Lueger und die heutigen Sozialisten

„Die Presse“ vom 22. April 2012 illustriert in einem Artikel mit dem Titel „Wiens Problem mit Karl Lueger“ ausgiebig die penetrante Einseitigkeit, groteske Undankbarkeit und fragwürdige Gesinnung der gegenwärtigen Nomenklatur und ihrer journalistischen Dienstboten im Umgang mit der Geschichte. Selbstverständlich hat nicht „Wien“ ein Problem mit dem ehrenden Gedenken an seinen größten Bürgermeister, sondern das derzeit herrschende sozialistische Regime hat ein Problem.

Und dieses hat ja nicht nur ein Problem mit Bürgermeister Lueger, sondern auch mit Unterrichtsminister Drimmel, mit Bundeskanzler Figl, mit Bundeskanzler Dollfuß, mit den Habsburgern, mit der Kirche, praktisch mit allen politischen Persönlichkeiten und Institutionen, die für die Größe einer nichtsozialistischen Vergangenheit stehen und für die Plausibilität eines nichtsozialistischen Gesellschaftsentwurfes. Daher rühren auch die unter jeglichem pseudomoralischen Vorwand betriebenen Versuche historischen Rufmordes an den ungeliebten Vorfahren und die ständige Herabwürdigung ihrer bedeutenden Leistungen und ihres ruhmvollen Erbes.

Der gegenwärtige Zustand einer in politischer Unfähigkeit, Korruption und Niedertracht versinkenden Republik macht zugleich auch sehr deutlich, warum dieser seit Jahrzehnten von der Linken betriebene Vergangenheitshass nicht nachlässt und immer umfassendere und totalitärere Züge gewinnt. Von der veröffentlichten Meinung bis in den Schulunterricht, von Luegerring und Luegerdenkmal bis in die Akademie der Bildenden Künste, vom Friedhof und vom Kriegerdenkmal bis zur Inschrift auf dem Linzer Domportal — man verträgt in linken Kreisen den Vergleich mit der Vergangenheit nicht, denn die Leistungen und Hervorbringungen einer sozialistischen Gegenwart sind so jämmerlich, dass man dazu übergeht, die Maßstäbe und Vorbilder zuzukleistern, wegzureißen, einzuschmelzen, die eine allzu unbequeme Beurteilung des Heute und Jetzt ermöglichten.

Und so wird Lueger auf seine antisemitische Wahlkampfrhetorik reduziert, selbstverständlich ohne sich die Frage zu stellen, ob unfaire Formulierungen nicht auch berechtigte Kritik enthalten haben und Auswüchse legitimer politischer Selbstbehauptung gewesen sind. Was etwa Karl Kraus so gesehen haben dürfte – gewiss einer der scharfsichtigsten Intellektuellen des Jüdischen Österreichs – der in nüchterner Würdigung der völlig außerordentlichen Leistungen Luegers sein entschiedener Anhänger gewesen ist. (Kraus hat übrigens auch Luegers abfällige Meinung über den Journalismus geteilt).

Für eine mit Finanzkrise, Geldentwertung und allgemeinem Niedergang als Früchte ihres Tuns konfrontierten politischen Funktionärskaste ist es im Jahr 2012 besonders wichtig, Straßen umzubenennen und die Demontage eines der prominentesten und künstlerisch wertvollsten Denkmäler Wiens zu „fordern“; ungeachtet der Tatsache, dass der Staatsmann, dem es gewidmet ist, bis heute den Dank der Bevölkerung der Stadt verdient und dass er seiner bis heute segensreich nachwirkenden Leistungen wegen dieses Denkmal errichtet bekommen hat und nicht, weil von ihm seinerzeit „antisemitisch“ agitiert wurde. Ein Antisemitismus, den Lueger überdies, als er dann zu den Schalthebeln der Macht gekommen war, ad acta zu legen wusste, was er damals auch klar kommunizierte, etwa gegenüber dem kritisch nachfragenden Kaiser Franz-Joseph.

Es ist erfreulich, dass der derzeitige ÖVP-Landesparteichef Juraczka scharf gegen die Umbenennung des Luegerrings Stellung genommen hat. Es ist bezeichnend, dass man vom Ex-VP-Obmann Busek, der einst (als er auch noch eine ganz andere Politik vertreten hat) eine große Luegerbüste in seinem Büro im Rathaus stehen hatte, nunmehr keine Worte zur Verteidigung Luegers vernimmt. Und es ist ausgesprochen mutig von Andreas Unterberger, zu jenen infamen Akten progressistischen Denkmalsturms klare Worte zu publizieren; Österreich verfügt erfreulicherweise noch über Persönlichkeiten mit Mut zu aufrechtem Gang.

Albert Pethö, Dr. phil, Jahrgang 1956, ist Historiker und Buchautor sowie Herausgeber der Zeitschrift ‚Die Weiße Rose’ (http://www.die-weisse-rose.at). Er ist Mitglied der K. A. V. Bajuvaria, der K.Ö.L. Ferdinandea und des Corps Ottonen.

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