20.000 Frauen auf der Ringstraße

Eigentlich gibt es nichts zu berichten. Für den 12. Mai ist es dem Verein „Plattform 20000frauen“ gelungen, die Ringstraße zwischen Opernring und dem noch existierenden Dr.-Karl-Lueger-Ring für die „Zeltstadt der Frauen“ komplett sperren zu lassen. Genehmigung der Sperre durch den Magistrat Wien: Zwischen 10 und 22 Uhr!

Gekommen sind – über den ganzen Tag verteilt – etwa gefühlte 500-1.000 Aktivistinnen die man von den teils damenhaft „fluchenden“ Passantinnen doch unterscheiden konnte. Kern deren Kritik: Auch die Straßenbahnlinien waren eingestellt was teils erhebliche Umwege notwendig machte. Petra Unger, eine der Organisatorinnen, fuhr die Zelte mit dem Fahrrad ab und bei einem zwanglosen Plausch stellte sich heraus, dass wohl das Wetter schuld an der geringen Teilnehmerzahl wäre.

Und so leerten sich früh die zwischen den üblichen Quotenforderungen und in weitem Abstand aufgestellten Zelte, die durch teilweise mangelhafte Befestigung kräftig im Wind flatterten. Männliche Hilfe war offenbar unerwünscht, durch Kreidekreise um so manches Zelt wurden Männer ausdrücklich vom Betreten ausgeschlossen. Als jemand, der als Wehrpflichtiger bei jedem Wetter hinaus gescheucht wurde, und über Tage in Niederhollabrunn oder Allentsteig in Zelten oder Verschlägen hausen musste, eine herbe Enttäuschung.

Die geringe Beteiligung war wohl auch durch das Fernbleiben der Gewerkschafts- und SPÖ-Frauen bedingt, denen durch den Profil-Artikel „Die Wahrheit über die Ungleichheit“ (profil 14/2012) der Treibstoff ausgegangen ist. Die Nachwehen verstärken sich übrigens immer noch. Die „Plattform 20000frauen“ regte bei Robert Treichler tatsächlich an, dass Männer „niemals über Frauendiskriminierung schreiben“ sollten.

Mein Kollege und ich wollten schon abbrechen, beschlossen dann aber noch die Abschlussveranstaltung zu beobachten. Unter den überschaubaren Anwesenden waren wir als Männer doch die Ausnahme. Der Kollege wurde von einer Dame mit grauer Bürstenfrisur angesprochen, was wir denn hier machen. Dr. Ulli Weish, Mitorganisatorin der Ringsperre und den Interessierten durch den Club 2 zum „Mythos Einkommensschere“ bekannt, rief uns daraufhin sinngemäß zu, wir seien „erkannt“.

Weitere Damen wurden auf uns aufmerksam, bezichtigten uns fotografiert zu haben und vom Bundesamt für Verfassungsschutz zu kommen (vermutlich weil ich einen uniformierten Bekannten gegrüßt hatte). Da wir dazu keine Auskunft geben wollten begann man uns zu fotografieren, was ja kein Problem war. Wir gingen noch in ein nahegelegenes Lokal mit, in dem die Abschlussbesprechung der Veranstaltung stattfinden sollte, diese wurde aber von Frau Dr. Weish kurzfristig verlegt.

Sollte der Magistrat Wien beim nächsten Mal nochmals die Sperre der halben Ringstraße genehmigen, gehen wir wieder hin. Schon im Interesse der Kinder, die in diesen Teil einer ausschließenden und diskriminierenden Gesellschaft erst hineinwachsen müssen und sicher jemanden fragen wollen, wie so etwas damals möglich war.

Hoffentlich regnet es nicht.

Robert Boder beschäftigt sich hauptsächlich mit betrieblichen und gesellschaftlichen Gleichstellungsfragen.

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