Es ist schon erstaunlich in welchem Ausmaß Umweltminister Berlakovich mit falschen Aussagen an die Öffentlichkeit tritt. Zu Jahresanfang ließ er sich nicht davon abbringen zu behaupten, dass wir 600 Millionen Euro aufwenden müssen um die Kioto-Lücke zu füllen, vor wenigen Tagen hat er vom Baum der Erkenntnis genascht und spricht nun von 160 Millionen. Beide Zahlen sind falsch.
Der Minister ist eben beratungsresistent und lehnt es ab mit seinen Experten zu sprechen. Die würden ihm nämlich sagen was Fakt ist:
Österreich hat bereits 45 Millionen Tonnen an CO2-Zertifikaten eingekauft, zu einem Preis von unter neun Euro pro Tonne, im Budget sind dafür 530 Millionen Euro vorgesehen. Unter dem Strich werden wir dafür aber nur 400 Millionen zu bezahlen haben. De facto ausgegeben haben wir bisher rund 250 Millionen, da bei den bisher abgeschlossenen Klimaprojekten erst bezahlt wird, wenn die internationalen Kontrolleure ein Projekt geprüft und grünes Licht gegeben haben. In Summe sind somit noch 130 Millionen übrig im bereits genehmigten Topf.
Von zusätzlichen 160 Millionen kann daher ebenso wenig die Rede sein wie von der falschen Berlakovich-Aussage, dass für die noch zu bedeckende Lücke von 32 Millionen Tonnen bereits Zertifikate billig eingekauft wurden. Dafür hätte nämlich der rechtliche Rahmen gefehlt – der geplante Kauf wurde erst jüngst im Budgetbegleitgesetz genehmigt.
Zuständig für die Käufe ist die Kommunal Public Consulting (KPC), die auch für die bisherigen Einkäufe verantwortlich war. Sie wird in den nächsten Monaten – wahrscheinlich bis ins Jahr 2013 – entsprechende Klimaprojekte prüfen und dann kaufen. Nach den politischen Wünschen sollen es Green Investment Schemes Projekte (GIS) sein, das sind Umweltprojekte vor allem in Osteuropa. Es handelt sich dabei um bilaterale Vereinbarungen auf die auch der Geldgeber Einfluss hat und bei denen auch österreichische Firmen zum Zug kommen können.
Der Markt für GIS-Projekte hat sich erst in den letzen zwei bis drei Jahren entwickelt. Da die KPC aber auch auf einen gewissen Mix achten muss, werden es nicht – so wie der Minister behauptet hat – ausschließlich GIS-Projekte sein, die man abschließen wird. Bei den Käufen für das bereits vorhandene 45 Millionen Tonnen-Paket betrug der Anteil der GIS-Projekte nur 20 Prozent, der Rest waren vor allem Umweltprojekte in Entwicklungsländern.
Österreich kann somit sein Klimaversagen mit relativ geringen Summen lösen. Die Preise für CO2-Zertifikate haben eine in diesem Ausmaß nicht erwartete Talfahrt angetreten. Waren die Preise für die bereits gekauften Projekte mit den oben genannten neun Euro schon recht günstig, so ist der Markt nun mehr oder weniger völlig zusammengebrochen. Zertifikate in Entwicklungsländern (werden unter anderem von Industriekonzernen gekauft, die sich nicht auf dem GIS-Markt eindecken dürfen) kosten derzeit etwa sieben bis acht Euro, für GIS-Vorhaben (die nur von Staaten zur Erfüllung ihrer Klimaziele gekauft werden dürfen) muss man nur mehr sechs Euro und weniger zahlen. Experten gehen davon aus, dass sich daran in nächster Zeit nichts ändern wird.
Unter dem Strich wird Österreich somit kaum mehr Geld aufwenden müssen als bereits budgetiert war. Der Mehraufwand sollte im Bereich von etwa 30 Millionen Euro liegen. Jahrelang war von „Milliarden-Strafzahlungen“ zu hören und zu lesen. Die Wahrheit sieht anders aus, auch wenn der Umweltminister nach wie vor seine eigenen „Wahrheiten“ kolportiert!
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.