Da kann sich Österreich nicht lumpen lassen – wenn in Deutschland Aktionismus bei den Treibstoffpreisen angesagt ist, muss Wirtschaftsminister Mitterlehner sofort folgen. Die Voraussetzungen sind bei uns zwar ganz anders als beim deutschen Nachbarn, aber wen kratzt das schon.
Wir haben bereits eine tägliche Preisdatenbank, wir haben eine Regelung, wodurch nur einmal pro Tag darf der Preis angehoben werden darf, all das fehlt – noch – in Deutschland. Nun soll ein Preiskorridor rund um Reisewellen die Autofahrer beruhigen, so der Plan von Mitterlehner. Wie dies funktionieren soll weiß noch niemand, angeblich soll 14 Tage vor einem Reisewochenende ein Durchschnittspreis ermittelt werden, der dann 5 Tage vor dem Wochenende nicht mehr erhöht werden kann. Eine Schnapsidee, die mit einem freien Markt nicht zu tun hat.
Und warum das Ganze? Weil nach Ministeransicht vor den Osterfeiertagen die Rotterdamer Preisnotierungen zurückgingen, die Preise in Österreich aber gestiegen seien. Woher der Minister seine Weisheit bezog ist unbekannt, von der Bundeswettbewerbsbehörde, die den heimischen Treibstoffmarkt ständig beobachtet, kann er sie nicht haben, denn diese leistet sich kein Abonnement der nicht frei zugänglichen Platts-Notierungen, das sei zu teuer. Das deutsche Fachblatt EID publiziert für die Osterwoche im Vergleich zur Vorwoche gestiegene Notierungen bei Benzin und Diesel.
Wie unsinnig die ministeriellen Behauptungen sind zeigt ein Blick in die EU-Statistik. Wenn es in Österreich überhöhte Treibstoffpreise im Alleingang gäbe, müssten die Nettopreise (die Mineralölsteuer ist immer gleich) gestiegen sein. Der Abstand zu den Nachbarn blieb aber gleich. Österreich ist bei Diesel, was die Nettopreise betrifft, Schlusslicht in der EU – die deutschen Kollegen haben eine um 5 bis 6 Cent höhere Spanne. Was Mitterlehner wöchentlich als Erfolgsmeldung stolz verkündet. Dabei könnte man die Zahlen durchaus hinterfragen. Jeden Montag, knapp vor Mittag, melden Großkonzerne und ein Diskonter ihre Preise, auf dieser Basis wird dann Meldung nach Brüssel gemacht. Würde man die Preise um 14 Uhr hernehmen sähe die Statistik ganz anders aus. Das sind eben die „Vorteile“, wenn man in die Preisbildung eingreift.
Bei dieser Gelegenheit können auch gleich die vom Minister als positiv angeführten Beispiele einer Preisregelung in Luxemburg und Slowenien als das entlarvt werden was sie sind – eine teurere Lösung. Die Nettopreise sind in Luxemburg um 6 Cent bei Benzin und 2 Cent bei Diesel höher. Das würden sich die heimischen Tankstellenbetreiber nur wünschen, eine so schöne Verdienstspanne. Leider wären dann aber auch die Tankstellenpreise dementsprechend höher. Wie sagte Minister Mitterlehner so schön: „Wir brauchen Fairness am Markt!“
Von einem Wirtschaftsminister sollte man mehr wirtschaftliches Verständnis erwarten können (sein Kollege Berlakovich zeigt schon, wie man die Realität negieren kann). Als Verfechter einer freien Marktwirtschaft, was Mitterlehner bisher immer betonte, könnte man sagen, am Markt werden jene Preise verlangt, die dieser hergibt. Und wenn es erhöhte Nachfrage – wie etwa vor den Feiertagen – gibt, dann ist das Produkt eben etwas teurer. In der Hochsaison sind in Österreich auch die Zimmerpreise in Hotels höher. Aber das findet ja derzeit sowieso nicht statt. Die Tankstellenbetreiber verdienen kaum etwas, weshalb immer mehr Konzerne (Esso, MOL) unser Land verlassen. In dem Bereich ist somit nichts zu holen.
Also sind es die Raffinerien, die sich eine goldene Nase an der heimischen Autofahrerschaft verdienen. Weit gefehlt. Europas Raffinerien sind in der Krise, immer mehr müssen zugesperrt werden, weil zu wenig verdient wird. Also ist auch hier wenig zu holen.
Bleiben nur mehr die Ölproduzenten übrig. Ja, die verdienen sich derzeit eine goldene Nase. Wobei 85 Prozent der weltweiten Ölförderung in den Händen der Förderländer sind, nur 15 Prozent fließen in die Taschen der großen Konzerne, wie Shell, BP oder Exxon. Also müsste Minister Mitterlehner hier zuschlagen. Es dürfte allerdings schwierig sein Saudi-Arabien, Russland oder die Konzerne zur Kasse zu bitten, die haben für die Wünsche von Mitterlehner & Co nicht einmal ein müdes Lächeln übrig.
Vielleicht noch ein paar Dinge die aufklärungswürdig sind. Die deutsche Polit-Aussage, dass die österreichische Regelung, wonach nur einmal – um 12 h mittags – die Preise erhöht werden dürfen, zu höheren Preisen geführt habe ist falsch; die Verdienstspanne im Vergleich zu Deutschland ist geringer geworden.
Der nun wieder ins politische Spiel gebrachte Wunsch einer Anhebung der Pendlerpauschale ist eine Drohung, die nicht wahr gemacht werden sollte. Als Mitte 2008 der Rohölpreis bei 150 Dollar lag (derzeit rund 120 Dollar) wurde die Pendlerpauschale befristet bis Ende 2009 erhöht. Diese Erhöhung wurde nicht mehr rückgängig gemacht, sondern es erfolgte eine weitere Erhöhung 2011. In Summe bedeutet das bereits einen Steuerausfall von rund 400 Millionen Euro. Und nun schon wieder?
Der Ölpreis ist weit geringer, nur die Mineralölsteuer wurde erhöht. Auch ordnungspolitisch ist die Pendlerpauschale ein Unsinn, die Besserverdienenden werden damit bevorzugt. Und der Verkehr sollte eingedämmt, nicht gefördert werden. Daher sprechen Experten bereits davon, dass eine Pendlersteuer eingeführt werden sollte. Die deutsche Kanzlerin hat den Erhöhungswunsch bereits abgeschmettert.
In Österreich bin ich mir da nicht so sicher.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.