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Facebook: ein Zauberbuch?

Ob ich Facebook-Aktien gekauft habe, will ein Partner des Tagebuchs wissen. Nun: Obwohl ich normalerweise keine Aktientipps geben will, nicht einmal indirekt, fällt mir hier die Antwort leicht. Sie lautet: Nein. Das heißt nicht, dass ich sicher bin, dass diese Aktien einen langfristigen Flop erleiden.

Denn bei Aktien kann man genausowenig einen Erfolg wie einen Misserfolg als sicher ansehen. Mit dem Kauf von Aktien verhält es sich nicht anders als mit sämtlichen anderen Entscheidungen im Leben. Man kann lediglich Einschätzungen der Wahrscheinlichkeit abgeben, ob sich eine Entscheidung am Ende als richtig, also sinnvoll, nützlich, ertragbringend erweisen wird. Wahrscheinlichkeit heißt damit aber immer auch, dass etwas ganz anders als erwartet ausgehen kann.

Und das trifft nun bei Aktienkäufen genauso zu wie bei der Investition in eine Würstelbude oder auch bei der Entscheidung für ein Studium. Zweifellos ist im Vergleich zu einem (in der Regel leichten) Publizistik-, Politologie- oder Psychologie-Studium die Wahrscheinlichkeit eines Lebens mit gutem Einkommen viel höher, wenn man Wirtschaft studiert (was in der Regel schwerer ist). Ich kenne aber durchaus auch exzellent verdienende Politologen und total erfolglose Studienabbrecher (insbesondere wenn sie über eine reine Parteikarriere zum Chef von Bundesbahn oder Bundesregierung werden), so wie mir Absolventen der Wirtschafts-Universität begegnet sind, die später in ihrem Leben keinen Job mehr finden und die in der notgedrungenen Selbstständigkeit frustriert an der ständigen Konkursgefahr entlangschrammen.

Nicht anders ist es bei Facebook. Ich schätze zwar die Wahrscheinlichkeit eines Flops – also eines zumindest teilweisen Verlustes der eingesetzten Gelder – bnoch immer ei Facebook gefühlsmäßig mit rund 80 Prozent an. Aber 20 Prozent Erfolgschance sind zweifellos deutlich besser als bei den diversen Lotto-Formen. Dennoch werden auch diese begeistert gespielt.

Die Argumente, die für einen Misserfolg der Aktien des – ziemlich unsozialen – „sozialen Mediums“ sprechen, sind deutlich größer:

  • Es scheint absurd, dass Preis und Menge der ausgegebenen Aktien jeden Facebook-Kunden mit weit mehr als 100 Dollar be„wert“et haben. Und dass die Käufer diese Traumzahlen zumindest anfangs so akzeptiert haben. Viele Facebooker werden jedoch in diesem Medium nie auch nur einen einzigen Klick auf eine Werbeeinschaltung machen.
  • Dazu kommt, dass Facebook von einer Vielzahl von Rechtskonflikten ob seines problematischen Umganges mit User-Daten bedroht ist – woraus leicht ein Milliardenschaden entstehen kann.
  • Mir scheint dieses Medium auch eher ein Medium für Pubertierende und Studenten als für Erwachsene zu sein. Es ist letztlich eine Attitüde 13-jähriger Mädchen, die Welt in Freunde, gute Freunde, allerbeste Freunde und gar keine Freunde einzuteilen. Selbst die immer zu Infantilität neigende Werbeindustrie entdeckt langsam, dass man mit Jugendlichen nur sehr beschränkt große Geschäfte machen kann.
  • Und vor allem ist die Welt der Medien eine besonders schwer prognostizierbare. Hier können Aufstiege genauso schnell wie Abstürze passieren. Das macht jede Prophezeiung für diese Branche besonders unseriös. Wie zahllose Exempel zeigen- Große Mediengurus haben beispielsweise Mitte der 90er Jahre bei großen Konferenzen prophezeit, dass es binnen fünf Jahren keine Papier-Zeitungen mehr geben werde; was sich ja offenbar nicht ganz bewahrheitet hat. Man denke auch an den steilen Abstieg von Nokia – noch vor wenigen Jahren war das Unternehmen jedoch „der“ wichtigste Mobiltelefon-Erzeuger weltweit, der von zahlreichen „Experten“ als absolutes Vorzeige-Unternehmen gepriesen wurde. Man denke an den Tod von Technologien wie Telex, wie Audio- oder Video-Kassetten. Man denke an den Tod der beliebtesten Fernsehprogramme früherer Jahrzehnte (von der Fernsehfamilie bis zum politischen Kabarett). Man denke daran, dass die Arbeiter-Zeitung, die nach dem Krieg Österreichs auflagenstärkstes Blatt war, einige Jahre später zusperren musste.

Woher nehme ich aber dann überhaupt eine immerhin 20-prozentige Chance für Facebook-Aktionäre? Nun, es kann ja sein, dass es nochmals die nunmehr börsenotierte Aktiengesellschaft Facebook ist, bei der eine geniale Idee zum Durchbruch kommt. Da könnte der Aktienkurs doch noch einen Höhenflug erleben (bei dem dann der Ausstieg besonders empfehlenswert wird).

Überdies ist derzeit jedenfalls die Wahrscheinlichkeit größer, dass man mit Aktien welcher Art immer sein Geld sicherer angelegt hat als mit Staatsanleihen. Denn in Deutschland wie auch in etlichen anderen Ländern haben derzeit die schuldengierigen Linksparteien und Rechtspopulisten gewaltigen Auftrieb, die den Menschen eine schmerzfreie Therapie gegen die Folgen der finanzpolitischen Sünden der letzten Jahre vorgaukeln. Was nichts anderes heißt als noch mehr Schulden. Das wird die Anleihen eines Tages wie ein Pyramidenspiel zusammenbrechen lassen. Da ist dann eine Facebook-Aktie noch allemal besser als eine Staatsanleihe. Denn die wird nur noch zum Tapezieren der Wände gut sein.

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