Der Tragödie x-ter Teil

Habe nun, ach! Internationale Entwicklung
durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor,
und bin so klug als wie zuvor!

Heiße Bachelor gar,
und ziehe schon an die zehn Jahr,
herauf, herab und que(e)r und krumm,
meine Steuerzahler an der Nase herum –
und sehe, dass wir uns zwar eh brav irgendwie geistig betätigen,
aber dabei keine vermarktbaren Fähigkeiten erwerben!
Das will mir schier das Herz verbrennen.

Zwar bin ich im interdisziplinären Diskurs geschulter als alle die Juristen,
WU-Schnösel, Mediziner, Naturwissenschaftler und Techniker;
mich plagen keine Zugangsbeschränkungen,
fürchte mich weder vor Knock-out-Tests noch Staatsprüfungen –
dafür ist mir auch alle Chance am Arbeitsmarkt entrissen.

Bilde mir zwar fix ein, was Rechts zu wissen,
bilde mir unumstößlich ein, ich könnte was lehren,
die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Doch habe ich künftig keinen Bachelor-Lehrgang mehr,
in den ich mich geflüchtet habe, weil ich bei Publizistik nicht rein gekommen bin.

Es möchte kein weltfremder Postpubertierender so länger leben!
Drum hab ich mich der Gewalt ergeben,
ob mir durch AudiMax-Besetzungs Kraft und Erstürmung des Rektoren-Büros
nicht manch Aufmerksamkeit würde kund.

Dass ich nicht mehr, mit saurem Schweiß,
das alte AKH zu verschandeln brauch, wovon skandalöserweise niemand Notiz nimmt;
dass die Welt erkenne, dass ich das unveräußerliche Menschenrecht
auf von der Allgemeinheit finanzierte intellektuelle Turnübungen habe,
bringe den regulären Unibetrieb zum Erlahmen,
und tu nicht mehr in Worten kramen.

Kurz zur Erklärung: Seit 2002 bietet die Uni Wien das Studium „Internationale Entwicklung“ an, im Wesentlichen eine Kombination aus Geschichte, Geographie, Jus und Ökonomie mit Vertiefungsmöglichkeiten in Sozial- und Naturwissenschaften. Eine Kollegin von mir hat das mal studiert aber ziemlich bald gewechselt, weil man den mittlerweile circa 2000 Studenten von Anfang an klar macht, dass nur drei Prozent von ihnen realistische Jobchancen in dem Bereich haben.

Am Donnerstag haben diese Studenten dann zuerst das Rektorat und dann das Audimax besetzt, wurden aber an beiden Orten sehr bald von der Polizei wieder vertrieben.

Zur Ehrenrettung der Studenten-Zunft darf ich vermelden, dass sich die Solidarität für die Chaoten von der Internationalen Entwicklung in Grenzen zu halten scheint. In den entsprechenden Internetforen werden sie gnadenlos von ihren angezipften Kommilitonen niedergebügelt, die diesen Weltverbesserungsdemozirkus ihrer angeblichen und informellen „Interessensvertretung“ gründlich satt haben.

Elisabeth Hennefeld ist ein liberal-konservativer Geist an der Universität Wien (unter Artenschutz).

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