kreide (das sind 134 Prozent des BIP. Quelle: http://www.zerohedge.com/news/spain-greece-after-all-here-are-main-outstanding-items).

Seit dem zurückliegenden Wochenende steht fest, dass Spaniens Finanzhäuser von den Steuerzahlern der solide gebarenden Provinzen der EU mit 100 Mrd. Euro unterstützen werden. Wie immer handelt es sich dabei um Geld, das – nach bewährtem Muster – mittels Luftbuchungen aus dem Nichts geschaffen wird. Es wird – wie die an Griechenland umverteilten Mittel – nie zurückgezahlt werden.

Parallel dazu erreichen uns Meldungen vom Sieg der Linken bei den Parlamentswahlen in Frankreich. In einer Woche wird das auch in Griechenland der Fall sein. Das ist vielleicht gar nicht so übel, da der stark schlingernde Eurodampfer folglich mit noch größerer Wucht gegen das Riff gefahren wird.

Bis dahin kann der Deutsche Michel sich darauf einstellen, balkanischen und welschen Schlendrian und Müßiggang durch noch höhere Haftungsübernahmen – demnächst auch über die von vielen Zentralisten geforderten „Eurobonds“ – finanzieren zu dürfen. Die mit Fortschreiten der Krise im Rest Eurolands immer mehr verhassten Teutonen haben es schließlich auch nicht anders verdient, als bis 67 zu roboten, um 60jährigen Franzosen die Frührenten und den Italienern ihr dolce vita zu finanzieren – schließlich sind sie ja doch irgendwie allesamt immer noch Nazis…

Wie man es auch dreht und wendet, und wie weit sich Eurokratie, Geburtshelfer und Apologeten des Euro auch immer aus dem Fenster lehnen mögen: Schuld an dem unbeschreiblichen Debakel ist das bürokratische Projekt Euro, das den Völkern Europas von einer größenwahnsinnigen Elite aufgezwungen wurde. Europas Stärke lag und liegt in seiner Vielfalt und seinen Gegensätzen – niemals in seiner Einigkeit und Gleichschaltung. Die Länder Europas waren – und sind immer noch – zudem marktwirtschaftlich orientiert. Zu freien Märkten aber verhält sich ein aus ausschließlich politischen Gründen oktroyiertes Zwangsgeld so wie Feuer zu Wasser: Am selben Ort zur selben Zeit kann es nicht beides geben.

Das ist natürlich auch dem Establishment bewusst. Die von den sich täglich weiter von der Basis entfernenden politischen Eliten ausgesandten Signale sind daher unüberhörbar. Unermüdlich werden deren Forderungen nach einer raschen Verwirklichung der „Vereinigten Staaten von Europa“ lauter. Das von Anfang an als Vehikel zur Erreichung dieses Ziels gedachte Esperantogeld soll nun endlich zum Erfolg führen. Die von der Nomenklatura gezeigte Wirklichkeitsverweigerung – die Bürger zwischen Lissabon und Riga wünschen nämlich keinen Einheitsstaat! – wurde von einigen Kommentatoren bereits deren „Bunkermentalität“ zugeschrieben.

Dass dieser Tage ausgerechnet einer der neokeynesianischen Hohepriester staatlicher Misswirtschaft, Joseph Stiglitz, den Eurorettungsbrigaden die Umsetzung von „Voodoo-Ökonomie“ vorwirft, entbehrt nicht der Pikanterie. Ihn stört nicht etwa der Umstand, dass die Eurokratie – nunmehr in Spanien – wirtschaftliches Fehlverhalten belohnt und Konkursverschleppung betreibt! Was ihm sauer aufstößt, ist vielmehr, dass der planwirtschaftliche Wahnsinn nicht weit genug getrieben und die von ihm propagierte europäische Finanzunion nicht endlich verwirklicht wird. Wenn ein Mittel (z. B. die hemmungslose Geldproduktion) nicht wirkt, dann kommt als Erklärung dafür nicht etwa in Frage, dass es sich um die falsche Arznei handeln könnte! Vielmehr liegt für Herrn Stiglitz auf der Hand, dass nur die Dosis weiter erhöht werden muss!

Eines muss indessen auch der Politelite klar sein: Sollten die feuchten Träume von Stiglitz & Genossen umgesetzt werden, kann die zur „Rettung Europas“ geforderte „Aufgabe nationaler Hoheitsrechte“ nur bedeuten, den Kontinent radikal zu germanisieren. Denn es ist völlig klar, dass nur die Übernahme offensichtlich funktionierender Prinzipien durch alle anderen das Heil bringen kann. Eine Ausdehnung griechischer, italienischer, französischer oder spanischer Verhältnisse auf ganz Europa hätte dagegen dessen kollektiven Untergang zur Folge. Mit 60jährigen Rentnern, pragmatisierten Arbeitnehmern, flächendeckender Korruption und pausenloser Fiesta kann die Alte Welt im Wettbewerb gegen internationale Herausforderer nämlich nicht bestehen. Es muss daher schon eine deutsche Rosskur sein, der sich der Rest Eurolands unterwirft (wie Thilo Sarrazin in seinem jüngsten Bestseller „Europa braucht den Euro nicht“ schlüssig darstellt).

Franzosen, Spanier und Italiener, die sich unter Berlins Fuchtel beugen, um am Deutschen Wesen zu genesen? Ha! Kein einigermaßen urteilsfähiger Zeitgenosse kann allen Ernstes an die Umsetzung eines solchen Szenarios glauben! Wie tief also müssen die um Macht und Pfründe fürchtenden Machthaber sich in ihre ideologischen Bunker verkrochen haben, um zu erwarten, dass das jemals geschehen könnte?

Gewaltfrei jedenfalls kann es nicht funktionieren, soviel ist sicher. Lenkt am Ende gerade diese Einsicht die Handlungen der Politbüros? Schließlich waren und sind (Bürger-)Kriegszeiten für die Führungskader stets die einträglichsten…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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